Villingen-Schwenningen entdecken: Die besten Tipps

Narro, Hölzlekönig und Wuescht – unsere Fasnachterin Karen war hellauf begeistert, ein Wochenende in Villingen-Schwenningen zu verbringen

Fotos: Michael Bode

Gerne mehr davon! Das ist immer meine erste Reaktion, wenn ich in Villingen bin. Die Stadt ist optisch und atmosphärisch einfach eine Wucht: Die malerische Altstadt mit dem Giebelgewirr der Häuser, den imposanten Türmen und dem etwas mediterranen Flair hat mich von der ersten Sekunde an begeistert. Das war im Herbst 2006, als ich beim Regionalbüro des SWR in der Oberen Straße als Lokal-Reporterin anfing. Mit Mikrofon und Notizblock in der Hand düste ich durch die Doppelstadt. Jetzt lasse ich es ruhiger angehen. Ich will so etwas wie ein „Best of“ meiner Lieblingsplätze hinkriegen und eine kleine Nostalgietour antreten …

Freitagnachmittag

Tschüss Arbeit – nett war’s mit dir, aber jetzt bin ich dran! Zeit für ein bisschen Ruhe und so etwas wie Erdung. Ich bin zwar keine Esoterik-Tante, aber ich weiß, dass das auf dem Magdalenenberg irgendwie immer funktioniert hat. Warum? Wurscht! Der Platz hat etwas Außergewöhnliches und der weite Blick über die Baar ist einfach herrlich. Hier scheint mir irgendetwas zu sagen: „Fahr mal Dein Drama-Level wieder runter – ist alles nicht so wichtig.“ Das könnte an der Geschichte dieses Ortes liegen: Der Magdalenenberg ist ein eisenzeitlicher Grabhügel. In den 1970er- Jahren haben Forscher hier über 100 Gräber der sogenannten Hallstatt-Leute ausgehoben. Ein Keltenstamm, so nimmt man an. Ich hoffe, die Archäologen waren gründlich. Nicht, dass ich jemanden auf dem Kopf rumtrampele …

Schnell ins Hotel, was Wärmeres anziehen, es war recht frisch auf dem Magdalenenberg! Und dann ab zum historischen Café Raben in der Altstadt. Hier haben meine Kollegen und ich schon mal – nennen wir es – Redaktionskonferenzen abgehalten. In Erinnerungen schwelgend genehmige ich mir einen köstlichen Espresso, und mache Pläne für mein Wochenende. Es wird ambitioniert, so viel steht fest. Ich gehe jetzt mal zu Camilli da Moretti, bei der vermutlich leckersten Pasta der Stadt für die Basics sorgen …

Tag 2

Samstagmorgen

Bin ich gestern Abend doch tatsächlich noch versackt! Die Bar mit dem bezeichnenden Namen Villinger Hausverbot ist aber auch echt klasse. Tolle Drinks, schönes Flair – Kopfweh habe ich auch keins. Kultur, ich komme! Mein Frühstück besorge ich mir so wie früher direkt auf dem Markt am Münsterplatz. Den Einkauf für die kommende Woche gleich dazu. Bei den vielen Schwarzwälder Köstlichkeiten – hausgemacht und von lokalen Erzeugern – fällt die Auswahl echt schwer …
Mit Butterbrezel, Kaffee und Hefezöpfle setze ich mich an den Münsterbrunnen, treibe Studien (so nenne ich Leute beobachten) und gucke mir den Brunnen mal wieder genauer an: Er ist ein Unikum, denn er erzählt auf anschauliche und humorvolle Weise die mehr als 1000-jährige Geschichte der Stadt.

Und dann gönne ich mir etwas, was schon immer auf meinem kleinen Wochenend-Wunschzettel stand, ich aber nie geschafft habe: Ich mache einen kurzen Abstecher in die Benediktinerkirche am Münsterplatz. Hier gibt es jeden Samstag etwas ganz Besonderes: Musik zur Marktzeit. Draußen irrlichtern die Menschen durchs pralle Leben, hier drinnen betört der phänomenale Klang der Silbermann-Orgel die Ohren. Wäre es nicht so kitschig, würde ich sagen: Ich fühle mich erhaben …

Samstagvormittag

Eigentlich bin ich nicht so die Kirchgängerin. Beim Münster Unserer lieben Frau, dem Wahrzeichen von Villingen, mache ich aber gern eine Ausnahme: Außen wie Innen ist es faszinierend. Und ich erinnere mich noch an eine Reportage, die ich über das Glockenspiel gemacht habe. Beeindruckend war das, 51 Glocken hängen in den drei Türmen und jede hat eine spezielle Funktion. Besonders an den Feiertagen geht es akustisch hoch her. Jedem Villinger zaubert das ein stolzes Lächeln aufs Gesicht. Ich aber gucke mir den wunderbaren Hochaltar und die Steinkanzel aus dem 16. Jahrhundert an. Schön!

