Straßburgs Königin der Herzen

Wer sich im Elsass auf die Suche nach Lebkuchen macht, wird immer wieder einen Namen hören: Mireille Oster

Text: Pascal Cames · Fotos: Dimitri Dell

La Petite France ist das Straßburger Must-go, erst recht an Weihnachten. Hier findet man Liebesäpfel, Schnitzereien aus dem Erzgebirge, heißen Apfelsaft und natürlich Lebkuchen, zu dem man hier Pain d’épices, also Gewürzbrot sagt. Daher riecht es hier auch fast das ganze Jahr nach Gewürzen aller Art. Oh, là, là Lebkuchen!  

Schauen wir durch das festlich erleuchtete Schaufenster zu den sitzenden Frauen, die gerade etwas in Zellophan verpacken. Viele Päckchen sind hier gestapelt, überall hat es Engel und Lebkuchenherzen fürs „Schaetzele“ und „Pour mon trésor“ (für meinen Schatz) hat es auch. Eine elegante Dame im weißen Kittel sticht heraus. Es ist Mireille Oster, die Königin der (Lebkuchen-)Herzen.

 „Das ist der Honigschlecker, den habe ich aus dem Schwarzwald“, sagt sie und zeigt auf einen Engel. Dann berichtet sie von den Dutzend Honigen, die sie hat und braucht, zum Beispiel Lavendel-, Mandarinen-, Avocado- oder auch Kastanienhonig. „Die wichtigste Zutat für den Lebkuchen“, sagt sie, denn normaler Zucker würde Kristalle bilden. Und wir spüren: Mireille Oster ist in Sachen Lebkuchen so wichtig, wie eine Christine Ferber für die Konfitüre. 

Lebkuchen zum Aperitif

Beim Gang durch die kleine Boutique flötet sie, dass der Lebkuchen in Straßburg und im Elsass das ganze Jahr ein Thema ist. Mit Foie Gras, Lachs, Sauerkraut-Confit zum Aperitif oder halt ganz klassisch zu Kaffee, Tee oder zur Schokolade isst man das Pain d’épices. Das war nicht immer so, wie überall war das Magenbrot nur für Weihnachten gedacht, genauso wie die Bredle. Mittlerweile gibt es beides jederzeit. Die Tradition des Lebkuchen ist uralt, seit 1453 ist er im Elsass bekannt, man glaubt, dass das Wissen dafür aus Zentralasien kommt. Mehrere Zentren haben sich seitdem herausgebildet, darunter Nürnberg, Aachen und Basel. Das Elsass kam erst später, dann aber gewaltig. Auf dem Land und in Straßburg hatte es mehr als nur einen Lebkuchenbeck. Mireille Oster sagt „Lebzelter“. „Zelten“ kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „flacher Kuchen“.