Samstag, gegen ein Uhr ...
Über zwei Stunden sind wir von Offenburg nach Grafenhausen gefahren. In Freiburg roch es noch nach Frühling, im Höllental begrüßte uns Frau Holle mit weißen Flocken. Am Titisee und Schluchsee vorbei zum Schlüchtsee wurde es immer winterlicher. Das ist schon eine Besonderheit des Schwarzwalds, dass man einfach so zwischen den Jahreszeiten hin und her wechseln kann. Meine liebe Frau Susanne hat zusehends Respekt vor der Kälte, Sohn Julian dagegen nimmt’s stoisch. Wird schon gut werden im Outback. Auch wenn es kein WLAN gibt und sicher auch keine Steckdose, um das Handy zu laden …
Samstag, halb zwei
So langsam haben wir alle kennengelernt. Zum Beispiel Angela, das Freiburger Bobbele. Sie wohnt hier oben am Schluchsee, liebt die Stille die Natur und das Draußensein. Im Sommer ist sie am liebsten mit dem Kanadier unterwegs, diesen offenen Kanus, in denen man zum Paddeln sitzt oder steht. Ihr Mann Uwe ist dann dabei, ein Zelt im Boot, und abends wird auf einer Sandbank campiert. „Am offenen Feuer etwas Leckeres kochen, das ist doch einfach herrlich“, sagt Angela und guckt mich ein bisschen irritiert an. Wie kann man nur wissen wollen, was am Campen so reizvoll sei … Was für eine merkwürdige Frage!
Während ich noch mit Angela rede, kommt Rainer dazu. Auch so einer mit Schwedenerfahrung, für den der Schwarzwald eine Art Ersatzdroge ist. Mit Rainer darf ich das Zelt aufbauen, das Benny für uns bereitgestellt hat. Benny ist der Dealer hier oben. Er versorgt die Gemeinschaft mit allem, was dem Wintercamper lieb und teuer ist: Kochstellen und gusseiserne Töpfe zum Beispiel, Schornsteine für den Ofen im Zelt, mobile Solaranlagen, Spezialholzkohle, die man mit Wasser löschen und wieder anzünden könnte, und sogar Saunazelte. Bei seiner Firma Öventura gibt es offenbar alles, was man für den Outdoor-Spaß so braucht und über das man am Lagerfeuer stundenlang fachsimpeln kann. Ich mein: Ist doch klar, dass man je nach Bodenbeschaffenheit verschiedene Heringe für sein Tipi braucht, oder?
Kurz nach zwei …
Unser Zelt steht. Ging viel einfacher als gedacht. Nur kurz ein ebenes Stück Gelände finden, dann den kreisrunden Zeltboden ausbreiten und festhalten. Mit Schnur und Schablone werden die Heringe gesetzt und schon geht’s ans Aufrichten vom Zelt. Eine einzige Stange braucht es dafür. Zack! Zelt steht! Schnell in die Heringe hängen, zwei Schwinger mit dem Hammer, fertig! Keine Ahnung, warum Winnetou immer mit einem ganzen Pferd voll Zeltstangen durch die Prärie zog – braucht’s doch gar nicht!
Während ich stolz wie Bolle, aber auch reichlich ungeschickt und alles andere als fotogen auf allen vieren rückwärts aus dem Zelt krabbele, um Schlafsäcke und Isomatten zu verteilen, reicht mir Rainer eine ganze Kiste voller Edelstahlrohre. „Das zuerst“, antwortet er auf meinen fragenden Blick. „Das gibt den Schornstein. Ohne Ofen werdet ihr die Nacht nicht aushalten.“
Also dann! Der Ofen ist kaum größer als ein amerikanisches Zeitungsrohr und steht auf drei dünnen Beinchen. Nicht so vertrauenerweckend, um ehrlich sein. Mit dem Kamin an der Zeltstange und oben durch die Schornsteinklappe der Zeltwand geschoben, sieht das schon ganz anders aus. Ein ausgeklügeltes System! Echt clever! Aus Sicherheitsgründen gibt es noch einen Kohlenmonoxid-Melder dazu und so kann die Nacht kommen.
Gegen halb fünf …
Im Camp ist es ein bisschen wie auf Kreuzfahrt. Ständig gibt es was zu futtern. Der Rainer backt Waffeln überm offenen Feuer, Angela füllt ihren Dutch Oven für Spanisch Fricco mit Kartoffeln, Zwiebeln, Fleisch und Sahne, während mein Nachbar Olly schon mal den Flammlachs vorbereitet. Über offenem Feuer zu kochen ist eine Wissenschaft für sich, das wird schnell klar: Angela zeigt mir auf ihrem Handy Fotos von gefüllten Riesenchampignons, von Entenkeulen auf Rotkraut und ihren dekonstruierten Kohlrouladen aus dem Trapper-Topf. „Im Grunde geht alles. Man muss sich nur trauen!“