Liegt es an der Stimmung im Münster? An dem besonderen Spiel von Licht und Farbe durch die Glasfenster? Oder habe ich irgendwie zu viel Weihrauch abgekriegt? Ich fühle mich jedenfalls seltsam beseelt und der samstägliche Trubel wirkt fast ein bisschen befremdlich auf mich. Egal: Ich schlendere durch die verwinkelten Gassen, vorbei an der Stadtmauer, ohne Ziel, immer der Nase nach. Einfach gucken, manches wieder, anderes neu entdecken. Die mächtigen Tore, einst Wachtürme gegen Eindringlinge, davon gab es in der Geschichte Villingens mehr als genug. Oder die vielen hübschen Brunnen. Besonders den Narro-Brunnen mag ich und erinnere mich noch lebhaft an mein erstes Zusammentreffen mit der Villinger Fasnacht. Ich sollte „nur mal schnell“ eine Mini-Reportage fürs Hauptprogramm des SWR machen. Ein paar O-Töne, ein bisschen Atmosphäre – fertig. Die Rechnung hatte ich allerdings ohne die Narren gemacht. Denn die wollten mich nicht mehr gehen lassen …

Samstagnachmittag

Sgoht dagege – heißt es bei den Fasnachtern. Was so viel heißt wie: Es geht wieder drauf zu. Kurz nach Aschermittwoch – wenn die Räusche ausgeschlafen, die Geldbeutel gewaschen und die Fasnachtsfiguren symbolisch beerdigt sind – freut man sich in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht schon wieder auf die vielen Termine im nächsten Jahr. So gesehen goht‘s halt immer dagege. Villingen-Schwenningen ist eine der Hochburgen, beide Stadtteile haben jeweils ihre eigenen Zünfte und Figuren. Sie tragen so lustige Namen wie Stachi und Morbili, Butzesel, Wuescht, Moosmulle oder Hölzlekönig, um nur ein paar zu nennen. Jede hat ihre eigene Bewandnis, ihre eigene Geschichte, manche sind über 400 Jahre alt. Den Villinger Narro beispielsweise gibt es bereits seit 1584. Die Schemen, wie die Masken hier genannt werden, stammen teilweise aus dem 17. Jahrhundert. Bislang, so muss ich zu meiner Schande gestehen, habe ich mich nicht allzu gründlich mit der Historie der Figuren auseinandergesetzt. Klar, die Basics habe ich drauf, aber das war‘s auch schon. Lust auf eine Lehrstunde in ihrer schönsten Form? Dann auf in die große Austellung zur Villinger Fasnacht im Franziskanermuseum. Sieht das nur so aus oder lachen die Figuren mich heimlich ein bisschen aus, weil ich so wenig Ahnung habe?

Vor ziemlich genau 24 Stunden stand ich auf dem Magdalenenberg, jetzt habe ich die Gelegenheit mir das Innenleben des eisenzeitlichen Grabhügels genau anzusehen. Im Zentrum war der Anführer des Stammes begraben, um ihn herum fanden andere Mitglieder der sogenannten Hallstatt-Leute ihre letzte Ruhestätte. Sie gehörten zu den Kelten, waren aber ein eigener Stamm, ihre Geschichte ist bis heute nicht komplett entschlüsselt.
Eigentlich waren sie die ersten Ureinwohner Villingens: Sie lebten etwa um 600 v. Chr. hier. Zig Exponate von Werkzeugen über Schmuckstücke bis hin zu Grabbeigaben bringen ein wenig Licht ins Dunkel. Zusätzlich bietet das Franziskanermuseum noch die Möglichkeit, eine digitale Reise in die Grabstätte zu unternehmen – ganz einfach per Laptop. Ist mir persönlich ein bisschen zu gruselig und außerdem hinke ich meinem Zeitplan hinterher.
Das ist das Fatale am Franziskanermuseum: Es wirkt wunderbar aufgeräumt und überschaubar und bietet doch so unendlich viel. Ob Schwarzwald, Kienzle Apparate, Stadtgeschichte, Bergbauwesen oder Franziskanerkloster. Ich merke: Ich muss noch mal wiederkommen. Spätestens im nächsten Jahr, da wird es ab Mai nämlich unter dem Motto „Kulturwald“ um die Besiedlungs des Schwarzwalds gehen. Ich bin ziemlich platt, aber das war ja irgendwie vorauszusehen. Zeit für einen Schlummertrunk und feine schwäbisch-badische Hausmannskost. Das Gasthaus Ott ist dafür perfekt – und hat noch einen Tisch frei. Jippieh!

