Täglich frisch gepresst: Die Ölmühle Walz

Die einen wollen Gesundheit, die anderen Geschmack. Dafür braucht es gute Rohstoffe und eine schonende Verarbeitung. Die Ölmühle Walz hat's und kann's

Text: Pascal Cames · Fotos: Dimitri Dell

Modernisieren, modernisieren, modernisieren. Kaum ist eine Maschine installiert, geht es schon wieder rund. Was könnte man noch besser machen? Schneller, höher, weiter? Und: kostensparender! Einer, der’s anders macht und erfolgreich dazu, ist der Oberkircher Ölmüller Jochen Hättig. Gerade kam ein Lkw auf den Hof gerollt und hat ein paar Paletten mit Demeter-Mandeln abgestellt. Keine aus Kalifornien. Nein, Deutschland, Österreich und Rumänien sind die Länder, aus denen Jochen Hättig und seine Schwester Sylvie Mayer ihre Waren beziehen. Mit der Ameise wird eine Palette mit Säcken ins Lager gerollt, dann wuchtet Jochen einen Sack auf seine Schulter und trägt ihn zum Trichter. Andere Säcke wie den „WK Bio 794 kg“ (fast 800 Kilo Weizenkeime) müsste man mit dem Gabelstapler fahren. Der Stolz des Müllers ist Jochen beim Sackschultern ins Gesicht geschrieben. Die Mandeln rauschen in den Trichterschlund und werden erst einmal grob zerkleinert. Damit hat die nachfolgende Presse mehr Fläche und kann mehr Öl aus den Mandeln herausdrücken.

Innovation aus dem Jahr 1919

Die Geschäftsführer der  Ölmühle Walz stehen nicht in einer ewig langen Familientradition, obwohl sich an dieser Stelle seit 1832 pausenlos das Mühlrad dreht. Die Eltern von Jochen und Sylvie haben vor über 20 Jahren die Ölmühle von der damaligen Besitzerfamilie Walz übernommen. Die hatten 1919 in Stempelpressen investiert. Seitdem ist nichts Großes mehr passiert. Die Pressen arbeiten tadellos, sind schwerer als ein Elefant und anderthalb Meter tief in der Erde versockelt. Im Grunde kann man sie gar nicht kaputt kriegen. Die Technik von anno Tobak ist zum Qualitätsmerkmal geworden, mit ihr lässt sich so schonend arbeiten, dass Geschmack und Inhaltsstoffe erhalten bleiben.

Wasserkraft als Energielieferant

Schon damals war Wasserkraft nicht mehr die einzige Energiequelle, aber da jede Ortschaft an Wasser gebaut ist, gab es Mühlen wohin man schaute. Aus gutem Grund: Jeder Schmied braucht Energie, genauso wie die Kornmühle oder eben die Ölmühle. „Die Mühle hat ihren Namen von der Energieproduktion, erklärt Jochen, „und nicht von dem, was mit der Energie gemacht wird.“ Fast schreien muss er das, denn in der Mühle ist es sehr laut. Zig Transmissionsriemen, die vom Mühlrad angetrieben werden, surren geräuschvoll. Auch die Presse macht Geräusche und die Mandeln, die gerade zerkleinert werden, knistern und knacken sowieso. Wenn’s Telefon schellt, hört man’s kaum. Womöglich wäre eine moderne Mühle so geräuschlos wie ein Labor, aber so wollen es die Geschwister nicht. Die Absicht ist, dass Leinsamen, Hanf und andere Saaten so schonend wie möglich bearbeitet werden, damit die essentiellen Fettsäuren erhalten bleiben – und natürlich der Geschmack. Der Pressvorgang dauert doppelt so lang und die Ausbeute ist gering. Vielleicht könnte man mehr Öl herausholen? Nur auf Kosten von Geschmack und den ungesättigten Fettsäuren. In Deutschland gibt es kaum mehr Pressen wie diese, die Handwerksmüllerei in Wind- und Wassermühlen ist in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen. „Wir sind die Vorstufe zur Apotheke“, sagt Sylvie im Shop. Kundschaft kommt nicht nur wegen Roggenflocken, Müsli, Amarant und Dinkel sowie glutenfreien Mehlmischungen, sondern auch für Mandel-, Oliven- oder eben. dem Leinöl, das täglich frisch gepresst wird, da es nur zwölf Wochen frisch hält. Die ungesättigten Fettsäuren des Lein ls, wie sie zum Beispiel auch Fische haben, sollen Wunder wirken bei der Zellerneuerung. Viele Öle sind gastronomisch interessant, wie zum Beispiel Traubenkernöl oder Kürbiskernöl. Immer mehr Köche entdecken das. Jochen erzählt immer wieder gerne, mit welcher Wonne man rund um Berlin zu Kartoffeln und Quark Leinöl isst …

Regionale Kreisläufe

Nicht immer geht es nur um die Öle. Die gepressten Rückstände werden zermahlen zu Tierfutter, oder werden als glutenfreie Beigabe zum Mehl oder als Bestandteil in der Kosmetik gebraucht. Beim Thema Tierfutter steigt Jochen ins Gespräch ein, der als studierter Landschaftsplaner für regionale Kreisläufe sensibilisiert ist. Das Tierfutter aus der Ölmühle Walz kommt Tierhaltern im Renchtal zugute, deren Tiere halten die Landschaft frei, müssen nirgendwohin transportiert werden und werden auch hier wieder kulinarisch verarbeitet, in Restaurants und Wirtshäusern im Tal. Ein ökologischer Kreislauf, der auch Kaufkraft bindet! Zudem presst die Ölmühle Walz auch Walnüsse für die Kunden. Zwei Kilo Nusskerne ergeben ein Liter Öl. Die Kundschaft kommt von weit her. „Wir kennen eure Produkte, jetzt wollen wir mal wissen, wie es bei euch im Schwarzwald so ausschaut.“ In Zukunft werden wohl noch mehr Neugierige kommen, denn von Oberkirchs Stadtmitte wird bald ein Mühlbachpfad zur Ölmühle Walz gehen. „Hier also klappert die Mühle am Bach!“ Und Fische tummeln sich auch noch darin. Kaum zu glauben, was an einer Ölmühle so alles dranhängt. Wer sich mehr dafür interessiert, die Mühle kann auch besichtigt werden.

Ölmühle Walz

Die Ölmühle Walz presst pro Jahr um die 150 Tonnen Saaten; das ergibt etwa 50 Tonnen Öl. Ein Dutzend Sorten wie Walnuss, Mandel oder Hanf sind aktuell im Programm. Im Sortiment gibt es zudem Kosmetikprodukte, Backmischungen, Trockenobst und Müsli.

Mehr Infos unter: www.oelmuehle-walz.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 23 (6/2020)

Feuer unter der Brennblase, wandern im Winter Wonderland und ein laaaaanges Wochenende am Feldberg: So lieben wir die kalten Tage!

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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