Am Baumwunder
Unterwegs gibt der Wald schon einen Blick frei auf die andere Talseite. Mächtig! Und auch der Balzer Herrgott ist nicht zu übersehen. Hier sitzen und stehen die Leute, und wer das nicht macht, fotografiert. Es ist ein Kommen und Gehen, nur der Christus bewegt sich nicht.
Die Geschichte vom Baumwunder sollten wir noch verraten: Ein Schwarzwaldhof wurde unter einer Lawine begraben, junge Burschen trugen die dort obligatorisch vorhandene Christusfigur fort und stellten sie an einen Baum. Das war zwischen 1870 und 1880. Dann kam ein anderer Bursche und hängte sie an den Baum. Jetzt kommt die Hainbuche ins Spiel, die typisch ist für Weiden und Lichtungen auf 900 Metern Höhe. Diese Buche hat die Eigenschaft, mehrstämmig zu wachsen und dann, nach 100 Jahren, wieder zusammen zu wachsen. Genau das ist hier passiert. Kurz bevor der Baum endgültig den Christus unter seiner Rinde verschwinden ließ, legte 1986 der Gütenbacher Schnitzer Josef Rombach den Christus wieder frei. Dann wurde die Rinde versiegelt und gegen Pilzbefall geschützt. So hat der Schwarzwald eine Rarität bekommen: ein Baumwunder mit eingewachsenem Christus.
Schnapsbrunnen No. 2
Der Platz hat was. Große Steine wurden im Halbkreis um die Buche gesetzt, mit zwei Metern Abstand ein Holzzaun, dahinter liegen kleine Steine im Halbkreis. Durch die Äste fällt warmes Licht. Der Ort lässt keinen kalt. In einer Schatulle („Nei guga!“) liegt ein Besucherbuch mit Dankesworten von Menschen aus Kanada, Thailand und sonst wo. „Danke für die schöne Welt.“ Auf dem Buch steht: „Ich brauche keine Therapie. Ich muss nur in den Schwarzwald“. Statt über die Hexenlochmühle (Schwarzwälder Kirschtorte, Bier, Terrasse …) laufe ich zu Franz Trenkles Berghütte mit Schnapsbrunnen. Nicht abschrecken lassen, wenn der Weg anfangs trist ist. Er wird besser! In der Hütte hat es Kartenspiele, Erinnerungsfotos und CDs von Wolfgang Petry und den Amigos. Der Liegestuhl ist noch original 70er-Jahre, Bier und Bluna aber herrlich kalt. Im Hüttenbuch haben sich Gott und die Welt verewigt: ein wunderschönes Fleckchen Erde, Muchas Gracias, Hab’ ein bisschen gepäpert …
In der Schlucht
Jetzt aufpassen. Der Weg führt abwärts nach Wildgutach und nicht rechts! Jeder weiß, wenn es bergab geht, geht es auch wieder bergauf. Weil der Weg durch die Teichbachschlucht fast so steil ist, wie eine Skischanze in Schonach wird es schweißtreibend. Dafür ist es aber angenehm frisch und der Wald duftet nach Moos. Das gleicht die Mühe aus. Was in der Teichbachschlucht geboten wird, fällt unter Dschungel und heißt im Fachjargon Bannwald. Hier verrotten die Bäume im Stehen und im Liegen, dafür wachsen andere fast 100 Meter hoch, der Bach sprudelt und das Wasser fällt die Felsen herab. Wildromantisch!
Ich erinnere mich an den Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Der Balzer Herrgott mag ja super sein, aber die Teichbachschlucht ist es auch! Aber dann fällt mir noch ein weiteres Ziel ein: ’s Dorfcafé mitten in Gütenbach, wo es die besten Kuchen weit und breit geben soll, dazu noch im zünftigen Format für Holzfäller und Wanderer: „Unter 300 g sind Kuchen Kekse“, lese ich dort. Ein amtliches Ziel! Alles, was fehlt, ist ein Gästebuch für ein herzliches Dankeschön …
Die Rundwanderung
Gütenbach, Felsenkeller – Breitweg – Balzer Herrgott – Mörderloch – Wildgutach – Teichbachschlucht – Gütenbach, Felsenkeller. Länge: 11 km, Dauer: 3,5 Std.