Zum Niederknien lecker

Der Waldfrieden von Familie Hupfer ist längst kein Geheimtipp mehr – aber nach dem Umbau der Gaststube jetzt noch ein bisschen schöner!

Text: Ulf Tietge

Herrenschwand ist schon eine der eher versteckten Perlen des Hochschwarzwalds. Selbst von Todtnau aus sind es noch fast 15 Minuten Fahrt in den abgelegenen Ortsteil. Vorbei am Präger Gletscherkessel geht es zum Haus Waldfrieden von Familie Hupfer. Im vielfach architektonisch ausgezeichneten Spa-Haus kann man wunderbar übernachten und wellnessen – doch wir bleiben erstmal angezogen und sind gespannt, wie es denn schmeckt, wenn überm Haus ein grüner Stern strahlt, der Chef seit Jahren eine Haube hat und seit acht Jahren der Bib Gourmand vom Michelin tolle Küche zu sehr fairen Preisen verspricht. Dass dafür in Herrenschwand auf 14 Häuser acht Köche kommen – bei dieser Quote kann nicht mal Baiersbronn mithalten.

Hafenrundfahrt im Hochschwarzwald

Erstmal aber: Hui! Die Hupfers haben ihre hintere Gaststube Ende 2022 komplett renoviert. Hell, freundlich, mit viel Weißtanne – sehr schon. „Herzlich willkommen!“, begrüßt uns Seniorchefin Irmgard Hupfer und führt uns nach nebenan zu unserem Tisch im Herrgottswinkel, den ein großer Kachelofen wohlig warm hält. Bei aller Gemütlichkeit: Sich zwischen den vielen regionalen Köstlichkeiten auf der Karte zu entscheiden, ist gar nicht so einfach, außer man wählt gleich das Menü. Sechs Gänge mit Weinbegleitung für 84 Euro? Mehr als fair, würde ich sagen und extrem vielversprechend. Also los! Dann nehmen wir doch zweimal die große Hafenrundfahrt, einmal mit und einmal ohne Fleisch, denn vegetarisch soll’s der Volker ja auch draufhaben.

Die Küche grüßt mit einem Wasabi-Süppchen, zu dem Flexitarier vom Saibling eine Kostprobe Tatar und eine kleine Schnitte bekommen, während es bei Veggies eine Scheibe rote Bete und einen kross gebratenen Austernseitling gibt. Lecker! Der nächste Gang aber haut uns richtig um: knackiger Feldsalat mit Kracherle, Trüffel, Käsespänen und gebratener Jakobsmuschel. Wow! Was für eine geniale Kombination. Wenn ich jemals eine Henkersmahlzeit bestellen müsste: Genau das würde ich ordern! Dass wir noch Brot bestellen, um auch den letzten Tropfen Dressing vom Teller zu wischen, lässt unsere freundliche Bedienung dann aber doch ein wenig schmunzeln.

Nächster Gang: Eine feine Tomaten-Essenz für die fleischfreie Fraktion und eine Steinpilzconsommé mit Scheiben vom rosa gebratenen Rehrücken für die Jäger und Sammler unter uns. Die Suppe wird dampfend heiß am Tisch aufgegossen. Eine Minute darf man dann staunend zusehen, wie die Consommé mit der Einlage zusammenfindet, ehe es kulinarisch erneut auf Wolke 7 geht. Beeindruckend. Wenn es in jedem Restaurant mit dem grünen Stern für Nachhaltigkeit so schmeckt – ich wüsste nicht, warum ich je wieder anderswo einkehren sollte.

Im nächsten Gang begegnet uns das Reh wieder. Die Küche weiß, dass meine Partnerin keine echte Vegetarierin ist, sondern einfach aus Neugier die fleischfreie Variation gewählt hat. Daher gibt’s für beide als kleines Extra noch einen Gruß aus der Küche: ein Stück Filet vom Herrenschwander Reh, gestern erst geschossen, mit einer feinen Ravioli nebst großartiger Jus. Wieder ein Volltreffer! Wen verlangt es da noch nach Hautgout?

Eine Spur bodenständiger geht es weiter. Das Entrecôte vom Hinterwälder Rind mit Kartoffelgratin und frischem Gemüse ist gut, aber das kriegt man in anderen Häusern auch so hin. Zur Nachspeise serviert die Küche ein buntes Allerlei mit Brombeer-Sorbet, weißer und dunkler Mousse sowie kleine Meringe und als Abschluss einen wiederum sehr guten Käseteller, der bekanntlich den Magen schließt.

Fazit: absolut empfehlenswert!

Also nichts zu meckern? Fast. Denn Küche und Service sind überragend, die Weinbegleitung aber eher durchschnittlich. Mag am (viel zu günstigen) Preis liegen, ist aber vielleicht ein Detail, über das man noch einmal nachdenken könnte. Wir für unseren Teil hätten uns jedenfalls gut vorstellen können, dass es einen noch besseren Begleiter zur Jakobsmuschel gibt als den zugegebenermaßen sehr ordentlichen Müller. Das aber ist dann wirklich schon Jammern auf allerhöchstem Niveau.

Feinste Schwarzwälder Naturparkküche

Der Waldfrieden
www.derwaldfrieden.de
Telefon: 0 76 74 / 9 20 93-0
Dorfstraße 8 · Todtnau
Geöffnet: Mittwoch–Montag

#heimat Schwarzwald Ausgabe 37 (2/2023)

Lust auf eine #heimat, die nur so strotzt vor Frühlingsgefühlen? Dann freut Euch in dieser Ausgabe auf (außergewöhnliche!) Urlaubstipps vor unserer Haustür, Next Level Vesper, Freudenstadt von einer völlig neuen Seite, das perfekte Datschkuchen-Rezept, einen Schwarzwald zum Verlieben und vieles mehr!

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

Carolin Weisser

Kommt eine Sächsin ins Ländle

Unserer Autorin Carolin ist ein absolutes Multitalent in Sachen Sprachen! Naja, oder sagen wir besser: Dialekten. Weil sie schon viel rumkam, kann sie...
Badens beste Weine

Finalisten für badischen Weinwettbewerb stehen fest

Trinken für den guten Zweck! Bei der Vorverkostung zum Weinaward Badens beste Weine wurden neue Highlights und altbewährte Klassiker nominiert. Am 6. ...
Schwätze, wie de Schnabbel gwachse isch!

Die Dialektretter

Günter Kramer und Reinhard Valenta retten die Mundart ihrer Heimatstadt Wehr. Gut so – denn die ist im Schwarzwald einmalig
Gemeinsam in die Pedale treten!

Stadtradeln geht in die nächste Runde

Der bundesweite Wettbewerb Stadtradeln ist gut für die Fitness und fürs Klima. Im Mai gehts endlich wieder los!
... Restaurants Zum Niederknien lecker