Ein perfektes Wochenende am Feldberg

Der Feldberg passt wie die Faust aufs Auge zum Ländle. Von der Größe bescheiden, aber von den Möglichkeiten großartig

Text: Pascal Cames · Fotos: Jigal Fichtner
Tag 1

Die Hüttenfenster leuchten, die Kamine rauchen, es riecht nach Suppe und der Feldberg ruft. Der höchste Berg des Schwarzwalds und des Ländles ist immer einen Ausflug wert. Natürlich im Winter für Wanderungen mit und ohne Schneeschuhe, Abfahrtsgaudi und Langlauftouren. Da ich auf Ski nur begrenzt weit komme, bleibt’s bei Wanderungen und Einkehren. Und wo wir schon bei Wandern sind: Dafür braucht’s ein Vesper!

Freitag, Nachmittag

Der Demeter Hof Till liegt im Ortsteil Äule, der zu Aha gehört, das am lauschigen Schluchsee liegt. Dahinten den Berg hoch, dann würde man zum Äulemer Kreuz kommen und von dort zum Feldberg, erklärt Johannes Till und säbelt ein großes Stück vom Käse ab. Mit Schabziger (Bockshornklee) wurde einer aromatisiert, ein anderer mit Kümmel. „Ein Käse braucht drei, vier Monate, bis er mal nach Käse schmeckt“, sagt der Jungbauer, „und sechs Monate, bis er so richtig gut ist.“ Im Programm sind zudem noch Würste, Salami, Speck, Schinken ... Bis aufs Brot ist alles da, aber das kriegen wir auch noch irgendwo. Johannes’ Frau Ann-Kathrin kommt vorbei und strahlt. Gerne wieder! Bis zur Herberge sind es nur ein paar Minuten mit dem Auto.

Freitag, abends

Das Hotel Peterle ist ganz alte Schule. Draußen ist es kalt, aber in den Stuben warm, erst recht am Kachelofen mit Blick auf das Zwitscherstüble. Jetzt einen zwitschern? Das Angebot ist superb: Schnäpse von Marder aus dem Schwarzwald, Meyer-Destillate aus dem Elsass, dazu die neuen Klassiker der Stählemühle. Kassettendecken, Wandmalereien und Geschirr sind hier original. Ins Peterle kommt man fürs kultivierte Essen und solide Gemütlichkeit. Der Kellner erzählt was von Umami und rät zu einem St. Laurent von Simon Huber aus Gengenbach zur Zunge in Madeirasoße. Die hat eine fantastische Farbe, ist butterzart, aromatisch und gerade richtig gesalzen. Die Portion Spätzle  ist so genial wie groß. Ein toller Einstieg gelingt mit der tollen Schwarzwälder Brotsuppe, die sich als französische Zwiebelsuppe entpuppt, nur ohne Käse. Wer hat’s erfunden? Vielleicht war’s kein Schweizer, dafür ein Schwarzwälder? Bestimmt, so war’s!

Tag 2

Samstag, 10.00 Uhr

Was genauso gut wärmt wie eine Zwiebelsuppe ist eine Gasflamme. Und in Altglashütten gibt es tatsächlich noch einen Glasbläser. Wie eine Figur aus Mad Max sitzt Peter Eckhardt am Arbeitstisch. Was er macht, ist Multitasking. Beim Erklären dreht er das Glas in die eine Richtung, dann in die andere. Er muss es vor zwei Dingen beschützen: vor dem Verbrennen und vor dem „wie Honig tropfen. „ Als Hilfsmittel hat er eine Art Messer, damit „schneidet“ er das heiße Glas ab oder hält es an den Rand einer Glasröhre, um die Form zu beeinflussen. So entsteht ein Schnapsglas mit Verzierungen. In der Glastruhe daneben liegen seine unverkäuflichen Schätze.

