Gastronomen ärgern sich zu Recht, wenn Gäste trotz Reservierung nicht erscheinen. Wir erlebten jüngst den umgekehrten Fall, das Restaurant hat uns nachmittags kurzerhand für die lange erfolgte Abendreservierung abgesagt, weil ihnen auf einmal einfiel, nur am Wochenende zu öffnen. „Manchmal spielt das Leben mit dir gern Katz und Maus, immer wird’s das geben, einer der trickst dich aus“, spielt das Autoradio passend den alten Udo-Jürgens-Klassiker „Vielen Dank für die Blumen“ – Moment mal, Blumen? Blume? Wurde uns da nicht kürzlich ein gleichnamiges Gasthaus im Kinzigtal empfohlen? Richtig, Mosers Blume in Haslach-Schnellingen.
Flugs mal online Appetit holen und Tante Google fragen – aber die Website der Blume geizt mit einer Speisekarte. Wir erfahren zumindest, dass der Chef persönlich kocht, saisonale Produkte aus dem Ort verwendet und die Gäste ganz besonders die hausgemachten Kroketten lieben. Wann haben wir die zuletzt gegessen? Keine Ahnung! Udo Jürgens war damals aber noch quickfidel. Zeit für ein Revival, Vorhang auf, ab nach Haslach!
Was die Website schon erahnen ließ, „instagrammable“ ist die Blume nur bedingt, dafür an diesem Dienstagabend gut besucht von Gästen, die zum Großteil keinen Instagram-Account besitzen, dafür rustikales Schwarzwald-Ambiente schätzen.
Draußen herbstet es bereits, vermutlich deswegen gibt’s das Sommermenü für sehr geldbeutelfreundliche 38 Euro. Die sympathische Bedienung lässt sich auch durch unsere Nachfragen und Zusatzbestellungen nicht aus der Ruhe bringen, im Gegenteil, freundlich lächelnd wird unserem Wunsch nach einem zusätzlichen Zwischengang entsprochen: „Rindfleisch mit Meerrettich. Zum Teilen. Bitte ohne Kartoffeln und Salat, dazu aber vielleicht noch ein Probierportiönchen der vielgepriesenen frittierten Röllchen aus Kartoffelbrei – aka Kroketten!
Der Gruß aus der Küche erfreut mit süßsauer eingelegtem Kürbis, Bündnerfleisch und Feldsalat. Unbadisch geht es weiter mit „Lachstatar auf Wakame-Salat“, wobei der marinierte Hackepetersalm nicht kalt daherkam, sondern kurz und scharf angebraten, dadurch nicht weniger wohlschmeckend und einen schönen Gegenpol zur kühlen Eleganz der Sesam- Koriander-Algen bildet. Geschmacklich eher überflüssig: die Kirschtomaten und der erneute Kürbis, der roh und dünn gehobelt vielleicht besser gepasst hätte? Es folgt die Extrawurst (Rindfleisch mit Meerrettich), deren Duft abrupt unseren Redeschwall stoppt und für vermehrten Speichelfluss sorgt, so schlotzig lecker ist dieses klassische Gericht! Der Ortenauer Wasabi kitzelt schön in der Nase, das zarte Fleisch zergeht auf der Zunge und die Soße ist so rund abgeschmeckt, wie es eigentlich nur eine badische Oma kann – herrlich!
Aber es geht noch besser: Den Hirschrücken des Hauptgerichts kann man nicht perfekter rosa braten, sehr reduziert gewürzt, was den Eigengeschmack des heimischen Wilds wohltuend betont, getoppt von einer erdig feinen Steinpilzkruste. Den Brokkoli hätte es nicht gebraucht, dafür überzeugen die von Hand gerollten und in Butterschmalz gebratenen Schupfnudeln. Die zusätzlich bestellten Kroketten erweisen sich tatsächlich als heimliche Stars: weder fettig noch pampig, sondern leichte Luftkartoffelboote, wie aus Wolken gemacht! Wir sind pappsatt, verzichten aber nicht auf den süßen Abschluss: cremiges Macadamia-Eis und hausgemachte Crème Brûlée mit Tonkabohne – mmh, oder um es mit Udo Jürgens zu sagen: „Vielen Dank für die Blume(n)! Vielen Dank, wie lieb von Diiiiiiiiir!“