Was Günter da aus dreierlei Käse gezaubert hat, ist einfach unverschämt lecker. Dazu gibt es das Hausbrot, eine Entdeckung von Günters besserer Hälfte Christa. Sie hat beim örtlichen Bäcker ein feines Roggenbrot mit fluffiger Krume ausgemacht und befand dieses Werk der Bäckerkunst für würdig, ein ausgiebiges Käsebad in der Höhenluft zu nehmen. Außerdem hat sie kleine Fleischklößle gebraten und jede Menge frische Steinchampignons angerichtet.
„Normalerweise gibt es auch noch Brokkoli und Blumenkohl dazu“, erklärt Günter. „Aber bei euch dachten wir, dass wir darauf verzichten können.“ Unser Ruf als überwiegend fleischfressende Pflanzen eilt uns offensichtlich meilenweit voraus. Sogar bis auf 1000 Meter …
Ran an die Geräte
Dass Essen ein verbindendes Element ist, das wussten wir schon vorher. Aber das hier: Das ist wirklich speziell. Wir drängeln uns um den Topf. Zum einen, weil es von unten her so herrlich wärmt. Zum anderen, weil wir natürlich ziemlich neugierig sind. Und ein ganz kleines bisschen verfressen.
Unsere Gabeln sind bunt bestückt mit allem, was Christa serviert hat. „Klassischer Anfängerfehler“, lacht Günter. Das haben wir auch gerade bemerkt. Denn die guten Stücke versinken gemütlich im Käse. Knackige Ansagen machen die Runde. Das reicht von „Ey, das war meins“ über „Wieso steckt Deine Gabel in meinem Brot?“ bis hin zu einem leicht genervten „Könntest Du mir bitte mal den Pilz rüberschieben“ … Ja – an dem vorweihnachtlich liebevollen Miteinander müssen wir noch arbeiten …
„Runde! Ihr zahlt alle ’ne Runde“, tönt es von hinten wie im Chor. Klar, die Fondue-Laien auf den billigen Plätzen haben leicht reden. Die kommen ja erst noch dran …
Derweil lernen wir dazu: Gier ignorieren und mit viel Gefühl immer nur ein Teil im Fondue ziehen lassen. Dann mit ebenso viel Gefühl den Käse wie Spaghetti aufwickeln und – genießen. Von den gut 12 Litern Käsefondue ist am Ende nicht viel übrig. „Das ist normal“, sagt Christa. „Das sieht am Anfang nach so wahnsinnig viel aus, aber wenn man erst mal dabei ist …“
Günter und Christa haben Erfahrung: Gut 250 Gäste wurden seit 2016 in der Großen Tanne schon mit diesem Käsefondue beglückt. Tendenz: steigend. Gerade in der kalten Jahreszeit boomt das Geschäft. Es ist diese Mischung aus archaisch und gemütlich, die den Reiz ausmacht. Die urige Atmosphäre tut ihr Übriges. Tischmanieren? Haben wir, brauchen wir aber nicht!
Schweiz trifft Schwarzwald
Auf die Idee, etwas so Spezielles anzubieten, kam Günter nach einer Reise in die Schweiz, dem Mutter-land von Raclette und Käsefondue. Allerdings gab es die klassischen Caquelons, die typischen irdenen Töpfe, nicht in der passenden Größe. Günter wurde bei einem Besuch in einer Kneipe in Neusatz fündig. Dort entdeckte er einen Kessel und dachte sich: „Das ginge doch auch!“ Er behalf sich mit einem Emailletopf, der Wärme gut speichert und leitet und experimentierte ein bisschen mit den Käsesorten herum. „Normalerweise beziehe ich den benötigten Käse aus Österreich“, erklärt er. Aber für #heimat wollte er es dann doch lieber mal mit Allgäuer Bergkäse, Schnittkäse und Emmentaler probieren. Ergebnis: Bombe!
Praktischerweise bietet er mit dem Kirschwasser auch gleich ein Verdauerle an. Und wenn’ s mal gar nicht mehr geht, dann hat er auch noch gleich ein paar Schlafgelegenheiten parat. 31 Betten sind auf sieben ganz individuell eingerichtete Zimmer verteilt. Ländlich, romantisch, idyllisch. Einige alte Möbel hat er vor der Presse gerettet und aufwendig wieder hergerichtet. Vieles wurde neu angeschafft und sämtliche Bäder aufwendig renoviert. Die gute Stube ist Treffpunkt von Wanderern, Skifahrern und Motorradfahrern –
je nach Jahreszeit. Ruhepausen gönnt der Wirt sich nicht. Das läge auch nicht in seiner Natur. Christa zieht mit, sie ist Chefin in der Tannen-Küche und beglückt die Gäste mit typisch badischen Spezialitäten.
Die Einsamkeit oben am Berg stört die beiden nicht – im Gegenteil. „Ganz ehrlich: Es gibt Tage, da bringen wir mal eben 1000 Schnitzel und Würstle unter die Leute. Da sind wir froh, wenn wir dann mal unsere Ruhe haben“, meinen die zwei unisono.
Schicksalsmoment
Zum einen ist das Bewirtschaften der Großen Tanne harte Arbeit, zum anderen der ganze große Traum von Christa und Günter. „Und er fühlt sich bis heute gut an. Richtig gut“, sagt Günter fast schwärmerisch und erinnert sich an die Anfänge mit seiner Christa. „Schon Jahre bevor ich meine Traumfrau gefunden habe, dachte ich darüber nach, hier oben zu leben und zu arbeiten“, sagt er.
Er kannte das Haus schon seit seiner Jugend und war immer wieder zu Gast. Irgendwann traf er Christa, die ein Lokal in Gamshurst hatte. „Als ich sie das erste Mal zu Hause besuchte, sah ich ein Kalenderblatt an der Wand. Mein Lieblingsbild: die Große Tanne, tief verschneit.“ Das Kalenderbild war nicht mehr ganz aktuell und so erlaubte er sich die Frage, wieso das denn da noch hänge. „‚Das ist mein Traum‘, hat Christa geantwortet“, grinst er. Und ich meinte: „Nee, stopp. Das ist mein Traum!“
Ein Bund fürs Leben
Das ist mittlerweile 16 Jahre her. 2007 wurde es dann ernst: „Die Tanne sollte veräußert werden“, erinnern sich die beiden. „Es hatten sich neun Leute beworben, unser Traum drohte zu platzen.“ Doch die beiden bekamen den Zuschlag. „Denn die alte Besitzerin merkte, wie sehr wir an diesem Platz hier hingen und ihren Traum eben weiterleben lassen würden.“
Günter und Christa wohnen auch hier oben – „Das ist ja Teil unseres Traums“, strahlen sie. „Wenn wir morgens aufstehen und uns umgucken, wo wir gelandet sind, dann sind wir einfach nur glücklich.“
Da stören auch 18-Stunden-Tage nicht. Denn die beiden bieten ja nicht nur Fondues und Grill-abende an, sondern bewirtschaften auch noch die gut besuchte Herberge. Und dennoch – oder deswegen: „Wir würden nichts Anderes machen wollen!“
Wenn’s mal wieder mehr sind …
Gastronomische Erlebnisse für Gruppen ab zehn Personen bietet nicht nur ein Abend mit Käsefondue. Die Große Tanne wartet auch mit urigem Waldspeckgrillen auf. Fleischstücke, Würstle und Stockbrote werden auf einem Riesengrill gebraten. Infos unter: 0 72 26/2 54