Samstag, 11.20 Uhr

Der Gscheite Beck an der Abzweigung Bärental ist aus vielen Gründen ein Tipp und aus einem Grund Pflicht. Hier ist die Schwarzwälder Kirschtorte berühmt. Vielleicht ist es sogar die beste weit und breit. Das Geschäft wird von Mutter, Tochter, Schwiegersohn geführt. Ramona Bizenberger ist eine weitgereiste Konditorin, sie backte und zauberte schon für Michael Jackson und Paul McCartney. Obwohl oder gerade weil sie so viel unterwegs war, ist sie gerne wieder im Schwarzwald. „Da ist das Leben gut, wo man eine Aufgabe hat“, lacht sie. Ihre Leidenschaft für die Heimat führt sie beim Schwarzwälder-Kirschtorten-Backen vor. Das hauseigene Kirschwasser hat sagenhafte 47 Prozent. Die Konditorin will keinen blau machen, sondern nur die volle Kirsche in die Torte bringen, ohne sie zu ertränken. Und: Die kalt geschlagene Sahne ist Weltklasse. Von dieser Schwarzwälder könnte man glatt zwei essen – oder man macht es so wie Mutter und Tochter aus Japan. Jede isst „ein Stück Schwarz“ und  noch einen anderen Kuchen dazu. Respekt! Das war’s aber noch lange nicht, es folgen Brennerei, Whisky-Fasslager, Mopeds und Museum mit Jukebox. Ich wähle mir Drafi Deutschers „Jenseits von Eden“, aber die Wurlitzer spielt „Schnaps im Blut“. Hier ist ja alles verschnapst! Was keinen wundert, schließlich sind 70 Brände und Liköre im Programm. Ein zweifelhaftes Vergnügen bleibt der Schinkenschnaps, aber der Enzian vom Feldberg macht’s wieder gut. Die Gulaschsuppe bringt einiges wieder ins Lot und ich bin bereit für den Berg der Berge!

Samstag, nachmittags

Wenn der Berg ruft, braucht’s Futter. Der Supermarkt am Feldberg hat Landjäger und Speck sowie kleine Schnapsfläschchen für Mutti, Petra und Stephan. Das sind die Dinge, die einer wie ich mit nach Hause nimmt, aber nicht auf den Berg. Schließlich hat’s da ja ein paar Hütten. Die Gondel bringt mich hoch. Der Feldbergturm ist ja im Winter leider gesperrt, aber die Aussicht ist trotzdem super. Ja, ich sehe die Alpen und ich vermisse sie nicht. Beim Rumstapfen entdecke ich die Wanderschilder zu den berühmten Hütten und zum Feldsee. Vom Feldberggipfel stiefle ich runter zur Todtnauer Hütte. Schnabuliert wird drinnen – oder draußen bei bester Fernsicht. Was ist angesagt? „Die Vesperplatte ist cool“, erklärt ein Bursche. Der Nachbartisch macht vor, wie saulecker Traditionen schmecken. Oder zwei Halbe. Mein Apfelkuchen ist aber auch köstlich.

Samstag, Abend

Mit wem ich auch spreche, sobald es ums Essen geht, dann heißt es immer „geh ins Florian’S!“. Florian Stoll und seine Gattin Stephanie („Ich bin das große S“) haben aus dem Hotelrestaurant Waldeck ein Restaurant gemacht, das ganz gut für sich steht. Außer ein paar Bildern an der Wand und der Aussicht gibt es kaum Schwarzwald. Florian interessiert sich nur für die Qualität und gibt ansonsten den Freigeist. Jeden Monat wird die Karte gewechselt! Ganz beliebt sind seine Kalbsleber und die mit Ziegenfrischkäse  gefüllten Ravioli. Heute gibt’s ein Süppchen. Aber holla, die Waldfee! Diesmal haut mich nicht der Schnaps um, sondern die Suppe. Die schmeckt wie eine … Mein Hirn macht bliblablu … Es liegt mir auf der Zunge und dann wird mir klar, dass dies eine weiße geschäumte Tomatensuppe ist! Der Koch grinst, die Überraschung ist gelungen. Das Hirschkotelett lässt keine Fragen offen, von der Soße hätt’ ich gerne einen Liter für daheim und die in gebutterten Semmelbröseln gewälzten Knödel gerne als Dutzend. Der Bacat macht’s perfekt, danke!

