Wie in Südfrankreich: Kaiserstuhl-Lavendel

Beate Klingenmeier verwandelt die Landschaft rund um Bischoffingen in ein Stück Südfrankreich – dank Lavendel. 

Text: Pascal Cames · Fotos: Michael Bode

Ist der Kaiserstuhl die badische Toskana?  Aber warum immer an Italien denken? Auch die Provence könnte passen, erst recht in und um Bischoffingen. Das im westlichen Kaiserstuhl gelegene Weindorf ist Kaiserstuhl pur. Hier gibt es feine Adressen fürs Kulinarische, rustikale Wirtschaften, Star-Winzer und Obstbauern. Neuerdings wächst hier auch Lavendel. Das ist noch untypisch, aber typisch ist, dass sich die Kaiserstühler etwas einfallen lassen. Ob sie nun Eis machen, Cafés eröffnen – oder eben Lavendel anpflanzen. Der gesuchte Lavendelhof ist gar nicht zu übersehen bzw. zu überriechen. Einfach auf der Dorfstraße der Nase nach und dort anhalten, wo die Luft besonders dick ist. Jetzt die Augen schließen. La Provence?

Lavendelfelder im Kaiserstuhl

„Ich riech‘s schon gar nicht mehr“, sagt Beate Klingenmeier, die seit 2021 in Lavendel macht und den Duft tagtäglich in der Nase hat. Eigentlich ist sie Winzerin. Sie und ihr Mann Wolf haben Reben in Bischoffingen und in Burkheim, wo sie auch ihre Trauben an die Winzergenossenschaften liefern. In ihrem schmucken Winzerhof stehen Weintrotte, Gießkannen, Blumentöpfe und Kisten mit Lavendelblüten. Sie hat ein Talent, es hübsch zu machen. Die Liebe zum Detail und zur Pflanze an sich, sind nicht zu übersehen. 

Aktuell ist weniger der Rebensaft das Thema, sondern die starkduftendeb Lippenblütler. „Du hast die Pflanze getauscht“, zitiert Beate ihren Sohn. „Aber das stimmt doch nicht“, sagt sie, die vormals für das Weingut Dr. Heger tätig war und auch das Frauenweinnetzwerk Vinissima mitgegründet hat. 

„Das Thema ist mir zugeflogen“, sagt sie. „Ich habe mich dafür interessiert.“ Die Geschichte fängt am Originalschauplatz an. Aber die Provence ist ganz anders als der Kaiserstuhl, stellt sie klar. Als Winzerin hat sie einen Blick fürs Terroir. Dort regnet es mehr (!) und die Böden sind steiniger und karger als in Südbaden. „Der Kaiserstuhl liegt im Regenschatten der Vogesen“, erklärt sie. „Die Böden sind Vulkangestein und Löss.“ Auch wenn das Terroir anders als in der Provence ist, dem Lavendel macht’s nichts aus, wie an den blühenden Feldern zu sehen ist.  

Zweierlei Lavendel für Öle und Duft

2021 haben Beate und Wolf auf mehreren Feldern Lavendel angepflanzt und hatten Glück, denn Sonne und Regen kamen zur rechten Zeit. Alles wächst und gedeiht. Bewässern müssen sie nicht. Beate schätzt, dass die Lavendel 80 Zentimeter und tiefer in der Erde wurzeln. Jetzt haben sie schon die erste Ernte. Was zählt, sind die ätherischen Öle. „Das ist das Herzstück“, sagt sie. Strenggenommen haben sie nicht Lavendel, sondern den echten Lavendel und Lavandin auf ihren Feldern. Lavendin alias Provence-Lavendel ist eine Hybridpflanze. „Der echte Lavendel hat einen feineren Duft“, weiß Beate. Lavandin gibt dafür einen größeren Ertrag an ätherischen Ölen.

Wie es sich für eine Netzwerkerin gehört, hat sie auch für dieses Projekt ihre Leute am Start. Eine Bekannte mit Backstube backt für sie Lavendelkekse, eine andere siedet ihr die Lavendelseifen, dann gibt es Duftsäckchen, getrocknete Lavendelsträuße, aromatisiertes Salz, aromatisierten Zucker dazu Duftkerzen, Duftlampen und andere Tongefässe von einer befreundeten Töpferin sowie Sirup fürs Sprudelwasser oder einen Wein mit Eiswürfeln. Lavendel hat aber auch Heilwirkungen. „Ich bin froh, dass der Lavendel zu mir gekommen ist, seitdem schlafe ich besser“, sagt Beate. 

