Simon & Garfunkel, Kruder & Dorfmeister, Tom & Jerry: Zwei sind definitiv mehr als einer und können die Welt rocken – wenn sie es miteinander aushalten. Die Winzer Enderle & Moll sind drauf und dran, big in Baden zu werden. Warum? Weil sie anders sind …
Ettenheim Hills
Sven Enderle und Florian Moll sind zwei, die nicht schwafeln, sondern machen. Die beiden wagen Neues, zum Beispiel Orange Wine, aber dazu später mehr. Sven und Florian haben bei sehr guten Winzern in Südbaden ihr Geschäft gelernt, gearbeitet und sind unabhängig voneinander zum biologischen Weinbau gekommen. Seit 2007 machen sie als Winzer gemeinsame Sache und nehmen so einiges in Kauf, damit der Wein so wird, wie sie ihn sich vorstellen. Da alles noch sehr klein ist und im Aufbau war, haben sie lange Zeit nebenbei als Lagerist und Postler gejobbt, um über die Runden zu kommen. Ihr Weinkeller ist eine ehemalige Obsthalle in den „Hills“ von Ettenheim im Ortenaukreis, die aber weinrechtlich zum Breisgau gehören. Am Stahltor hängt ein Kalender von 2018, an der Wand einer von 2017. Spinnhudeln haben sich breitgemacht, Gummistiefel stehen herum, Holzfässer, Stahltanks. Auf den Fässern steht mit Kreide geschrieben: Kirche, Bruno, Mayer oder Manfred. Was dahintersteckt? Die Lösung ist einfach. Das eine Rebstück liegt bei der Kirche, die anderen Parzellen gehören oder haben Mayer oder Manfred gehört. Gibt es auch ein Rebmesser oder anderes für Winzer typisches Werkzeug? Zumindest auf ihrem typischen Weinetikett findet sich neben dem Spruch „Rien sans peine“ eines. „Wenn man etwas erreichen will, muss man durch ein Tal hindurchgehen“, erklärt Florian Moll den Spruch, den man auch mit „ohne Fleiß kein Preis“ übersetzen könnte. Zudem bezieht er sich (Peine bedeutet auch Mühe) auf die Rebe. Der tut es nicht gut, wenn sie Wasser und Nährstoffe auf dem Silbertablett serviert bekommt. „Eine Rebe muss sich anstrengen“, sagen die badischen Winzer.
Inspiration aus Frankreich
Frankreich ist für das Duo eine Quelle der Inspiration. Von französischen Winzern kaufen sie direkt ihre Fässer. Direkt ab Hof, um sicher zu gehen, dass alles passt. Die Qualität sei fantastisch! Sie staunen auch über die französische Art Wein zu machen. In Deutschland g be es für jeden Arbeitsschritt ein Werkzeug oder eine Maschine, in Frankreich nicht. Trotzdem sind die Weine in Frankreich sehr gut. In Deutschland hingegen würde das millionenschwere Ger t nicht zwingend zu den Ergebnissen führen, die man erwarten könnte. Aber dann kommt noch mal ein Rückzieher. So ganz auf die französische Schiene fahren sie nicht ab. Sie machen ihr eigenes Ding. Punkt. Sven Enderle, der ausschaut wie ein Techno-DJ und Florian Moll, den man auch für „Herr der Ringe“ Teil 4 casten könnte, sagen: „Wir wollen lieber unsere Freiheit.“ Dass es damit in Deutschland nicht ganz so einfach ist, haben sie bei ihrem ersten Jahrgang (2008) gemerkt. Für die amtliche Qualitätsprüfung in Freiburg hatten sie einen Roséwein eingestellt. Kleines Problem: Die Farbe war nicht ganz astrein. Also bekamen sie einen Zettel mit der Anleitung für einen sortenreinen Rosé. „Hätten wir alles gemacht, dann wäre der Geschmack verloren gegangen.“ Seitdem schreiben sie nicht Qualitätswein aufs Etikett, sondern „Landwein“ und haben damit alle Freiheiten. Der Kenner und Insider weiß , auch Landweine können lecker sein. Sehr sogar!
Orange Wine
Mittlerweile gelten sie als die Spezialisten in Sachen Orange Wine. Orange Wine – das ist ein Wei wein, der wie Rotwein gemacht wird und nicht wie ein typischer Wei wein ausschaut oder auch schmeckt, sondern orange schimmert. Gerade bei jungen Weintrinkern sind solche Exoten derzeit angesagt. Aber ist das überhaupt hier echter Orange Wine bei Enderle & Moll? Jein, müsste man sagen. Das Duo lässt ihre Weine vier bis sieben Tage auf der Maische, bevor er filtriert wird. Das ist viel länger als beim herkömmlichen Wein, aber für einen Orange Wine etwas zu kurz. Warum ein Sonderweg vom Sonderweg? „Die Weine werden schlanker, feiner, eleganter“, erklärt Florian seine Philosophie. Würden sie den Most länger mit den Schalen gären lassen, bekämen sie Weine, die cremiger, breiter, oxidativer und damit am Ende schwerer wären. Das wollen sie nicht. Und was ist mit Bio? „Im Grunde arbeiten wir wie ein Bio-Weingut, aber wir wollen nicht mit dem Label werben“, sagt Florian. Denn auch das schränke die Freiheit ein. Halten wir also fest: Enderle & Moll verehren die französische Art der Winzerei, haben aber deutsche Trauben, sie machen Orange Wine, aber nicht ganz oder nur fast, sie machen Bio, aber ohne Siegel. Was sie definitiv haben, ist Leidenschaft. Und was sie brauchen, sind alte Fässer, Spindelpresse und Rebmesser. Ansonsten machen die Wein-Revoluzzer eben lieber, was sie denken. Das Vergnügen hat am Ende der Weintrinker…