Eatrenalin: Lohnt es sich?

195 Euro für acht Gänge – nicht ganz günstig. Was man dafür im neuesten Restaurant beim Europa-Park geboten bekommt

Text: Ulf Tietge

Da stehen sie also. Die Floating Chairs. Bequeme, braune Ledersessel, montiert auf einer Badewannen-großen Stahlplatte. 320 Kilogramm wiegen die selbstfahrenden Schwebestühle, die aussehen, als habe man ein Box-Auto mit der Business-Class gemixt. Unsichtbare, lautlose Motoren werden uns gleich durch die elf Räume fahren, die im Eatrenalin, der neuen kulinarischen Erlebniswelt der Europa-Park-Macher in Rust, um die unsichtbare Küche herum angeordnet sind. Abfahrt!

Erste Station ist eine Unterwasserhöhle. Von der Decke hängt ein fünf Tonnen schwerer Fels wie ein Stalaktit herunter, die Wand ist eine einzige, riesige Projektionsfläche. Quallen tentakeln durchs Wasser, Sardinen schwärmen durchs Bild, Mantas segeln vorbei und es klingt nicht nur nach Meer – es riecht auch so! Passend dazu gibt’s als ersten Gang Sinnliches aus den Tiefen des Ozeans: Meeresfrüchte und Muscheln, Plankton und Champagner-Creme. So noch nie gegessen, aber sehr lecker! Davon könnte es doch jetzt Meer geben – aber schon fahren uns die schwebenden Sessel in den nächsten Raum …

Eatrenalin: hinter den Kulissen

Entworfen hat das Menü der spanische Küchenchef Pablo Montoro (früher El Bulli, bekannt für die Perfektion der Molekularküche), den Europa-Park-Geschäftsführer Thomas Mack aus Alicante geholt hat. Ein Spitzenkönner, keine Frage. Zum Start leitet er drei Monate lang  sein 40-köpfiges Team persönlich an, danach wird er pendeln. Drei Tage Rust, drei Tage Alicante.

Weltweit einzigartig? Noch!

Spätestens jetzt sollte man Eatrenalin ein bisschen einordnen. Das neue Restaurant neben dem Hotel Krønasår in Rust verbindet Fine Dining mit einem multisensorischen Erlebnis. Digitale Projektionen, Düfte und Geräusche, echte Schauspieler und künstliche Wesen: All das begleitet ein Menü, bei dem man hinterher gar nicht genau weiß, wie viele Gänge es waren. Acht? Oder doch zehn? 

Alle 20 Minuten startet aus der Champagner-Bar eine Gruppe. 16 Menschen auf 16 Stühlen, die sich immer wieder anders zusammenfinden. Über den ganzen Abend verteilt sind mit fünf Sesselflotten 192 Gäste möglich. Bei fünf Öffnungstagen (Do–Mo) und einem Menüpreis ab
195 Euro pro Person (mit Getränkebegleitung, wahlweise mit oder ohne Fleisch) relativieren sich auch die Investitionskosten. 

20 Millionen Euro haben die Familie Mack und die Marché International von Oliver Altherr investiert. Mit dem Geld entstanden das Restaurant samt digitaler Welt sowie eine Hotelerweiterung mit elf Boutique-Suiten und neuem Spa-Bereich. 

Eine mutige Investition? Ja. Auch hier im Badischen, unweit der Schweizer Grenze. Aber: Das Eatrenalin bietet ein Erlebnis, das es so kein zweites Mal gibt. Noch zumindest. Denn längst gibt es Anfragen. Von anderen Parks wie von Investoren aus dem Ausland. Dass man über Franchises in Singapur, New York oder Las Vegas nachdenkt, ist kein Geheimnis.

Meine Reise im schwebenden Sessel hat mich derweil durch die Arena of Taste nach Japan geführt. Im Umami gibt es ein tolles Dim Sum, ein Nigiri mit geröstetem Paprika und Sashimi in einer Grapefruit-Reduktion. Umwerfend gut! Perfekt temperierter Sake dazu und dann ein cremiges Chawanmushi (japanischer Eierstich) mit Steinpilzen und Salzpflaume: zum Reinlegen! Da man mit den Stäbchen doch nicht alles aus dem Schälchen kriegt, nehme ich die Finger, und siehe da: Auf einmal machen das die anderen auch!

