Warum hat denn die Sau so ein saumäßiges Image? „Es hängt vermutlich damit zusammen, dass die meisten Menschen sie nicht wirklich kennen“, meint Tom. „Sie kennen Bilder von verdreckten Schweinen, die frisch aus der Suhle kommen und voll mit Matsch sind. Dabei sind die Tiere sehr reinlich. Der Matsch hilft gegen Parasiten.“ Auch das borstige Kleid und der etwas finstere Gesichtsausdruck der Wildschweine seien für manche Menschen abstoßend. „Dazu kommt, dass die Tiere meist nachtaktiv sind und urplötzlich in Gärten oder vor dem Auto auftauchen können. Das alles trägt nicht gerade zu ihrer Beliebtheit bei“, fasst der Wirt zusammen. Von Golfplätzen oder Parks, die nach dem nächtlichen Besuch einer Rotte aussehen wie ein Truppenübungsplatz nach Großalarm, mal gar nicht zu reden.
„Mensch und Sau haben halt gegensätzliche Vorstellungen von einem schönen Umfeld“, grinst Tom. „So gesehen passen sie nicht zusammen.“ Doch – die passen prima zusammen: Zum Beispiel in Form von Wildschweinfilet im Kartoffelmantel, das gerade in unseren Mägen verschwindet. Patrice hat noch etwas Kürbis, Preiselbeerchutney und Birnenspalten dazugegeben. „Dazu habe ich einen kleinen Trüffel aus Edelbitterschokolade und Rosmarin-Ganache gemacht“, lächelt Patrice. „Man kann aber auch fertige Trüffel kaufen, aber die müssen sehr gut und mit viel Bitterschokolade sein. Das unterstreicht den Geschmack vom Filet noch.“ Ob es auch Desserts mit Wildschwein gibt? Nee, besser nicht fragen. Tom und Patrice fällt da garantiert noch was ein. Und dann können wir ins Tal runterrollen, ganz ohne Auto …
„Für alle, die ein bisschen mehr über die Wildschweine erfahren wollen, bieten wir Jäger auch Pirschgänge für Laien an“, holt Tom uns aus den Wildschweinträumen. „Das ist ein ganz wichtiger Bestandteil. Die Leute sollen sehen, wie aufwändig die Jagd sein kann und wie Wildschweine leben. Dadurch bekommen sie einen ganz anderen Zugang zu diesem Thema.“ Es gehe – so findet er – um Wertschätzung: Für die Jäger, die Jagd und das Schwarzwild. „Die Jagd ist etwas sehr Verantwortungsvolles und wir müssen uns nicht verstecken“, resümiert er.
Finanziell rechne sich das nicht. „Bis ich ein Wildschwein erlegt habe, kann es dauern. Die Stunden, die ich damit verbringe – ach du lieber Himmel!“ Er macht eine abwehrende Handbewegung: „Die kann ich nicht gar nicht zählen: Ansitzen mehrere Nächte hintereinander, dann das Erlegen und Zerwirken. Da kommt ganz schön was zusammen.“ Für ihn zählt am Ende nur eines: „Dass ich ein richtig gutes Stück Fleisch auf dem Teller habe, bei dem ich auch ganz genau weiß, wo es herkommt.“
Und das Schwarzwild brauche sich kulinarisch nicht zu verstecken. „Die Netzwerkpartner bieten deshalb auch Kurse an und geben Infos. Zum Beispiel, wie man eine Wildschweinkeule richtig zubereitet, das Fleisch räuchert. Oder wie man mit Wildschweinfleisch richtig gut grillen kann.“
Moment mal – grillen? Das ist doch eher ein Sommerding. Und Wildschwein definitiv etwas für Herbst und Winter. „Auch so eine Geschichte“, grinst Tom. „Wildschweine sind, von bestimmten Schonzeiten abgesehen, das ganze Jahr über jagdbar. Und außerdem gibt’s ja noch die gute, alte Tiefkühltruhe!“