Das große Prickeln

Schaumwein aus dem Schwarzwald: Max Wagner hat in St. Blasien die höchstgelegene Sektkellerei gegründet

Text: Pascal Cames · Fotos: Dimitri Dell

Der Hochschwarzwald ist immer für eine Überraschung gut. Deutschlands höchstgelegene Sektkellerei, gegründet 2020, befindet sich in St. Blasien auf 777 Meter Höhe. Besitzer ist Maximilian „Max“ Wagner, 38, ein schlanker junger Mann, dem man es anhört, dass er von auswärts stammt. Er spricht geschliffenes Hochdeutsch. „Ich komme ja von der anderen Seite des Tresens“, meint er etwas im Scherz und schenkt ein Glas Sekt ein. „Riechen Sie die Brioche-Aromen?“

Die Sektkellerei Heinz Wagner hat viele Wurzeln. Eine geht bis ins Wilhelminische Kaiserreich, die andere reicht geografisch in die Pfalz nach Kallstadt. St. Blasien und sein Dom (der höchstgelegene Dom Deutschlands) waren vor mehr als 100 Jahren beliebt für die Sommerfrische. Etliche prächtige Häuser im Schweizer Chalet-Stil zeugen davon. Man lag abgeschieden, aber doch nicht zu sehr (Zürich, Basel, Freiburg), und zum nächsten Bahnhof in Schluchsee war’s und ist’s auch nicht weit. Außerdem war die Luft gut, rein und frisch und ist sie noch immer. Die Tannen! Der Schluchsee! Hier hatte ein gewisser Großadmiral Alfred von Tirpitz (1849–1930) eine Villa und plante eine irre Seestreitmacht. Bezahlen sollten aber andere, in diesem Fall alle, die gerne Sekt trinken. Die Sektsteuer wurde erfunden. Die Schiffe wurden versenkt, aber die Sektsteuer schwimmt bis heute obenauf. Übrigens: Unser Autor hatte Max Wagner schonmal besucht, als er ein Wochenende am Schluchsee verbrachte. 

Die Liebe zum Schaumwein ist den Deutschen nicht auszutreiben, wie das Beispiel Maximilian Wagner zeigt. In Kallstadt (Pfalz) gehörte die Familie Heinz (tatsächlich verwandt mit Heinz Ketchup USA) zu den Machern des Weinbaus. Die Familie gehörte zu den Gründern der Kallstadter Winzergenossenschaft, die Letzte in der Linie war Max’ Oma Hedwig. Ihr zu Ehren heißt das Unternehmen auch Heinz Wagner. Bei Max Wagner verbinden sich Tradition mit Unruhe. Der junge Unternehmer hat davor schon allerhand gemacht, anfangs Gin und zuletzt als Mitbegründer von Belsazar Wermut. Den passenden Wein für die kräutrige Spirituose fand er beim Weingut Zähringer im Markgräflerland. 2015 war es an der Zeit für etwas Neues. „Ich würde gerne Sekt machen“, lautete die Ansage. Nur wo?

Wo die Liebe hinfällt. Max Wagners Frau stammt aus St. Blasien. In einer ehemaligen Getränkehandlung fand er den richtigen Ort für seine Kellerei. Den Winzer für die Grundweine hatte er schon, einen weiteren fand er in Gottenheim und Schliengen. Auch von Kilian Hunn und dem Weingut Greiner bezieht er Chardonnay und Pinot noir, der zu Rosé versektet wird. Dass er Sekt richtig machen will, war klar. Damit kam nur die französische Méthode traditionnelle infrage, also die Flaschengärung. Was fehlt? Die richtigen Fässer, die er von der Koryphäe Aßmann in Franken bezieht. Zudem geht nichts ohne Zeit. 12 beziehungsweise 60 Monate liegen die Schaumweine auf der Hefe. 

Die Erfolgsgeschichte geht aber noch weiter. Als erfahrener Unternehmer weiß Max Wagner, dass man eine Menge mehr tun muss, um ein gutes Produkt zu verkaufen. Sogar dann, wenn es sehr gut ist. Zum Beispiel in eine superbe Einrichtung investieren. Seine Sektkellerei mit Showroom könnte genauso gut ein stylischer Szene-Club in München oder New York sein. Die Decke besteht aus robusten grauen Betonwaben, aber sonst sieht das Auge ein kräftiges Rot und Schwarz. Eine Art Insel wurde mittig in den Raum installiert, links davon steht ein gigantisches Sofa (so was kennt man höchstens vom Gottschalk) und hinter Glas kann man schon in die Kellerei runterschauen, zu den Fässern und Maschinen. 

„Don’t forget to disco“, hat sich Max Wagner als Motto gewählt. Das meint er vielleicht ein bisschen hedonistisch, eventuell ironisch, aber sicher auch als Ode an die (Lebens-)Freude, die er auch immer wieder gerne zitiert. Sein Botschaft: Freut Euch des Lebens! Am besten mit Sekt aus dem Hochschwarzwald.

#heimat Schwarzwald Ausgabe 41 (6/2023)

Draußen herrscht Schmuddelwetter, drinnen herbstliche Gemütlichkeit. Was da nicht fehlen darf? Der richtige Lesestoff! Das sechste #heimat-Magazin des Jahres kommt also wie gerufen! In der letzten Ausgabe für 2023 liefern wir Euch jede Menge Wohlfühl-Themen, darunter die schönsten Weihnachtsmärkte, leckere Glühwein- und Plätzchenrezepte, Schwarzwald-Curling, Weihnachtsbäume mit flauschiger Überraschung und vieles mehr. Außerdem haben wir wieder mit interessanten Schwarzwälder Charakteren gesprochen, darunter auch ein waschechter Promi: Fritz Keller! Reinlesen lohnt sich!

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