Schwarzwälder Handwerkskunst: Holzmöbel nach Maß

Das ist noch echtes Schreinerhandwerk: Aus handverlesenem Massivholz entstehen im Familienbetrieb der Schmidts in Au am Rhein Möbel für die Ewigkeit…

Text: Imke Rosebrock · Fotos: Jigal Fichtner

Der wohlige Geruch von frischen Holzspänen zieht durch die Schreinerei. Hell und freundlich ist das Licht, das durch die alten Werkstattfenster mit den dünnen Sprossen fällt. Urig die alten Dielen auf dem Boden, verwinkelt die Gänge und Treppen bis unters Dach. Gleich nebenan, in der Scheune – das Holzlager. Und wo immer Platz ist: riesige Massivholzplatten.  Eiche, Nussbaum, Ahorn. Mit knorrigen Astlöchern oder auch ganz feiner Oberfläche. Mit gerader Kante oder eben so, wie der Baum wuchs. 

Ausgesucht individuell

Das Holz kommt zumeist aus dem örtlichen Holzhandel. „Aber zwei- oder dreimal im Jahr fahren wir los, suchen besondere Bohlen, etwa Eichenholz aus der Würzburger Region oder aus dem Elsass – und kommen mit vollem Laster zurück“, berichtet Junior-Chef Martin Schmidt. „Wir bieten aber auch andere Hölzer an – schließlich wächst nicht alles bei uns.“ Der Kunde kann sich dann schon aus der Rohware seine Tischplatte aussuchen. Die Schönheit der Natur wird dabei gekonnt in Szene gesetzt. Große Astlöcher werden ausgegossen mit Epoxidharz. Mal klar, mal geschwärzt oder auch mal mit goldenem Schimmer darin.

„Die passenden Tischgestelle dazu, um die 25 Varianten, haben wir oben auf dem Dachboden ausgestellt“, ergänzt der 36-Jährige. Die Metallgestelle, die mit geraden Wangen oder grazilen Formen bei den eher derben Platten für einen zeitlosen Stil sorgen, kommen teilweise aus Schlosserbetrieben aus der Nachbarschaft.  

Vier Generationen

Das Geschäft mit den individuellen Tischen ist vor ein paar Jahren angelaufen. Dabei stattet das Unternehmen seit nun 85 Jahren Häuser mit individuellen Schreiner-Lösungen aus. „Es gibt Kunden, die haben noch das Schlafzimmer von unserem Opa, mit der handschriftlichen Rechnung, die Oma damals ausgestellt hat“, sagt Sophia Siewert, Martins Schwester, die für Marketing und die Ausstellungspräsentation im Einrichtungshaus gleich gegenüber verantwortlich ist.

Ein Familienbetrieb durch und durch. Senior-Chef Alfons Schmidt erinnert sich noch an die eigene Kindheit in der Werkstatt, den Mittagsschlaf auf der Hobelbank. Sein Vater hatte den Betrieb 1935 den Schwiegereltern abgekauft. „Eine alte Transmission hat er damals mit übernommen – dampfgetrieben“, erzählt Alfons Schmidt. Mit Einzug moderner Gerätschaften wurde die Dampfmaschine erst zum Stromlieferanten, dann zur Heizung. Inzwischen steht sie im Museum in Marxzell …

Mit Sinn für Qualität

Auch heute, trotz neuer Maschinen, ist die Schreinerei ein schöner Gegensatz zum Möbelbau vom Fließband. Das Ganze entsteht mitten im Wohngebiet – die Familie wohnt gleich nebenan – und hier „dürfen Schreiner noch richtige Schreinerarbeit machen“, sagt Martin Schmidt. 17 Mitarbeiter zählt die Firma, viele haben schon hier gelernt, die Schreiner werkeln an ihren Maschinen, legen Hand an, damit alles genau passt. Maßgenaue Einbauten, etwa in der Ankleide, unter Dachschrägen und Treppen, sind die Spezialität des Betriebs. Die Montage vor Ort übernehmen zwei Schreiner aus der Produktion – sie bringen Zeit mit sowie Erfahrung bei Aufmaß und Einbau, sagt Martin Schmidt.

Von nachhaltigem Wert

Solche Möbel sind nicht für den kurzen Trend gebaut, sondern überdauern die Generationen. „Früher kamen die Zweit- und Drittausstatter zu uns“, sagt Alfons Schmidt. Heißt übersetzt: die zahlungskräftigeren Herrschaften jenseits der Vierzig, die schon das zweite oder dritte Mal ihr Heim ausstatten … Heute wird die Kundschaft jünger, berichtet Schmidt senior. Die Menschen suchen wieder das Besondere und legen mehr Wert auf Nachhaltigkeit.“ Na, das findet sich hier …

Tradition und Moderne

Ein echter Geheimtipp: Wer raus in das idyllische, gerade mal 3400 Einwohner zählende Au am Rhein nördlich von Rastatt fährt, weiß, was es hier zu entdecken gibt: echtes Handwerk seit 85 Jahren. Zudem eine Möbelausstellung auf über tausend Quadratmetern – mit den eigenen Möbeln sowie Modellen namhafter Firmen. Etwa ein Drittel der ausgestellten Ware kommt aus eigener Produktion. Individuelle Anfertigungen und massive Tische, schön und wertig – gebaut für Generationen …

#heimat Schwarzwald Ausgabe 23 (6/2020)

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In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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