Das Feuer der Tortora Brothers

Wild auf Pizza? Exklusiv für uns haben die Tortoras aus dem kultigen Mammalina neue Rezepte entwickelt: voller Amore für den Foresta Nera

Text: Ulf Tietge · Fotos: Jigal Fichtner

So ein Besuch im Mammalina kann alles verändern. Wetten, dass man Thomas Gottschalk mit ganz anderen Augen sieht, wenn man mit den beiden mal in ihrem Lieblingslokal die Pizza Giallo mit gelber Tomatensauce probiert hat? „Schreib aber bloß nicht, dass wir so ein Promi-Laden sind“, sagt Angelo Tortora, der das Mammalina gemeinsam mit Bruder Roberto binnen fünf Jahrne zur besten Adresse der Stadt gemacht hat. „Bei uns ist jeder willkommen! Du brauchst keinen dicken Geldbeutel oder so – ganz im Gegenteil: Wir sind für alle da!“

Während der Pandemie haben die Tortora Brothers (Ihr merkt schon, die beiden mixen gern mal Traditionelles mit Coolness) das Baden-Badener Krankenhaus mit Essen versorgt. Nicht bloß an einem Wochenende, sondern über anderthalb Jahre. Jeden Sonntag 60 Portionen für die Ärzte und Schwestern.

„Wir haben das gern gemacht. Von Herzen“, sagt Angelo. Ein bisschen Glaube ans Karma könnt’ aber auch dahinter stecken. „Corona hat uns vorangebracht. Ohne die Pandemie hätten wir uns so viel Veränderung so schnell nicht zugetraut“, sagt Angelo und denkt zurück an 2020: Hochbetrieb in der Küche. Mit zwei Mann und vier Handys nahm man per WhatsApp die Bestellugen entgegen. Baden-Badens Taxifahrer standen vorm Lokal Schlange, fuhren täglich bis zu 700 Essen aus. „Pizza ist ideal für Take-Away“, sagt Angelo. „Und die Taxifahrer hätten sonst ja auch nichts zu tun gehabt.“

Next Generation Pizza

Das neue Mammalina tickt ganz anders als der 2017 von den Eltern übernommene Betrieb. Aus sieben Mitarbeitern wurden 38. Der Teildienst ist abgeschafft. Bei Open Table war man Pionier, auf Instagram folgen fast 20 000 Fans und wer hier isst, hat dafür zwei Stunden. Tischzeit. Selten im Badischen. „Das reicht für drei Gänge“, sagt Angelo. „Gleichzeitig können wir den Tisch am Abend mehrfach besetzen.“ Den Gastraum (65 Plätze) haben die Brüder schon zweimal neu gestaltet. Ein gläserner Weinklimaraum ist seither am Start, die Küche hat mehr Platz. Wo früher ein großer Herdblock war – für zwei Alleskönner, echte Maschinen – hat es jetzt Posten und Spezialisten.

„Alle doppelt besetzt“, sagt Angelo und man merkt, wo er herkommt: Kochlehre auf dem Dollenberg und im Schloss Eberstein unter Bernd Werner – danach macht man bei der Qualität keine Kompromisse mehr. Next Generation Pizza, wenn man so will.

Das Monster aus der Küche

So langsam aber sollte jetzt mal Holz in den Ofen. Anfeuern! Und dann: in die Küche. Michele Asurto ist gerade dabei, einen Sack Mehl zur riesigen, roten Knetmaschine zu wuchten. Das Ding ist ein Monster. Wie ’ne Kitchenaid auf Steroiden. Bestimmt vier Zentner schwer, aber so schnell mit der Hand Gottes wie einst Maradona im Strafraum von Napoli. „Wir sind hier ein bisschen deutsch“, scherzt Angelo mit einem Blick auf Küchenchef Michele. Der prüft mit einem Infrarot-Thermometer, wie warm der Teig ist. Irgendwo zwischen 20 und 30 Grad – Betriebsgeheimnis! – ist der Tanz vorbei und der Teig darf ins Kühlhaus. 24 Stunden schön abhängen und sich gehen lassen.

Unser neues Buch: Pizza con amore!

