So arbeitet die Brauerei Rogg!

Die Brauerei Rogg ist eine der letzten kleinen Brauereien im Schwarzwald. Aber warum spielen Kühe eine Rolle dabei?

Nebelschwaden ziehen an diesem Freitagmorgen durch den Hochschwarzwald. Joachim Rogg steht auf der Verladerampe seiner Brauerei in Lenzkirch, schaut in den grauen Himmel und lächelt. Auf den Regen hat er gewartet. Er ist gut für den Hopfen, der seinem Bier dieses blumige, sanfte, nur leicht bittere Aroma gibt. „Noch besser wäre es natürlich, wenn es nachts regnet“, sagt Rogg und sein Lächeln bekommt etwas Schelmisches. Denn Sonne ist ebenfalls gut für Rogg. Wenn das Wetter schön ist, kommen viele Gäste in seinen Brauereigasthof, eben jene, die es unten in der heißen Rheinebene nicht aushalten. Und mehr Gäste trinken mehr Bier. 

100 Brauereien soll es einst im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gegeben haben. Jetzt gibt es nur noch eine: die von Joachim Rogg. Etwa 6000 Hektoliter Bier braut er im Jahr. Das ist ein Prozent von der Menge, die die landeseigene Brauerei Rothaus, etwa 15 Kilometer von Lenzkirch entfernt, Jahr für Jahr auf den Markt bringt. Die Staatsbrauerei dominiert mit Waldhaus, Fürstenberg, Kronen und Ganter den Markt in Südbaden. Wie kann Rogg gegen solche Riesen bestehen? 

Joachim Rogg geht am Gasthof vorbei, einem geräumigen gelben Haus, auf dessen Fassade das Jahr 1846 geschrieben wurde. Seither braut die Familie hier Bier, mittlerweile in sechster Generation. Rogg hat das Brauen von seinem Vater gelernt, als kleiner Junge war er oft im Sudhaus. Nebenan, bei der Abfüllanlage, schoss ihm der Braumeister mit der Luftpistole um die Ohren. Er spielte ihm wohl auch einige Streiche.

Der Bio-Pionier

Rogg, ein schlaksiger Mann, bleibt an den Malzsilos stehen. Die beiden Metalltanks sind mit Malzpellets gefüllt. Im einen befindet sich Bioqualität, in dem anderen konventionelles Malz. Rogg braut seit 2007 Biobier, damals war er ein Pionier. „Das ist der Vorteil einer kleinen Brauerei“, sagt Rogg. Er kann Dinge ausprobieren und mal schnell ein Bier lancieren, das in kleinen Chargen gebraut wird. Brauereien wie Rothaus oder Fürstenberg müssten gleich eine große Menge herstellen – und kämen gar nicht an ausreichend Bio-Rohstoffe. 

Das Bio-Getreide bekommt Rogg von der Dachswanger Mühle in Umkirch. Mittlerweile hat das Bio-Bier einen Anteil von 25 Prozent an seiner Gesamtproduktion. Im Hochschwarzwald trinken die Menschen es zwar eher nicht, doch in Freiburg und den Biomärkten der Region verkauft es sich gut. „Es ist wie so oft. Man fängt klein an und dann entwickelt sich etwas Größeres“, sagt Rogg.

So lief das auch mit den Craft-Beer-Brauern. Vor knapp 15 Jahren fragten ihn die Jungs vom Freiburger Braukollektiv, ob sie bei ihm ihr Bier brauen könnten. Rogg konnte sich zunä,chst nicht vorstellen, dass die Geschäftsidee funktionieren würde, aber er probierte es mit ein paar Chargen Indian Pale Ale.

Mittlerweile lagern in der alten Scheune hinter den Silos gut 30 verschiedene Malzsorten: Weizen, Gerste, Karamell, Schokolade, Röst-Malz. Vor allem für die Craft-Beer-Brauer, die ihre Biere bei Rogg brauen, reifen und abfüllen lassen. „Wir haben eine Menge von ihnen gelernt“, sagt er. Zum Beispiel, dass man den Hopfen auch erst zum Schluss ins fertige Bier geben kann. Dann bekommt das Bier eine fruchtige, zitronige Note und wird nicht so bitter. Und so verdient Rogg mit am Craft-Beer-Trend.   

Von den Besten Lernen

Auch wenn er in Weihenstephan studiert hat, welche biochemischen Prozesse im Braukessel und in den Gärtanks ablaufen – für Rogg hat das Brauen nach wie vor etwas Magisches. „Ich komme mir manchmal vor wie Miraculix, der seinen Zaubertrank herstellt“, sagt Rogg. Dann redet er von der Maische, dem Gemisch aus Wasser und Getreide, das am Anfang wie dünnes Müsli schmeckt und nach der Umwandlung der Stärke plötzlich eine beeindruckende Süße hat.  

Die Magie der Hefe spielt dabei die Hauptrolle, dieses kleine Lebewesen, das man ohne Mikroskop nicht erkennen kann. „Dass wir heute so viel Wissen über das Brauen haben, verdanken wir den Mönchen“, sagt Rogg. In den Klöstern experimentierten sie, schrieben auf, was passierte. Und sie setzten ein Heilkraut ein, den Hopfen, der das Bier plötzlich länger haltbar machte. 

Für seine Biere nutzt Rogg hauptsächlich die Landsorte Tettnanger, die Tettnanger Perle und den Northern Brewer, eine alte englische Züchtung, die ebenfalls in Tettnang angebaut wird. Und Rogg setzt auf moderne Technik. Das Sudhaus ist keine zehn Jahre alt und in den Gärtanks messen gerade erst entwickelte Sensoren von Endress+Hauser Alkoholgehalt, Extraktgehalt und Dichte. Die Daten bekommt er auf sein Smartphone.

Brauer und Herbergsvater

Neben dem Bio-Bier und dem Craft-Beer gibt es noch ein weiteres Standbein, auf das sich Rogg verlassen kann. Hinter dem Gasthof betreibt die Familie einen Campingplatz, den sein Vater 1971 gegründet hat. Damals hatte er die Kühe verkauft und konzentrierte sich auf die Brauerei, heute hat der Platz 120 Stellplätze, ein Hallenbad, eine Sauna, einen Schwimmteich, der früher der Brauerei als Eisweiher diente, und natürlich direkten Zugang zur Rogg’schen Bierversorgung. Die Camping-Gäste kommen zum Essen und Trinken in den Gasthof und decken sich gern auch mit dem selbstgebrannten Schnaps ein.    

Ohne Familie geht es nicht. Roggs Frau betreibt den Campingplatz und auch seine 84 Jahre alte Mutter hilft im Büro und schmeißt den Laden, in dem die Camper einkaufen können. „Der Zusammenhalt, der macht es einfach aus“, sagt Rogg. Besonders in diesen Zeiten, in denen es so schwierig ist, Personal zu finden.  

Sich immer neu erfinden

Zum Schluss geht Joachim Rogg noch einmal in die alte Scheune, in der das Malz lagert. Im Keller fließt ein Bach und  treibt ein Mühlrad an, das Rogg hat restaurieren lassen. Früher trieb das Rad die ganze Brauerei an. Nun will Rogg den Keller so ausbauen, dass er ihn bei Brauereiführungen zeigen kann. „Man muss sich immer wieder neu erfinden“, sagt Rogg. Schritt für Schritt. Und niemals stehenbleiben. 

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