Von Yak-Pimmeln und Röschele

Stopsel, Pinkel, Calenberger Pfannenschlag: Unser Kolumnist futtert sich in Niedersachsen durch jede Menge merkwürdig klingende Gerichte. Davon gibt's ja auch bei uns einige – denkt nur an saure Kuddle und Röschele. Im Vergleich zu dem, was die Chinesen und Japaner so essen, ist das aber noch ganz harmlos…

Text: Stephan Fuhrer

Wenn man als Schwarzwälder in eine norddeutsche Familie hineinheiratet, kann das ein bisschen wie bei „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ enden. Ihr erinnert euch an den Film, bei der ein Deutscher kulinarisch unsanft in der Sippe seiner italienischen Frau landet. Ein Glück bin ich verfressen genug, um keine Experimente zu scheuen. Ganz gleich, ob es um Stopsel, Pinkel oder Calenberger Pfannenschlag geht. Nie gehört? Die Rede ist von einer zu Matsch zerlassenen Grützwurst, einer braun-grauen Wurst die zu Grünkohl gegessen wird und einer Hackgrütze, die sich manche Niedersachsen als graue Pampe mit Essiggurken hineinschaufeln. Ganz klar: Alles nicht Foodporn-tauglich. Aber ab dem zweiten Bissen ziemlich lecker – vor allem, wenn man beim Essen Jogginghose trägt …

Umgekehrt kann übrigens auch unser Süden irritieren. Schneckensüpple, saure Kuddle und Röschele sind ebenso gewöhnungsbedürftig, wenn man’s nicht kennt. Und so wie sich Koreaner bei uns vorm Käsebrot ekeln, so ähnlich stellte sich anfangs auch mein Schwiegervater an. Nudeln zum Braten? „Da gehören Kartoffeln dazu!“ Münsterkäse? „Mach’ das weg!“ Dass ich ihn nach einer Wanderung einst zu einem Sauerg’spritzte überredet habe, wirft er mir heute noch vor. BMW – Bier mit Wasser, wie er das nennt – geht gar nicht! Mit unserem Schnaps und Wein konnte sich mein Schwiegerpaps indes deutlich schneller anfreunden …

Ob so oder so: Diese Geschichte zeigt vor allem, dass wir eben nicht nur in einer Landschaft groß werden, sondern dass uns unsere Umgebung auch ein Leben lang kulinarisch prägt. Geschmack ist erlernt. Sonst würden die Japaner wohl kaum Thunfischaugen essen, die Chinesen Yak-Pimmel und die Schotten einen mit Innereien gefüllten Schafsmagen. Umgekehrt gilt aber auch: Geschmack kann man lernen. Allerdings: Was Hänschen …

Heutzutage gilt das nicht mehr nur für die eigene traditionelle Küche, sondern auch für das, was wir unseren Kindern auftischen. Wer nur mit Fischstäbchen oder Eimerkartoffelsalat aufwächst, wird Studien zufolge später häufiger industrielle Fertigprodukte einer frischen, gesunden Küche vorziehen.

In dieser Hinsicht sind sich mein Schwiegervater und ich übrigens schon immer einig gewesen. Wie sagt er immer so schön, wenn die Soße in der Wirtschaft mal wieder nach Eimer schmeckt? „Ah! Ein Küchengruß aus dem Maggi-Kochstudio.“

#heimat Schwarzwald Ausgabe 15 (2/2019)

Wir gehen mal ganz wild wandern, fangen Fische im Fliegen und bewundern die schönste Harley des Schwarzwalds. Für den Hunger sammeln wir Wildkräuter, legen feinstes Fleisch auf den Grill und servieren den Sommer …

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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