Gibt es zum kleinen Grenzverkehr Zahlen? Zu Berufspendlern bestimmt. Aber wie steht es mit Tagesausflüglern oder Touristen? Und gibt es das in nennenswerter Zahl, den Urlaub beim Nachbarn?
Scherer: Zunächst einmal haben wir zwischen Baden und dem Elsass an die 24 000 Pendler jeden Tag, darunter 23 000 Berufspendler vom Elsass nach Baden und etwa 1000 in die andere Richtung. Was die Touristen angeht, wissen wir wenig über Tagesausflüge. Bei den Übernachtungen im Schwarzwald machen die Franzosen nur elf Prozent aus. Das liegt aber daran, dass Gäste aus dem Nahraum in der Regel keine Übernachtung brauchen.
Bierry: Im Elsass haben wir aktuell mehr als 8,5 Millionen Übernachtungen, die größte Gästegruppe sind die Deutschen. Wir wissen aber nicht, woher genau diese deutschen Gäste kommen.
Mit dem Forum am Rhein ist ein neuer Treffpunkt entstanden, in dem nicht nur die deutsch-französische Kultur hochgehalten wird, sondern auch gemeinsam badisch-elsässisch geschlemmt werden darf. Wie wichtig sind solche Einrichtungen?
Scherer: Man sieht ja am Zulauf, dass die Menschen solche Leuchttürme brauchen. Sie zeigen als Vorbilder, dass sich noch etwas bewegen kann in unserem grenzüberschreitenden Raum.
Bierry: Natürlich sind solche Institutionen wichtig – nicht nur für die Zweisprachigkeit, sondern viel mehr noch für unsere gemeinsame Kultur, die uns verbindet. Es ist wichtig, diese Verbindung sichtbar zu machen. Wir haben kürzlich in einer Studie festgestellt, dass sich die Jugendlichen in der Region zugehörig zu ihrem Land fühlen, zum Oberrhein aber noch nicht. Da helfen solche Einrichtungen hoffentlich für die Zukunft.
Apropos Genuss. Was schätzen Sie an der jeweiligen Küche auf der anderen Rheinseite?
Bierry: Mir ist es gar nicht immer bewusst, wenn ich über den Rhein gehe – mal esse ich elsässisch, mal badisch, gestern zum Beispiel Schwarzwälder Kirschtorte. Kulinarisch fühle ich mich auf beiden Seiten zu Hause.
Scherer: Vieles ist hüben und drüben wirklich ähnlich gut, auch der Wein. Aber wenn ich etwas besser auf der elsässischen Seite essen kann, dann ist das der Käse. Schinken ist dafür bei uns besser.
Stichwort Wein: Ist man da Kollege oder Konkurrent?
Scherer: Zumindest kennt man sich ganz gut untereinander. Und von Konkurrenz würde ich nicht sprechen, eher von einem spannenden partnerschaftlichen Miteinander.
Bierry: Dank des Klimawandels könnte die Entwicklung sogar irgendwann so sein, dass die Weinreben in Deutschland irgendwann besser gedeihen werden als in Frankreich.
Wäre es dann nicht auch eine Möglichkeit, beispielsweise zum Ortenauer Weinfest auch elsässische Winzer einzuladen und andersrum?
Scherer: Wir haben schon Verkostungen von Weinen beider Seiten gemacht – aber eher im privaten Rahmen. Man könnte natürlich auch das Thema über die Vermarktung überregional angehen: sich als eine gemeinsame Region mit verschiedenen Geschmäckern darstellen. Aber ehrlich gesagt: Wir sehen ja schon, wie schwierig es allein bei der badischen Weinwerbung ist, alle unter einen Hut zu bekommen …
Bierry: … und das Gleiche gilt für Haut-Rhin und Bas-Rhin. Man muss auch sehen: Jeder möchte seine Besonderheiten behalten. Aber auf internationaler Ebene könnte man sich durchaus zusammentun. Die Technologieregion Karlsruhe und das Bas-Rhin haben sich zum Beispiel als Wirtschaftsstandort zusammengeschlossen.
Welches Restaurant oder welche Spezialität würden Sie sich gegenseitig empfehlen?
Scherer: Ich glaube: Ein Restaurant, wo man montags schlachtfrische saure Leberle und Nierle kriegen kann.
Bierry: Und ich glaube, ich würde Sauerkraut mit Fisch vorschlagen. Vielleicht im Maison Kammerzell oder in Obernai?
Wo wir schon beim Thema sind: Wer macht das bessere Sauerkraut?
Scherer: Die Franzosen.
Bierry: Das mag sein. Aber wenn ich an Würste und so denke, dann sind die Einlagen in Deutschland besser.
Wo leben mehr Störche?
Scherer: Bei uns, weil hier auch mehr Kinder geboren werden.
Bierry: Ich hatte Angst, die Störche würden ganz verschwinden. Jetzt sieht man aber zum Glück wieder mehr.
Wer hat das bessere Brot?
Scherer: Baguette ist drüben eindeutig besser. Beim dunklen Brot: weder noch. Da bleibt meine alte Heimat führend.
Bierry: Mein Opa war Bäcker – also muss ich antworten: das französische.
Das bessere Bier?
Scherer: Das haben wir. Nicht nur wegen des Reinheitsgebots!
Bierry: Dazu kann ich nichts sagen, denn ich trinke aus gesundheitlichen Gründen kein Bier.
Und wer wird Fußball-Europameister?
Scherer: Deutschland. Ihr seid Welt- und wir werden Europameister.
Bierry: Nicht einverstanden. Frankreich. Von mir aus aber gewinnen wir ganz knapp gegen Deutschland im Finale.