Vier Männer, vier Schälchen mit Münzgeld und 54 Karten, die über Wohl und Wehe eines Abends entscheiden. Eigentlich mögen sich Schauspieler Martin Wangler, Feldberg-Ranger Achim Laber, Abwassermeister Thomas Ketterer und Nikolaus König. Niki ist Nebenerwerbslandwirt in Breitnau, Berufsschullehrer für Agrartechnik sowie Kabarettist und Hobbyschauspieler in Teilzeit. Sie alle leben und arbeiten im Südschwarzwald und kennen sich seit der Schulzeit. Sie sind das, was man heute als „Best Buddies“ bezeichnen würde. Aber ein Blick in die Augen der Protagonisten reicht, um zu wissen: Heute beim Cego wird Ernst gemacht, die wollen nicht bloß spielen.
Es steht einiges auf dem Spiel: der Gewinn oder die Spotthymne. Der Verlierer einer Runde muss sich erheben und wird von seinen Mitspielern besungen: „Uffem Berg, da stoht der Niki“, ertönt es an diesem Abend im Naturfreundehaus Breitnau gleich zweimal. „Uffem Berg“ ist eine Metapher und könnte man übersetzen mit: Pech gehabt. Dumm gelaufen. „Des isch scho ä bissle peinlich, wenn du su ebbis erlebsch“, meint Martin Wangler. Er ist durch und durch Hochschwarzwälder, und mimt seit fünf Jahren den Gestütsbesitzer Bernd Clemens in der Erfolgsserie „Die Fallers“ im SWR Fernsehen. Auch hier hat er das Spiel Cego gleich mal mit eingebaut. Denn eine Schwarzwaldfamilienserie ohne echte Schwarzwälder Traditionen – das gibt’s einfach nicht.
Niki hockt derweil teils etwas bedröppelt, teils kämpferisch am Tisch und versucht, seine Spiele durchzubringen. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Erklärungen dafür gibt es gleich mehrere: Das Händchen der Kartengeber war nicht gut genug. Das ist seine Version. Die seiner Mitspieler lautet: Er hatte auch nicht die allerbesten Ideen, um sein schlechtes Blatt für sich zum Besten zu verwandeln. „Das ist halt der Punkt“, konstatiert Achim. „Man muss sich und seine Gegner einschätzen. Mal auf Risiko gehen und auch immer mitrechnen, was die anderen noch auf der Hand haben könnten.“ Genaue Beobachtung sei das A und O.
Achim liebt das Spiel und kennt sämtliche Kleinigkeiten, auf die es ankommt. Er hat sogar eine Cego-Homepage unter dem Namen www.cego.de ins Netz gestellt. Hier erklärt er, woher das Spiel kommt und wie es funktioniert. Denn das ist für einen Neuling – ehrlich gesagt – ein Buch mit sieben Siegeln. Das Spiel erinnert entfernt an Skat und hat große Ähnlichkeit mit Tarock, wie es in Österreich gespielt wird. Wenn wundert’ s? Schließlich gehörten Teile Badens früher zu Vorderösterreich und damit zur Habsburger Monarchie. Insofern ist Cego eine über 200 Jahre alte Tradition und urbadisches Kulturgut. Mehr noch: Es ist eine Art Heiligtum.
Wir sitzen gemütlich in der dunkel getäfelten Stube des Naturfreundehauses in Breitnau. Im Kachelofen knistert es heimelig, die alte Uhr tickt vor sich hin. Schwarzwaldromantik pur. Wäre da nicht diese ganz bestimmte Atmosphäre: Es hat ein bisschen was vom Western-Klassiker „High Noon“ mit Gary Cooper. Schon beim Ausgeben und Abheben taxieren sich die Herren. Erste Frotzeleien machen die Runde: „Hesch elle dabii?“, fragt Martin. „Pass bloß uff, dass du nix verliersch!“, kontert Thomas. Ein bisschen psychologische Kriegsführung gehört halt auch dazu. Immer wieder wird genau geguckt, wer wie die Karten in der Hand hält. „Wenn du lange genug mit bestimmten Leuten spielst, dann merkst du dir, wie und wohin sie die Karten sortieren. Und dann hast du eine Ahnung, was sie noch vorhaben“, meint Achim.