140 Kilo Blüten für 1 Kilo Öl

Wer die eigenwillige Geschmacks- und Duftnote nicht mag, wird den Hof wie der Teufel das Weihwasser meiden. Aber wer sie liebt, wird immer wieder kommen. Was so paradiesisch duftet, schmeckt aber nach viel Arbeit. 

Einer von Beates Arbeitsplätzen liegt vor Bischoffingen. Im Blickfeld liegen die Weinlage Enselsberg, die berühmten Weingüter Abril und Johner sowie die Kirche. Dahinter zeigen sich weitere Weinberge. Neben dem Lavendelfeld reihen sich Reben, es hat Sonnenblumen und krüpplige Mirabellenbäume, denn auf dem Hof wird auch noch destilliert. „23 Reihen Lavendel sind es von hier bis da“, erklärt Beate. Das weiß sie nur allzu gut, denn sie war dabei, als Busch für Busch die Reihen bepflanzt wurden. Jetzt kommt sie ins Schwärmen und erzählt von den Hobbyfotografen, die im Frühling nicht nur die Felder wegen dem Lavendel fotografieren, sondern auch Schmetterlinge wie Admiral, Gelbschwänzchen und Blauer Fuchs dazu Hummeln und Wildbienen.

Die Ernte ist eine Sache für sich. Die findet händisch mit der Sichel statt. Als handgeschmiedet wird das alte, aber praktische Werkzeug erklärt, das wohl aus dem 19. Jahrhundert zu stammen scheint. „Einfach aus dem Handgelenk“, sagt sie und macht die lockere Bewegung vor. Die Haltung – Oberkörper nach vorne – lässt darauf schließen, dass es wohl nicht ganz schmerzfrei abläuft, wenn man das hundertmal am Tag machen muss, um ein anständiges Ergebnis zu erzielen. 140 Kilo Lavendelblüten, also 35 gut gefüllte Erntekisten ergeben ein Kilo ätherische Öle. Das Herzstück!

Allerdings blühen die Pflanzen nicht gleichzeitig. So müssen Beate und ihre Helfer oft aufs Feld. Das erklärt dann auch die Preise. Mittlerweile sind Beate und Wolf mit ihren Lavendelfeldern in der Umstellungsphase zum Biobetrieb. Das bedeutet, dass zur Ernte von Hand auch noch die mechanische Säuberung der Reihen – wieder von Hand –  kommt. Das Unkraut muss raus, aber natürlich, ohne Herbizide. Langweilig wird’s also nicht, wenn man sich für etwas interessiert …

Beates Lavendelshop

Dorfstraße 8, Vogtsburg-Bischoffingen
Tel. 07662-935775
Mehr Infos findet ihr hier!

#heimat Schwarzwald Ausgabe 45 (4/2024)

Der Sommer im Schwarzwald ist immer ein Erlebnis! Wie gerade Radfahrer die Region optimal genießen, zeigen wir euch in dieser #heimat Ausgabe in unserem Rad-Special auf 15 Seiten. Apropos Sattel: Schon einmal daran gedacht, die #heimat auf dem Pferderücken zu bereisen? Wir haben Wanderreiter begleitet, haben mit Goldsuchern geschürft und mit einem Zwetschgen-Experten aus Bühl Kuchen gebacken. Wem das noch nicht genug Summer-Vibe ist, den nehmen wir mit auf Lavendelfelder und zum Vespern im Freien…

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

Tradition, Handwerk & Geschmack vereint

Stefan Böckeler: Der Meister der Bühler Zwetschgen

Sobald die ersten Zwetschgen reif sind, ist Kuchenzeit! Konditor Stefan Böckeler aus Bühl verrät seine besten Tipps...
Stephan Fuhrer

Zeigt her Eure Füße

Unser Kolumnist möchte mal die Hosen runterlassen, wie man so schön sagt. Was das mit unserer Region zu tun hat? Eine ganze Menge
Ganz schön pfiffig!

Die besten Ideen für die Pfifferlingssaison

Pfifferlinge müssen in die Sauce? Nicht unbedingt! Wir haben frische Ideen für eine hoffentlich glorreiche Pilzsaison
Erde gut, alles gut

So schmeckt's im Le Table du 5 im Elsass

In Barr an der elsässischen Weinstraße feiert Le Table du 5 die französische Küche mit heimischen Produkten 
... Menschen Wie in Südfrankreich: Kaiserstuhl-Lavendel