Tag 3

Sonntag, morgens

Da am Samstag noch nicht alle Kräfte aufgebraucht wurden, wandere ich durch die wildromantische Schlucht der Todtnauer Wasserfälle. Das Wasser fällt hier so wunderschön wie sonst nur in Freizeitparks. Die Natur macht’s halt doch am besten, denke ich und drehe eine kleine Runde auf dem Geisenpfad. Die Backen werden schon rosig und ich flüchte ins Warme. Zum Kuckuck-Wirtin Katarina Nestorovic trägt fesch Dirndl und stammt aus Karlsruhe. Eigentlich wollte sie nur eine Saison „auf dem Wald“ bleiben, wie man hier so sagt. Daraus sind schon Jahre geworden. Hier wird die Ziege gefeiert und ich entscheide mich für gebratenen Ziegenkäse. Dann Kirschtorte! Katarina schwört auf Kirschwasser: in der Sahne, im Biskuit und in den Kirschen …
Über meinem Stück Torte hat sich schon ein hochprozentiges Mikroklima gebildet, das mir langsam die Sinne benebelt. Ich beginne zu fantasieren, stelle mir vor, wie der Feldbergturm sich in eine Schnapsfl asche verwandelt und die Gondeln in Tortenstücke. Ich muss was tun, esse den Klotz, stürze ein Bier hinunter und gehe ein paar Schritte zum Automaten von Michael Kaisers Ziegenhof, wo ich mir ein paar Ziegenwürste ziehe. Mit einem Spaziergang durchs wunderschöne Menzenschwand lasse ich das Wochenende am Feldberg ausklingen. Was mit den Fläschchen für Mutti, Petra und Stephan passieren wird, ist aber noch nicht raus. Wer weiß, wer weiß.

Unsere Tipps für den Feldberg

Demeter Hof Till

Die Ziegenkäsespezialisten haben auch einen
Hofladen. Wechselnde Öffnungszeiten, darum
unbedingt vorher auf der Website nachschauen.
www.hof-till.de

Raimartihof

Der über 300 Jahre alte Hof ist eine feste Bank
fürs Einkehren. Alleine is(s)t man nie. Der Feldsee ist nicht weit weg.
www.raimartihof.de

Todtnauer Hütte

Berggasthof mit Panoromablick. Vom feudalen
Vesper bis zu Kaffee und Kuchen gibt’s alles. Sehr gut: Quellwasser.
www.todtnauer-huette.de

Zastlerhütte

Da dieses Schwarzwaldhaus direkt am Feldberg
Steig liegt, ist sie immer gut besucht. Mit Zimmern und FeWo.
www.zastler-hütte.de

Hotel Waldeck und Florian's

Die Fine-Dining-Adresse am Feldberg.
www.hotelwaldeck.com

Glasbläserei

Der einzige Glasbläser vom Feldberg bietet auch
Vorführungen an. Seine Boutique ist der heiße Tipp
für außergewöhnliche Geschenke.
www.schwarzwaldglas.de

Hotel und Restaurant Peterle

Altehrwürdiges Haus mit heimeligen Stuben,
kulinarisch ambitioniert. Für Hotelgäste kleiner Wellnessbereich.
www.hotel-peterle.de

Café zum Kuckuck

Liegt direkt neben den Menzenschwander Wasserfällen.
Das von einer Designerin gestaltete Café
bietet Ziegenspezialitäten (Käse, Fleisch, Wurst)
und ein außergewöhnliches Tee-Sortiment.
www.kuckuck-schwarzwald.de

Menzenschwänder Wasserfälle

Wildromantische Schlucht, idealer Ausgangspunkt
für Wanderungen mit und ohne Schneeschuhe.

Café zum Gscheiten Beck

Hier gibt es viel zu feiern: Kirschtorte, Destillate,
Antiquitäten und mehr. „Kirschtorte backen“-Vorführungen auf Anfrage.
www.gscheiter-beck.de

Windgfällweiher

Geheimtipp für Spaziergänge zu zweit. Im Sommer
mit SUP-Verleih und Kiosk (mit Wirtschaft).

Feldbergturm

Blickfang und Aussichtspunkt, der im Winter leider
gesperrt ist. Am 45 m hohen Turm hat es Liegebänke,
ideal für den mitgebrachten Tee. Im Turm
hat es auch ein Schinkenmusem.
www.schwarzwaelderschinkenmuseum.de

Feldsee

Wunderschön, eines der beliebtesten Wanderziele
am Feldberg. Wanderparkplatz Kunzenmoos.

Naturschutzzenrum

Anlaufstelle für geführte Wanderungen.
www.naz-feldberg.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 23 (6/2020)

Feuer unter der Brennblase, wandern im Winter Wonderland und ein laaaaanges Wochenende am Feldberg: So lieben wir die kalten Tage!

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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