So, Ihr Lieben, an dieser Stelle und in diesen Zeiten, in denen Identitätssuche ein so großes Thema ist, möchte ich mal ein Geständnis wagen: Ich bin ein Mischling. Halb Badener, halb Schwabe. Der Sohn eines Vaters, der einst bei jeder Rückkehr aus dem Familienurlaub an der Grenze mit der Hand auf der Brust lauthals das Badnerlied an die Windschutzscheibe brüllte. Und der Sohn einer Mutter, die meine Kinderunterhemden von damals noch heute als Putzlappen benutzt. Ich bin inzwischen 43 Jahre alt – das mal nur nebenbei erwähnt …
Wie zerrissen ich mich durch diesen Umstand schon als Kind fühlte, macht eine Geschichte deutlich, die meine Eltern immer noch gern am Kaffeetisch zum Besten geben: Als sich bei meiner Einschulung die Gastarbeiterkinder (die nannte man damals so) für ihren nachmittäglichen Sprachunterricht anmelden sollten, bin ich ebenso aufgestanden und zum Pult. „Aber Stephan, du bist doch gar kein Ausländer“, befand die Lehrerin. „Wieso, ich bin doch halber Schwabe?“, soll ich erwidert haben.
Gelbfüßler vs. Schwobeseckel
Mittlerweile habe ich meine Identität nicht nur verinnerlicht, ich nehme mir einfach das beste aus beiden Welten heraus. Mir doch egal, ob die Teigbollen da auf dem Teller Spätzle oder Knöpfle heißen, Schupfnudle oder Bubespitzle. Mit Soß’ schmeckt beides. Und ja: Viele dieser oft beschworenen Stereotypen gibt es wirklich. Auch so eine Aussage darf ich mir herausnehmen. Fakt ist, dass es bei den Badenern (der Schwabe sagt ja unfreundlicherweise Badenser oder Gelbfüßler) selbst auf Beerdigungen manchmal lustiger zugeht als auf einer durchgetakteten schwäbischen Fasnachtsveranstaltung. Dafür schwenken die Badener mitunter ihre gelb-rot-gelben Fahnen und grölen ihre Lieder. Und sicherlich gibt es Schwaben (der Badener schimpft sie Schwobeseckel), die wären nicht unglücklich, wenn diese Lebemänner ihr sauer erspartes Geld nicht mehr mit vollen Händen zum Fenster rausschmeißen würden. In jedem Fall schütteln sie über die badischen Patrioten den Kopf – und widmen sich lieber ihrer Kehrwoch’. Oder ihrem Benz. Gebruddelt wird dann wieder auf beiden Seiten. Witze über den jeweils anderen gibt es auch. Die darf man sich gegenseitig erzählen. Man kann sie beim nächsten Mal ja einfach wieder umdrehen.
Grenzenlose Heimat
Bei aller Rivalität: Es gibt auch Gemeinsames. Gerade hier bei uns in der Region. Denn ob so oder so – hier sind wir alle Schwarzwälder. Und vielleicht liegt uns unsere Heimat ja auch deshalb so am Herzen, weil wir uns auf beiden Seiten sauwohl fühlen. Die alten Grenzen sind eh nur noch auf wenigen alten Steinen sichtbar, in den Köpfen von uns Menschen sind sie längst verschwunden. Wenn man das in diesen Zeiten von sich behaupten kann, ist doch schon mal eine ganze Menge geschafft …
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