Wandern mit Tiefgang

Die kalte Luft macht die Backen rot, der Atem macht die Wolken. Im Schnee findet man einen ganz neuen Schwarzwald

Text: Pascal Cames

Kein Schlitten, keine Langlaufbretter, keine Schneeschuhe. Und trotzdem in den Schnee? Ja, genau das geht, und eigentlich braucht es gar nicht viel. Mütze, winterfeste Kleidung, Handschuhe und ordentliche Wanderschuhe, fertig. Hurra, so geht Wandern im Winter! Aber halt, ganz so einfach ist es nicht. Zumindest nicht immer.

Ein Hoch auf die Berge! Erst recht im Winter. Wer auf die Höh’ fährt, auf die Schwarzwaldhochstraße zum Ruhestein, die Unterstmatt in Sasbachwalden oder auf den Schauinsland, ist wahrscheinlich nie alleine, hat aber trotzdem sein Vergnügen. Nicht alle Wege sind für Wanderungen im Schnee tauglich. Einige Wege sind saisonal gesperrt bzw. für andere Schneegänger und -läufer reserviert. Schilder zeigen an, dass hier gespurt wurde, und dann sind diese Wege für Langläufer. Da drüber zu schlappen, zählt quasi zu den Schwarzwälder Todsünden. Dann gibt es noch die für Ski oder Schlitten reservierten Buckel. Da geht man besser auch nicht drüber. Wer auf Nummer sicher gehen will, schaut bei unseren 7 Top-Winterwanderungen vorbei

Und dann hat es die eigens reservierten Wanderwege oder Wege, die mehr oder weniger frei sind. Diese Wege sind für Winterwanderer tauglich. Und jetzt fängt es an, interessant zu werden: Sind schon 1000 Leute drüber gegangen und haben tiefe Spuren hinterlassen oder den Schnee ganz festgetreten? Oder hat es gerade geschneit? Wie tief liegt der Schnee? Wenn der Schnee über den Stiefel geht, könnten die Socken bald nass werden. Gut geschnürte Wanderschuhe, dazu Gamaschen und Grödeln (Halbsteigeisen), könnten weiterhelfen. Ob nun mit oder ohne Gamaschen, jeder Schritt bekommt einen ungeahnten Tiefgang und den Fuß zu heben, kostet viel mehr Kraft, als es normalerweise machen würde. Je nach Kondition kommt man dabei schnell ins Schwitzen und an seine Grenzen. Auf den eigens ausgeschilderten Winterwanderwegen zu gehen, ist weniger kraftraubend und eine Spur angenehmer.

Diese Winterwanderwege sind in aller Regel ohne heftiges Gefälle. Wie man weiß, macht rutschen bzw. ausrutschen nur Kindern Spaß, aber selten Erwachsenen. Die Wege sind trotzdem nicht langweilig, weil sich die Landschaft ganz neu zeigt. Ganz in Weiß bekommen die Täler, Hügel und Steine, so sie noch zu sehen sind, einen ganz neuen Reiz. Die schwarzen Wälder bekommen mit einer Ladung Schnee oder Raureif einen ganz neuen Look, wie jeder von Aussichtstellen wie auf dem Schliffkopf oder von Aussichtstürmen sehen kann. Idealerweise stehen dicke Gutwetterwolken am stahlblauen Himmel, während im Rheintal die Nebelsuppe hängt. Inversionswetterlage wird das genannt. Wer zwischen Lörrach und Karlsruhe über das Wetterphänomen Bescheid weiß, setzt sich in den nächsten Zug oder Bus und fährt oder rutscht mit dem Auto auf die Höhe und genießt den freien Blick über die Täler und Berge. Eine Flasche Wein vom Kaiserstuhl hat auch nicht mehr Sonne.

Aber, so ist es nicht immer. Manchmal hat es auch auf über 700 Metern Nebel und die im grauen Nebel liegenden Wurzeln, Findlinge und Tannen bekommen einen melancholischen Zauber. „Einfach cool“, nennt Nationalpark-Ranger Patrick Stader diese Wetterlage, die eine „ganz andere Stimmung“ vermittelt. Der Ranger muss bei Wind und Wetter raus, manchmal ist er sogar der Erste, der einen frisch zugeschneiten Winterwanderweg geht. „Damit die Winterwanderer wissen, wo der Weg verläuft“, erklärt er. Der Schnee knirscht, der Atem macht Wolken, die Brille beschlägt und die Finger werden klamm. „Die schöne, kühle Luft, ich find’s super“, lacht der Ranger und spricht den Leuten aus dem Herzen. Wichtig ist ihm das Wegegebot, was bedeutet, dass man auf dem Wanderweg bleibt, damit die Tiere nicht aufgeschreckt werden. Für einen Auerhahn oder einen Hirsch ist jede unnötige Bewegung ein Verlust von Energie. Und Tiere im Wintermodus sind schnell am Ende ihrer Kräfte.

Oft genug sind die Wintertage aber gar nicht weiß. Vielleicht hat es in einem Bergrücken noch einen kleinen Rest Schnee, aber sonst? Nichts! Keine weiße Winterlandschaft. Keine drei Nüsse für Aschenbrödel und keine Spuren im Schnee. Was dann? Die Sonne scheint trotzdem und da auch Wandern in Nebelwolken seinen Reiz hat, kann es nur heißen: Winter ist Winter, auch ohne Schnee. Und Wandern geht immer, ob mit oder ohne.

Winterwandern

Winterwandern mit oder ohne Schnee gehört im Schwarzwald ins Programm und ist in aller Regel gefahrenlos (keine Lawinen!). 1000 Kilometer Wanderwege sind dafür gewalzt. Warme Kleidung, festes Schuhwerk, ein Handy, evtl. eine Landkarte und eine Kanne heißer Tee sollten im Rucksack sein. Manchmal markieren Schneestangen den Wanderweg. Es gilt: Für die eigene Sicherheit und den Tierschutz sollte man unbedingt auf den Wegen bleiben!

#heimat Schwarzwald Ausgabe 23 (6/2020)

Feuer unter der Brennblase, wandern im Winter Wonderland und ein laaaaanges Wochenende am Feldberg: So lieben wir die kalten Tage!

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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