Überleben im Schwarzwald

Wie kann man eigentlich im Schwarzwald überleben und die Heimat dabei ganz neu erleben? Der Survival-Profi Lars Konarek hat es unserem Autor gezeigt

Text: Stephan Fuhrer · Fotos: Dimitri Dell

Was ist möglich – und was nicht? Diese Frage treibt Lars Konarek schon sein ganzes Leben an. Wie kann man sich retten, wenn man in Eis einbricht? Oder wie kommt man raus, wenn man in einem Moor eingesunken ist? Der Freiburger musste beides ausprobieren – um dann am eigenen Leib festzustellen, dass die Kraft der Natur unberechenbar ist. Der erste Versuch, aus dem eisigen Wasser rauszukommen, scheiterte – freilich aber hatte der Profi Helfer vor Ort. „Ich hatte den Kälteschock unterschätzt“, erzählt er. Der zweite klappte. Im Moor versank Lars in einer Nacht- und Nebelaktion dann ganz allein. Seine Lebensversicherung: ein Seilzug. Der Moorgrund saugte die Füße so fest, dass das Vakuum sie kaum losließ. „Als ich mich rauszog, war das, als würde man mich vierteilen.“

Auf in den Wald!

Mit diesem Kaliber, einem der besten Survival-Spezialisten Deutschlands, stehe ich nun also irgendwo im südlichen Schwarzwald auf einem Waldparkplatz. Unsere Mission: Überlebenstraining im Wald. Meine Vorkenntnisse: so mittel. Als Kind habe ich im Wald Hütten gebaut, bin die Bäume hochgekraxelt und auf dem Hintern glatte Felsen runtergerutscht. Natürlich nur bei bestem Wetter. Wenn es regnete, hing ich mit meinen Kumpels lieber vorm Amiga … Nun gut. Immerhin weiß man nie, wofür man solche Skills mal braucht. Wie schnell sich die Welt verändern kann, haben wir ja in den vergangenen Wochen gesehen. „Wissen ist Macht“, sagt auch Lars gleich zu Beginn unserer Tour, macht mir aber beruhigenderweise gleich klar, dass das beste Überlebenstraining die Prävention sei. „Idealerweise kommen wir nie in so eine Situation, um das hier alles anwenden zu müssen“, meint er.

Samen zur Stärkung

Was den Einstieg schon mal erleichtert: Die warme Frühlingssonne strahlt, als wir in den Wald spazieren. Lars geht voran – ganz lässig, mit offenem Hemd, einem kleinen Messer am Gürtelhalfter und einem Rucksack. „Ist da was zu Essen drin?“, will ich wissen. Lars lächelt. Natürlich nicht. Aber es dauert nicht lange, da kommen wir schon am ersten kleinen Happen vorbei – auch, wenn er überhaupt nicht danach aussieht. Lars zeigt mir einen vertrockneten Halm, der aus jungen Brombeerhecken emporragt: Knoblauchsrauke aus dem Vorjahr. Die vertrockneten Samen daran sind wertvolle Eiweißspender – und gar nicht so übel im Geschmack. Leicht pfeffrig und salzig. Fehlt nur noch das Steak dazu … Lars kennt sich bestens aus mit Pflanzen. Schließlich bietet er seiner Kundschaft nicht nur Überlebenskurse im Wald, sondern auch Kräuterführungen an. Sein Fokus liegt dabei allerdings nicht auf dem Geschmack, sondern dem Nährwert. Der Waldsauerklee, den wir uns später in die hungrigen Mäuler stopfen werden, schmeckt lecker – wird uns aber nie satt machen. Die Fichtensamen, die Lars gerade aus einem Tannenzapfen fummelt, hingegen schon. Weil sie fetthaltig sind. „Zu glauben, dass man sich in unseren Wäldern im Ernstfall von der Jagd auf Wild ernähren kann, ist naiv“, sagt Lars. Jäger verbrächten mitunter bis zu 40 Stunden, um am Ende ein einziges Reh zu schießen – „mit einem Profi-Gewehr, dass wir nicht einfach mit einem selbstgebastelten Pfeil und Bogen ersetzen können.“