Scherers Schnitte

Die Ortenau hat mit Evgeniya Scherer wieder eine First Lady in Sache Mode – und die sorgt jetzt gleich mal in Paris für Furore …

Text: Ulf Tietge

Es braucht schon ein bisschen Glück, um bei der Paris Fashion Week dabei zu sein. Mehr als 1000 junge Labels haben sich für die Runway Show von Flying Solo aus New York beworben, nur eine Handvoll darf sich heute zeigen und eine davon ist Evgeniya ,Jenny‘ Scherer aus Lahr, die im Moment aber keine Chance hat, Paris und die Fashion Show zu genießen … In 60 Sekunden muss das erste Model raus. Dass im Nebenraum der Galerie Bourbon die Kleiderstangen dicht an dicht stehen, die Schuhe noch fehlen und sich die Models gegenseitig behindern, macht es nicht leichter. „Nicht so schlimm“, lächelt Evgeniya den Stress weg. Auch egal, dass lange nicht alle Models 1,80 groß sind und die versprochene Konfektionsgröße 36 haben. „Meine Kleider haben alle Schleifchen zum Einstellen, unsichtbare Gummizüge und Bänder für den perfekten Sitz – gleich hab ich’s!“ Seit April hat Evgeniya an ihrer Kollektion gearbeitet. Seide aus Italien, bedruckt mit den eigenen Gemälden, ergänzt um Upcycling-Applikationen aus Chiffon, Tüll und Haute-Couture- Spitze. Farbenfroh – und mit Hintergedanken. „Mir geht es um Nachhaltigkeit in der Mode“, sagt Evgeniya. „Um die Harmonie von Mensch und Natur und das gute Gefühl, einen tollen Stoff auf der Haut zu haben, mit dem man auch noch ein Zeichen setzt. Ich bin überzeugt: Die Mode macht etwas mit den Menschen.“ Aus diesem Mindset kommt auch der Name ihres Labels: Die Mode bist du!

Die neue Kollektion: Facets of Change

Um der Welt das zu beweisen, ist heute der Tag der großen Chance! Draußen in der Galerie Bourbon an der Avenue Marceau wartet die Mode-Presse. Fotografen, Kameraleute, Influencer, Redakteure. Mehr als 100 Menschen drängen sich in der Mini-Ausgabe eines Saals von Versailles im Glanz von Kronleuchtern und Blattgold. Designer und schräge Vögel, IT-Girls und Society-Ladies … Dass Evgeniya Scherer – früher erfolgreich als Markenrechtsanwältin – seit einigen Jahren als Künstlerin und Modeschöpferin arbeitet, ist ihrer Großmutter zu verdanken, einst Maßschneiderin in Sofia. Sie war es, für die der Zeitschriftenverkäufer immer eine Ausgabe von Burda Moden mit den Schnittmustern auf die Seite legte. Evgeniya war immer dabei, half mal dies, mal das und am Geburtstag der baba fertigte sie 2018 ihr erstes Kleid – und trug es am Abend gleich zu einer Veranstaltung: „Es war fast, als hätte ich nie etwas anderes gemacht!“ Dass sie heute ganz in der Nähe der Ortenauer Mode-Ikone Aenne Burda neue Model entwirft und ihrem Faible für Kunst und Kleider mit eigenem Atelier in der alten Lahrer Kleiderfabrik nachgeht, sei nur am Rande erwähnt. So gesehen ist Paris ja fast schon naheliegend … „Für mich ist das heute die Vollendung meiner Kunstwerke“, sagt Evgeniya mit strahlenden Augen und schickt noch ein Model auf die Reise. Schade nur, dass man aus dem Backstage-Bereich nur über einen kleinen Monitor sehen kann, wie die Mädchen laufen! „Ich versteh’ jetzt, warum Coco Chanel immer so viele Spiegel anbringen ließ“, sagt sie, schnappt sich nach dem Walk noch einmal ihr Lieblingsmodel und läuft selbst eine Runde über den Catwalk. Den Applaus für ihren ersten großen Auftritt möchte sie dann eben doch nicht nur über den Monitor erleben …

Wer die Vorstellung der Facets-of-Change- Kollektion der Lahrer Designerin Evgeniya Scherer sehen will, hat über Youtube noch die Gelegenheit dazu. Bilder von ihren Kleidern und ihrer Kunst gibt es zudem über ihre Website unter www.evgeniya-scherer.de zu sehen.

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