Magsch ein Ä kaufe?

Heißt es eigentlich der Wald, auch wenn darin nur die Tanne wächst? Gibt es Hühner-Innen-Filets auch von Hähnen? Unser Kolumnist hat so seine Schwierigkeiten, wenn er Sterne sieht und Sprache gegendert wird. Kein Wunder, dass er sich im Schwarzwald wohler fühlt als in Berl*in …

Text: Ulf Tietge

Wie war das Fest? Klassisch mit bärtigem Weihnachtsmann oder gab’s die Geschenke bei Euch diesmal auch von einer durchgegenderten Jahresendfigur (m/w/d) mit rotem Mäntele? Wenn ja, dann wäre das jetzt vielleicht der richtige Moment, diese Kolumne beiseitezulegen, denn gendern werde ich sicher nicht …

Im Gegenteil. Ich freue mich, wenn am 6. Januar drei klassische Könige von Haustür zu Haustür ziehen und Menschen Glück fürs neue Jahr wünschen. Jetzt kann man mir gern vorwerfen, das sei doch von gestern, gar nicht mehr zeitgemäß, eindeutig christlich, total konservativ, und wer braucht schon Könige in einer Demokratie – aber ist das wirklich die Meinung der Mehrheit in diesem Land? Müssen wir unsere Sprache wirklich mit Gendersternchen und Wunsch-Pronomen verkomplizieren und uns von möglichst vielen Traditionen des christlichen Abendlands verabschieden?

Die Franzosen sagen: nein. Sprache ist ein Kulturgut, heißt es westlich vom Rhein, wo es völlig in Ordnung ist, wenn man elsässisch schwätzt oder französisch parliert. Bei uns im Ländle hat eine Bürgerinitiative gegen das Gendern auch schon viele tausend Stimmen gesammelt und in Hessen wie in Bayern ist das Thema in den Landtagen. Ändre dich, doch gender nich’ …

In Berl*in wird das vermutlich noch dauern. Und wenn man ehrlich ist: Ein bisschen lustig ist es ja schon, wenn der eine oder andere Zeitgenosse versucht, sein herrenloses Damenfahrrad zu gendern. Und wo wir schon bei den grammatikalischen Feinheiten sind, die sich aus dem Unterschied zwischen tatsächlichem, gefühltem und grammatikalischem Geschlecht ergeben und mit denen man lustige Gesellschaften ganz schnell entzweien kann: Heißt es eigentlich der Wald, auch wenn darin nur die Tanne wächst? Gibt es Hühner-Innen-Filets auch von Hähnen? Stimmt es, dass in den Märchen der Brüder Grimm auch eine Gästin ihren Auftritt hatte?

Richtig putzig wird’s, wenn man versucht, den Sterneregen in Behördendeutsch und Schulsprech mal Menschen aus dem Ausland zu erklären. Deutsch ist ja eh so eine einfache Sprache (finden die Finnen), und warum soll man es anderen auch einfach machen, uns zu verstehen? Wir verstehen uns mitunter ja selbst nicht mehr.

Wenigstens ist im Schwarzwald und im Alemannischen die Welt noch in Ordnung. Da gibt’s ihm sins und ihrs, dMänna wie dWieba, vahierotete und selli mit de rote Bolle. Mir henn Buhre, de Bäcka, de Metzga und Kerli, die zu de Fasent Hexe sin. Und mir henn ä Buchstabe als Artikel, effektiver gohts net. Auch im hinterschte Deil vom Glodderdal gibt’s Ärzte und Ärztinnen, des wisse mir sitta Schwarzwaldklinik und dem Dr. Wussow, au wenn i wette miast: Wenn die Serie neu aufglegt wird, isch de Chefarzt ä Frau. Wär ja au mol cool.

Ich habe neulich übrigens meine Frau gefragt, was ich denn wirklich tun könne, um sie in Sachen Gleichberechtigung zu unterstützen. „D’Wäsch“, hat sie gesagt. „Und danach d’Küch.“

#heimat Schwarzwald Ausgabe 42 (1/2024)

Die erste #heimat für 2024 ist da! In dieser Ausgabe haben wir uns passend zur frostigen Jahreszeit auf die Suche nach Schnee gemacht – und wurden fündig! Unser Autor Pascal zum Beispiel war mit dem Pistenbully rund um Bernau unterwegs und Sophie lieferte sich beim traditionellen Fassdaubenrennen in Bad Wildbad eine wilde Abfahrt. Wo 2024 sonst noch Remmidemmi ist, haben wir euch in einem Jahresüberblick mit den #heimat Veranstaltungskalender zusammengefasst. Ach, und gutes Essen und Trinken darf natürlich auch nicht fehlen: mit Rezepten zu neu interpretiertem Wintergemüse und Cocktails ganz ohne Alkohol! 

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