Genug Zeit, um ein bisschen in die Zukunft zu schauen. Denn was wir heute machen – das wilde Pizza-Shooting im Schwarzwald-Style – ist im Grunde ein Gruß aus der Küche. Die Ouvertüre zu unserem gemeinsamen Kochbuch. Pizza con Amore haben wir uns vorgenommen. Die großen und kleinen Geheimnisse der Mammalina-Küche auf 200 Seiten. Mit Roadtrip nach Neapel, viel Familiengeschichte und natürlich tollen Rezepten. Wie man daheim perfekten Pizzateig hinbekommt und was das Geheimnis von Neapels bestem Mozzarella ist … Themen ohne Ende und ja: Bis zum Herbst werden wir fertig sein. Wird ein heißer Sommer …

Angelo und sein Bruder arbeiten derweil auch noch an neuen Standorten. In Karlsruhe gibt es schon ein kleines Mammalina aber wenn man sieht, wie aus Heidelberg, Offenburg und Pforzheim die Pizzafreunde angepilgert kommen – dann ist Karlsruhe noch lange nicht alles. „Ne“, grinst Angelo. „Bestimmt nicht.“

Das Herzstück des Familienbetriebs aber soll in Baden-Baden bleiben, gleich neben dem Festspielhaus. „Das hier ist Heimat“, sagt Angelo. „Hier sind wir aufgewachsen, haben gelacht und geweint, gefeiert und getrauert! Hier war meine Hochzeit, die Kommunion, die großen Siege von Ferrari in der Formel 1 oder die Spiele von Neapel. Und da vorn, da saß immer der Opa, damit er den Ausgang und die Kellner an der Kasse gleichzeitig im Blick haben konnte.“ Den Opa haben die Tortoras inzwischen an der Wand verewigt. Als Pate eingearbeitet in ein Gemälde hinter Glas mit lauter anderen italienischen Legenden.

Manche von denen finden sich auch auf der Speisekarte wieder. Bud Spencer steht für die Pizza mit Rinderhackbällchen, Sophia Loren für eine Variante mit Lachs. Die Green Gamba Bowl beweist, dass das Mammalina längst mehr zu bieten hat als „nur“ italienische Klassiker. „Pizza Prosciutto hat doch jeder schon mal gegessen“, sagt Angelo. „Wir wollen mehr mit der Zeit gehen, mehr Erlebnis bieten. Unser Job ist es, dass die Leute hier eine richtig gute Zeit haben.“ Besonders deutlich wird das am Samstagabend. Ab etwa neun Uhr wird die Musik lauter, die Stimmung ausgelassener und irgendwann springt immer einer auf und sabriert eine Flasche Champagner. La dolce vita …

Nach nur 60 Sekunden

Dass heute Montag ist, könnte man fast vergessen. Aber nur fast. Also ran an die Pizza! Eine rot backen (mit Tomatensauce), eine weiß mit Fior di Latte, eine Giallo (mit gelben Tomaten). 60 Sekunden bei 350 Grad ans Feuer, erst danach kommen die Toppings. „Das soll ja nicht im Ofen verbrennen. Gerade wenn wir mit so feinen Sachen arbeiten wie dem Rehschinken“, sagt Angelo und reicht die erste Pizza an Jigal weiter. Pizza con Amore – jetzt geht’s los!

Mammalina

Hamburg hat den Mälzer, Berlin den Raue und Baden-Baden die Tortora Brothers und ihr Mammalina. Zu hoch gegriffen? Von wegen! Im Mammalina trifft man Thomas Gottschalk, Frank Elstner oder auch Giovanni Zarrella, die Kicker vom Karlsruher SC, diverse Influencer, aber auch ganz normale Menschen auf der Suche nach der besten Pizza nördlich der Alpen. Tipp: Je später der Samstag, desto lauter wird die Musik. Genießt die Party! Es lohnt sich!

#heimat Schwarzwald Ausgabe 32 (3/2022)

Der Schwarzwald hilft den Menschen aus den Ukraine und wir erzählen davon. Denn wir finden: Heimat ist ein Menschenrecht. Punkt. Und: Auch klar, dass wir in dieser Ausgabe noch viel mehr Themen haben, die es zu entdecken gilt: von den Tortora-Brüdern und ihrer Pizza La Foresta Nera bis zu Badens neuem Weingärtner.

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