Dass Meister Mitsuki dann den Gong schlägt, hat aber wohl nichts mit unseren Tischmanieren zu tun, sondern ist eher die Ouvertüre für die nächste Station. Es geht (samt Sessel) in einen Flugsimulator, durch einen Sonnensturm, auf die Oberfläche des Monds und zum Hauptgang. Rinderfilet aus irdischer Landwirtschaft in außerirdischer Kulisse. Perfekt gebraten, in essbare Silberfolie eingeschlagen (spooky!) und begleitet von schwarzem Brioche, schwarzer Butter und einer schönen Jus. 

Oliver Altherrs Worte fallen mir bei dieser Luxus-Version von Astronauten-Nahrung wieder ein und bringen mich zum Lächeln: „Wir sind in allererster Linie ein Restaurant. Aber eines, das seine Gäste wirklich überraschen und im Herzen erreichen will.“ 

Ob es sich lohnt? Aber ja!

Und genau das gelingt. Das Eatrenalin ist nicht dafür gedacht, abends mal schnell Schnitzel mit Pommes zu verdrücken. Dafür gibt es genug andere gute Adressen in der Region. Es wird auch Menschen geben, denen das Gesamtpaket zu viel ist. Zu viel Multimedia, zu viel Show, zu viel Beschallung. Und wer jetzt lieber ganz normal an einem Tisch sitzt und sich unterhalten will, für den ist Eatrenalin auch nicht das Richtige. 

Für alle anderen aber, für Entdecker und Neugierige, für Technik-Fans und begeisterungsfähige Menschen mit Freude an Fantastischem, ist Eatrenalin absolut empfehlenswert! Wer sich drauf einlässt, wird begeistert sein – und wiederkommen.

Außerdem wird man feststellen, wie viele Menschen einem genau diese Frage stellen: Wie war’s? Was sagst du? Und ich antworte dann: Geh selber! Es lohnt sich – und außerdem kannst du selbst dann auch mitreden …

 

Eatrenalin (€€€€)

Internationales Fine Dining 
Tickets (ab 195 Euro) gibt’s über die Website: www.eatrenalin.de 
Anfahrt: Roland-Mack-Ring 5, Rust
Geöffnet: Donnerstag–Montag 

#heimat Schwarzwald Ausgabe 36 (1/2023)

Seid ihr auch schon im Fasnachtsfieber? Wir freuen uns wie Bolle, dass dieses Jahr endlich wieder richtig gefeiert werden kann – und haben uns deshalb für die neue Ausgabe der #heimat schon mal in Schale geworfen. Wie es dabei zuging, seht ihr hier! Und wie ihr bei unserer großen Fasnachtsaktion „Narr der Woche“ mitmachen könnt, erfahrt ihr ab Donnerstag – dann gibt’s die neue #heimat überall am Kiosk. Narri narro!

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

Best of Langlauf!

5 Loipentipps im Hochschwarzwald

Langlaufen boomt! Immer mehr Menschen entdecken die Sportart auf zwei Brettle für sich. Aber wo gibts die besten Loipen im Hochschwarzwald?  
Abenteuer Langlauf

Lass laufen!

Langlauf macht fit und entschleunigt. Und wer’s noch nicht draufhat, kann’s ja lernen. Ein Erfahrungsbericht mit dünnen Brettern und Tennisbällen...
Der Adler, Neuenburg

Mit großen Flügeln

Familientradition trifft auf feinste Küche mit dem gewissen Etwas. Auch im Elsass ist das Restaurant längst kein Geheimtipp mehr
Die Sonne, Offenburg

Im neuen Glanz erstrahlt

Die Sonne strahlt wieder: Nach vier Jahren Pause hat das Offenburger Traditionslokal endlich wieder geöffnet. Wir verraten euch, wie es dort schmeckt!
... Restaurants Eatrenalin Erfahrungen