Restaurant-Check: Der Springbrunnen in Oberkirch

Im Springbrunnen in den Oberkircher Reben wünscht sich unser Autor einen zweiten Magen. Überzeugt auch die Weinkarte?

Text: Ulf Tietge

Ja, wir sind hier richtig. Ganz sicher. Da noch mal links, geradeaus über den Tanzberg und zwischen den Reben entlang bis dahin, wo einst die Ullenburg … dann müsste er auftauchen, der Springbrunnen von Martin Sklenar. Großen Genuss zu kleinen Preisen soll es hier in Oberkirch-Tiergarten geben, aber was ich als Erstes sehe, sind Plastikzelte und ein Schild. Ellas Imbiss? „Nein“, sagt mein Navi-Mann auf dem Beifahrersitz. „Da! Eins weiter, das Fachwerkhaus mit der Weinbergterrasse hintendran!“

Nun, das sieht schon besser aus, und ein schneller Blick über die Teller auf den bereits besetzten Tischen nimmt die letzten Zweifel: Hier dürften wir wirklich richtig sein. Klasse schaut das aus! Also her mit der Karte und rein ins Vergnügen. Schnell wird klar: Es ist gar nicht so einfach, sich hier zu entscheiden, denn es klingt alles gut. Aber zehn Vorspeisen zu zweit? So verfressen sind nicht mal mehr wir. Also nehmen wir nach dem Gruß aus der Küche (eine großartige Tapenade aus schwarzen Oliven zur hausgebackenen Focaccia) ein halbes Dutzend Weinbergschnecken (11 Euro), die drei Tapas mit einer kleinen Überraschung (19,50), den Salat mit Fasanenbrust (16,50) und den marinierten Lachs mit Avocado und Orangengelee (18,50). 

Während die Küche wirbelt, lassen wir den Blick schweifen. Designpreise gibt es für das Interieur sicher nicht mehr in diesem Jahrhundert, aber es muss ja nicht immer hip sein. Außerdem ist es herrlich, wie sich die Sonne langsam hinter den Reben zum Schlafen legt und dabei den Himmel abendrot leuchten lässt. Und kaum ist die Sonne weg, ist der Service da – und bringt eine Portion ganz großartiger Schnecken sowie eine regelrechte Tapasplatte und nicht nur drei kleine Häppchen. Hähnchengalantine auf Linsensalat, ein extrem gutes, hausgemachtes Spargeleis, eine Räucherlachs-Terrine mit Frischkäsefüllung auf Wakame-Salat und eine leuchtend bunte Gemüseterrine. Wow! Und vor allem: Alles richtig gut! Mit viel Fleiß, viel Liebe zum Detail und ganz viel Know-how schlägt Martin Sklenar hier den Bogen vom Badischen nach Mallorca, wo er 30 Jahre lang sehr erfolgreich gekocht hat. 

Bester bei „Mein Lokal, Dein Lokal“

Die nächste Runde ist genauso überzeugend: Der Lachs aalt sich unter einer Cloche in seinem Rauch und ist handwerklich wie geschmacklich absolut perfekt. Tolle Konsistenz, toller Geschmack und wieder eine üppige Portion. Gleiches gilt für den Salat mit Spargelspitzen, hausgemachter Hollandaise und lauwarmer Fasanenbrust. Frisch gebraten, fein tranchiert, mit Fleur de Sel und einem tollen Dressing über dem Salat. So langsam lässt sich erahnen, warum Martin Sklenar und sein Team bei „Mein Lokal, Dein Lokal“ mit den maximal möglichen 50 Punkten alle anderen in Grund und Boden gekocht haben. So viel Geschmack, so viel Leistung für so wenig Geld: Man kriegt fast Schuldgefühle, aber davon befreien wir uns nachher mit dem Trinkgeld.

Apropos trinken: Die Auswahl der offenen Getränke und die Getränkekarte können mit der Qualität der Küche leider nicht mithalten. Es gibt ordentliche Weine von den Winzergenossenschaften aus der Nachbarschaft und immerhin das gute Bier von Bauhöfer, und trotzdem: Hier könnte man noch nachlegen. 

Wir kommen wieder!

Bei den Hauptspeisen dagegen sind wir wieder auf absolutem Top-Niveau. Das Kaninchen ist ein Traum! „So zart und so saftig habe ich es noch nie bekommen“, sagt mein Begleiter und greift bei den dazu gereichten Knöpfle noch einmal herzhaft zu. Hat der Mann zwei Mägen? Egal, denn vor mir steht ein perfekt souffliertes Ei Royal (26,50)  in einem Feld aus verschwenderisch viel schwarzem Trüffel und feinem Parmesanschaum auf einem Polentasteak. Genial! Zumal das Eigelb tatsächlich wachsweich ist und die Pilzrahmsauce mit Steinpilzen perfekt dazu passt! Wieder ein Volltreffer und längst ist klar: Wir kommen wieder! 

Im Überschwang werfen wir dann noch einen Blick auf die Dessertkarte und werden ein bisschen übermütig: Her mit den Dessertvariationen! Und dann bitte auch noch die Powidel-Tascherl mit drei Streuseln und dem Erdbeersorbet, denn wann kommt man bei uns schon mal in den Genuss dieses Klassikers der böhmischen Küche? Kleine Teigtaschen mit Kartoffelmehl, gefüllt mit Pflaumenmus, übergossen mit brauner Butter – wundervoll, aber zu mächtig. Vielleicht wäre zum Abschluss weniger wirklich mehr, denn so laufen wir ein bisserl wie die Wildecker Herzbuben aus dem Haus. Aber wenn wir jetzt noch ein paar Meter unterm Sternenzelt durch die Reben laufen, dann dürfte es morgen auch gutes Wedder geben …

Restaurant Springbrunnen

www.restaurant-springbrunnen.de
Telefon: 0 78 02 / 7 05 83 83
Adresse: Springstr. 11, 77704 Oberkirch
Geöffnet: Mo und Do–Sa 17–22 Uhr, So 12–14 Uhr und 17–22 Uhr.

Nahe des Restaurants führt die Weinschleife Haslach-Tiergarten (11,5 km) vorbei.

4,4 von 5 Zapfen für den Springbrunnen

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