Die badische Toskana

Ob vom Acker oder aus dem Gewächshaus: Bei Piluweri geht was. Jede Woche werden 4000 Salate geerntet, dazu Gurken, Tomaten und Co. – in Bioqualität 

Text: Pascal Cames · Fotos: Baschi Bender

Das ganze Markgräflerland baut Obst und Wein an. Das ganze? Nein, eine nicht ganz so kleine Gärtnerei in Hügelheim bei Müllheim kultiviert Tomaten, Bohnen, Brokkoli und vieles mehr. Sie züchtet auch alte Sorten, hegt und pflegt eigene Züchtungen, hält Tiere, fährt Bio-Kisten aus und vieles mehr. 

Die große Ausnahme  

Piluweri? Der Name könnte aus Italien stammen, was gut zur „badischen Toskana“ passen würde, wie das Markgräflerland auch genannt wird. Dieser Landstreifen zwischen Basel und Freiburg, zwischen Rhein und Schwarzwald ist ein klassisches Obstland. Und dort, wo’s ein bisschen steiler wird in der Vorbergzone, wächst der Gutedel in rauen Mengen, die älteste Kulturrebsorte der Welt. Horst Ritter, einer der vier Gründer und Chefs von Piluweri, kennt das Vorurteil, das seiner Heimat anklebt. Der Weinberg mit Rebhäuschen vor seiner Nase ist ja nicht zu übersehen. Die nächsten Obstbäume sind auch nicht weit. Aber wenn er sich umdreht, schaut er auf ein Holzhaus, eine Scheune, einen Nussbaum mit Hängematte, Sitzplätze und Feuerstelle und viele Glashäuser, die ganz akkurat in der Landschaft stehen. Im Hintergrund sieht man vor einer Staubwolke einen Traktor. Ja, es ist heiß geworden, heiß und trocken, und darum ist Staub in der Luft und liegen die vielen grünen Felder etwas blass in der Landschaft.  

Eine Idee trägt Früchte  

„Das Wasser fehlt“, sagt Horst Ritter. Wer 40 Hektar Fläche zu bewirtschaften hat, für den ist das ein Problem. Aber sie kriegen es bislang noch gut hin. Piluweri, man ahnt es schon, ist nicht der Name eines italienischen Barons, der hier seine Ländereien hat. Piluweri sind nur die Anfangsbuchstaben jener, die vor 25 Jahren das Unternehmen gegründet haben. Diese vier Leutchen haben Mitte der 1990er-Jahre das gemacht, was heute überall gepredigt wird. Sie haben ihre soziale Intelligenz genutzt für eine wirklich starke Idee. Zwei der vier waren mit ihren Gärtnereien in Dörfern. Aber es war zu eng im Ortskern. Zudem waren die vier auch noch Konkurrenten und Flächen fehlten allen … Also haben sie sich zusammengetan, Piluweri gegründet, Flächen gepachtet oder gekauft und sich vergrößert. Stück für Stück, Jahr für Jahr. Damals waren es acht Hektar und acht Mitarbeiter. Heute sind es 40 Hektar, die 70 Leuten Lohn und Brot geben und ein Hektar ist unter Glas oder Folie. Man beliefert Märkte, Geschäfte und Privatkunden mit Biokisten. 

Eine Philosophie, die verbindet 

Die vier Gründer sind immer noch dabei. Einmal die Woche trifft man sich für eine Besprechung, das Miteinander ist kollegial, man isst zusammen und dann gibt es noch die Philosophie, die verbindet und trägt. Piluweri arbeitet nach den Prinzipien von Rudolf Steiner, wie sie heute für Demeter gelten. „Das ist bestimmt ein Grund, warum es bei uns gut läuft“, sagt Horst Ritter. Der andere Grund ist die Sorgfalt. „Wenn man es gut macht, hat man immer weniger Probleme“, sagt Horst Ritter. Das Gutmachen, zeigt sich an jeder Stelle – und schon in der Züchtung von Saatgut. „Saatgut ist ein Kulturgut“, sagt Horst Ritter. 

Damit bei Piluweri etwas wächst – wir sprechen von fast 70 Sorten Gemüse – braucht es einen guten Boden. Die Leute dort sprechen von einem Ökosystem. Damit dieser Boden gut bleibt, tun sie so einiges. Piluweri hält sich dafür eine Rinderherde (nur für den Mist!) und bekommt Schnittgut aus Naturschutzflächen sowie Trester vom Fruchtsaftproduzenten Jacoby. Zudem düngen sie mit Hornpräparaten und dynamisieren Brennnesseltees dadurch, dass sie diese Flüssigkeiten mit einer Art Paddel umrühren. „Der Mensch soll sich mit seiner Energie einbringen.“ Das muss man von Hand machen. Die Gärtnerei züchtet mittlerweile ihr eigenes Saatgut, hat eigene Sorten und ist sehr darauf bedacht, dass das Gemüse wirklich eins a ausschaut. Wer „wie aus Holland“ sagt und meint, dass die Paprika, Tomaten und Gurken absolut knackig, mit toller Farbe und überhaupt makellos ausschauen, erntet ein Lächeln. Genau so soll es sein. „Die Zeiten sind vorbei, dass nur eine schrumplige Möhre eine Biomöhre ist“, sagt Horst Ritter. Das Gemüse müsse zügig wachsen und zart schmecken, sagt er. Was irgendwo eine Delle hat, kommt zu den „Unperfekten“ in den Hofladen.  Die „Perfekten“ findet man auf dem Freiburger Münstermarkt, in der Gastronomie, in Biomärkten oder wird nach Hause geliefert. Jede Woche verlassen 1100 Biokisten die Gärtnerei. 

Räuber gegen Schädlinge  

Andere Betriebe müssen Mittel spritzen, damit dieses oder jenes wächst oder nicht wächst, damit Milben, Käfer oder Spinnen draußen bleiben oder sich erst gar nicht breitmachen können. Hier läuft’s anders, wie Horst Ritter zeigt. Im Tomatengewächshaus steht ein Mitarbeiter und legt helle Papierstreifen auf die Blätter des Tomatenstrauchs. Nur das geübte Auge erkennt darauf kleine, rötliche, sich bewegende Punkte. Es handelt sich um Raubmilben, die eigens dafür gezüchtet werden, Spinnmilben zu fressen, die sonst den Tomatenstrauch schädigen würden. Die Tica-Tomaten sehen wunderbar aus. Auch mal probieren? Ja, gerne! Und sie schmecken genauso lecker, wie sie ausschauen. Mittlerweile haben sie mehr als ein Dutzend Sorten Tomaten, die von Monat zu Monat immer besser schmecken. Vor 25 Jahren wuchs viel anderes Gemüse auf dem Acker, beispielsweise mehr Rot- und Weißkohl. Aber dafür sind die Böden zu steinig und mittlerweile auch zu trocken. Zudem hat sich der Geschmack geändert, die Leute mögen jetzt lieber Brokkoli, Zucchini oder Fenchel.  Wie in der echten Toskana auch. Piluweri, sind das nicht Italiener?

Piluweri

Am Stockacker 1, 79379 Müllheim-Hügelheim
Hofverkauf: Dienstag und Freitag, 16 bis 18.30 Uhr, am Samstag von 9–13 Uhr
www.piluweri.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 22 (5/2020)

Der Schwarzwald ist ein Paradies für Mountainbiker. Für Anfänger und Profis hat es bei uns Strecken, bei denen einem nicht nur vor Anstrengung die Spucke wegbleibt! Und wenn Euch nach einer Tour dann der Hunger plagt: Dann hätten wir leckere Apfelgerichte für Euch. 

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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