 

Tag 3

Sonntagmorgen

Mein Fahrwerk mosert noch ein bisschen rum, aber jetzt gehts nach Schwenningen in eines der schönsten Naturparadiese im Schwarzwald: das Schwenninger Moos. Hier verläuft die sogenannte europäische Wasserscheide, die den Rhein von der Donau trennt. Je nachdem, wo ein Regentropfen hinfällt, landet er entweder in der Nordsee oder im Schwarzen Meer.

Bis in die 1950er-Jahre wurde hier noch Torf abgebaut, Ende der 1980er-Jahre wurde das Gebiet renaturiert. Hier gibt es Pflanzen und Tiere, die selten geworden sind. Ich setze mich hin, schalte auf Empfang und höre den Geräuschen zu. Dem Kranzen der Sumpfente, dem leisen Blubbern des Wassers und dem Ruf des Fischadlers. Weiter gehts in Richtung Innenstadt. Hier habe ich fürs Radio die Geschichte der Landesgartenschau 2010 begleitet. In den Anfängen war das eine ziemlich öde Fläche am Güterbahnhof, vergleichbar mit einem Alien-Landeplatz. Ein paar Zeitungskollegen und ich stapften dem damaligen OB Kubon und ein paar Amtsleitern hinterher und sie ließen uns an ihren Visionen teilhaben. Und heute? Ist es wirklich schön geworden! Die Fläche am Stadtpark Möglingshöhe ist zu einem kleinen Naherholungsgebiet avanciert. Mit Blumen. Bäumen. Einem See und der Neckarquelle, die hier endlich einen passenden Rahmen hat.

Sonntagnachmittag

Ein kleines bisschen Heimatfeeling geht immer, finde ich. Ein echtes Kleinod ist das Heimatmuseum in der Kronenstraße. In dem ehemaligen Lehrerhaus aus dem 18. Jahrhundert findet sich alles von den Alamannen, die einst hier siedelten, über die Geschichte der Stadt bis hin zur Hellmut-Kienzle-Uhrensammlung. Das kleine Museum ist wirklich entzückend. Regelrecht schockverliebt bin ich beim Gang durch den ersten Stock: In die Schwarzwälder Stuben und das Biederwohnzimmer könnte ich glatt einziehen! Ach nee. Ich habe ja ein Zuhause. Weniger historisch, aber auch ganz schön …

Unsere Tipps für Villingen-Schwenningen

Magdalenenberg
Schwarzwälder Stonehenge mit toller Aussicht, Parken: Roggenbachstraße, 70852 VS-Villingen

Hotel Villa 8
Sehr hübsches Familienhotel unweit der Altstadt, Bahnhofstr. 8, 78048 VS-Villingen (hotel-villa8.de)

Café Raben
Ital. Eis- und Kaffeekultur in toller Lage; kleine Speisekarte für den Hunger zwischendurch, Obere Straße 13, 78050 VS-Villingen

Camilli da Moretti
Sehr gute italienische Landhausküche! Sperberstraße 25, 78048 VS-Villingen

Villinger Hausverbot
Supergemütliche Bar mit Schwarzwald-Feeling, Färberstraße 38, 78050 VS-Villingen

Münster und Marktplatz
Der ganze Komplex ist sehenswert! Mittwoch und Samstag ist Markttag – tolles Flair, tolle Auswahl, Münsterplatz, 78050 VS-Villingen

Benediktinerkirche
Jeden 2. Samstag tolle Orgelmusik zur Marktzeit, Kanzleigasse 30, 78050 VS-Villingen

Franziskanermuseum
Ein Must-do! Schön und spannend, Rietgasse 2, 78050 VS-Villingen

Gasthaus Ott
Rustikale badisch-schwäbische Küche, Färberstraße 36, 78050 VS-Villingen

Schwenninger Moos
Naturparadies mit seltenen Pflanzen und Tieren. Parken: Mooswäldele, 78054 VS-Schwenningen

Stadtpark Möglingshöhe
Ehemaliges Landesgartenschaugelände. Parkplatz Eisstadion, 78056 VS-Schwenningen

Heimatmuseum Schwenningen
Sehr liebevoll gemachtes Museum zur Geschichte des Stadtteils, tolle Schwarzwaldstuben! Kronenstr. 16, 78054 VS-Schwenningen

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