Badens beste Bar?

In einem Gewölbekeller in eines der ältesten Freiburger Bürgerhäuser finden sich feinste Drinks aus besten Zutaten

Text: Ulf Tietge · Fotos: Jigal Fichtner

Um Badens vielleicht beste Bar zu besuchen, nimmt man am besten das Fahrrad. Denn die Bar One Trick Pony (Oberlinden 8) verbirgt sich tief unten im Gewölbekeller eines der ältesten Freiburger Bürgerhäuser und damit natürlich mitten in der Innenstadt. Außerdem: So gut die alkoholfreien Kreationen von Boris Gröner und Andreas Schöler auch sein mögen: Wir wollen den richtig guten Stoff! Den Apple Jack mit Rye Whiskey, den Mexican Elbow mit Koriander-Tequila, Chipotle, Passionsfrucht sowie Gurke, einen Amazing Ciderman mit Bananen-Rum, Fichtensprossen und Cidre und am besten auch noch einen Vo-Kuh-Hila-Punch im Tiki-Style. Corn-Whiskey, Himbeere, Muskatnuss und Vintage-Port. Woohoo! 

Wem all diese Cocktail-Namen nichts sagen, der hat nur ein Problem: Er war noch nie hier. Denn keinen dieser Drinks gibt es irgendwo sonst auf dem Planeten. Und das ist der Grund, warum Menschen aus München, Stuttgart und Frankfurt, aus der Schweiz, aus Holland, Japan und den USA nach Freiburg reisen: ein Besuch im One Trick Pony. „Wir wollen die beste Bar der Welt werden“, sagen Boris und Andi mit dem Selbstbewusstsein, dass sie genau das auch schaffen können. Bei den Mixology Bar Awards 2018 haben sie entsprechend groß abgeräumt und gleich drei Titel von der Spree an die Dreisam geholt: „Neue Bar des Jahres“, „Barkarte des Jahres“ und „Mixologe des Jahres“. In der Branche ist das, als würde man als Koch aus dem Stand heraus drei Sterne holen.

Aus Freiburgs ältestem Club wurde Badens beste Bar

Das One Trick Pony haben Andi und Boris vor drei Jahren eröffnet. Früher war hier das Kamikaze, der älteste Club Freiburgs. Probleme mit den Anwohnern führten zur Schließung, drei Jahre stand der Keller dann leer. Aber für ein mehr als 500 Jahre altes Gewölbe ist das im Grunde auch nur ein Wimpernschlag. 

Jedenfalls kamen dann Andi und Boris. Aber nicht mit Gläsern, Flaschen und Shaker, sondern mit Akkuschrauber, Brecheisen und Pinsel. Vier Monate bauten sie den Keller um – nach eigenen Plänen und eigenen Ideen. Bargäste haben eben andere Wünsche als Clubgäste. Außerdem muss man schon etwas bieten, wenn man in Freiburg Cocktails im Preisbereich von 8 bis 13 Euro anbieten will – andernorts gibt’s dafür zwei Caipi oder fünf Bier. Aber andernorts trinkt man seinen Ginsus Christ mit Basilikum-Gin, tasmanischem Pfeffer und Himbeere auch nicht neben den Spielern vom Sportclub. 

Früh kommen – oder Glück haben …

Bis zu 300 Gäste besuchen an einem guten Wochenendtag die Bar. Reservieren? Geht nicht. Wer sicher reinkommen will, erscheint entweder sehr zeitig, sehr spät oder verlässt sich auf sein Glück. Und ja: Man kann im One Trick Pony auch einfach nur ein Bier trinken – aber wer will das schon? 

Das wirkliche Besondere an der Bar sind nämlich weder die Besucher noch die Atmosphäre, weder Ambiente noch Service  – sondern das Team und seine Kreationen. 25 Signature-Drinks stehen auf der Karte, die einmal im Jahr komplett überarbeitet wird. Dass jeder Drink einmalig ist: check. Dass aber die meisten Zutaten auch selbst hergestellt werden, ist halt der Unterschied zwischen einer guten Bar und echter Weltklasse. 

Genau das geschieht im Labor über der Bar, in der Produktionsküche von Andi und Boris. Hier entstehen Säfte und Tees, Infusionen und Mazerate. Milchsauervergorene Rote Bete zum Beispiel, sous-vide gekocht mit Schokoladen-Chips. Nicht einmal vor den Eiswürfeln macht der Perfektionismus der Pony-Reiter Halt – daher werden die Würfel mit einer großen Bandsäge aus Riesenklötzen herausgeschnitten. Das Ergebnis: perfekte Würfel. Glasklar und makellos.

Eine ganze Wand voll kleiner Gläschen gibt es hier zu entdecken, während im Eck neben dem Sous-vide-Becken die Zentrifuge hochfährt. Ein Wahnsinnsaufwand für Drinks dieser Preisklasse, oder? „Reich wirst Du damit nicht“, sagt Andi. „Aber du hast die Chance, wirklich gute Drinks zu machen. Ausbalanciert, neu und innovativ, überraschend und manchmal eben auch ein bisschen abgefahren.“ Das ist wichtig, denn im Gegensatz zu Köchen arbeiten Bartender ja nur mit einem Aggregatzustand, mit im Grunde immer der gleichen Temperatur im Glas und ohne Konsistenzen. Es gibt keinen Crunch und keinen Knusper, keinen Schmelz und keine Freude beim Kauen …

Jenseits vom Moscow Mule

500 verschiedene Spirituosen stehen im One Trick Pony hinter der Theke. Das ist so mittelviel und reicht, um neben den Signature-Drinks auch gut 150 klassische Cocktails auf Nachfrage zubereiten zu können. „Das gibt es schon oft“, sagt Boris. „Dass die Leute aus Unsicherheit nach einem Moscow Mule oder einem Sex on the Beach fragen, weil sie eben nichts Besseres kennen. Aber auch dafür sind wir ja da: Dass wir Menschen in neue Genusssphären begleiten.“

Genau das machen Boris und Andi lokal in Freiburg wie als Dozenten an Barkeeper-Schulen auf der ganzen Welt. Als Markenbotschafter für Spirituosenhersteller geht es auch mal für ein Event nach New York oder zu einem Industriepartner, der neue Trends entdecken oder vermitteln will. 

Dass diese lukrativen Jobs aber nicht zu Lasten des One Trick Pony gehen dürfen, haben die One-Trick-Pony-Ultras unlängst mit einer Petition klargemacht. Der offizielle Fanclub setzte sich dafür ein, dass die Bar doch bitte auch montags geöffnet haben sollte – mit Erfolg!

Boris + Andi

Andreas Schöler und Boris Gröner sind beide nicht mit dem Wunsch auf die Welt gekommen, in die Gastro zu gehen. Andi, 34, hat in Freiburg Jura studiert und nebenbei in der Gastro gejobbt. Irgendwann war das lukrativer und attraktiver als alles, was er sich als Anwalt vorstellen konnte. Boris Gröner, 43, wäre um ein Haar Lehrer geworden, hat Sport, BWL und Geografie studiert. Bar-Erfahrung sammelte er als Bar-Chef im Hemingway des Victoria Hotels und in der Passage 46.   

#heimat Schwarzwald Ausgabe 17 (4/2019)

Die deutsche Weinkönigin Angelina gibt uns die Ehre, wir kochen Weihnachtsgeschenke selber und genießen Baiersbronn.

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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