Karina zickt. Die junge Schöne will einfach nicht in die Kamera gucken – basta! Trotzig steht sie zwischen mächtigen Fichten und sucht den Blickkontakt zu Michael Lietzau, der neben ihr im Moos sitzt und in das Objektiv von #heimat-Fotograf Dimitri lächelt. Dimitri versucht alles, um die Aufmerksamkeit der Wälderdackel-Dame auf sich zu ziehen. Er raschelt mit Zweigen, wirft Tannenzapfen in die Luft, winkt mit der Hand, pfeift und bellt. Aber Karinas Interesse: gleich Null. Karina von Häuser-Weinberg, so ihr kompletter Name, hält stur die Nase in den Wind, was Michael sichtlich amüsiert. „Die ist heiß, die will jetzt lieber Action“, lacht der passionierte Jäger aus Steinach. Soll sie haben… Karina verschwindet im Unterholz, die Nase tief am Boden, nur ein heiseres Bellen ist noch zu hören. Plötzlich wird der Ton lauter, aggressiver. Michael packt sein Gewehr fester. „Am Bellen höre ich, dass sie Wild aufgestöbert hat.“ Karina ist eine Schwarzwälder Bracke, wie der Wälderdackel offiziell heißt, ein im Schwarzwald beheimateter Hundeschlag, der in den 1980er-Jahren fast ausgestorben wäre. Zu dieser Zeit ist der Genpool dieser Gattung auf ein Minimum zusammengeschrumpft.
Vom Taubenmarkt ins Jägerhaus
Das ändert sich erst, als Thomas Rist aus Kenzingen sich der Sache annimmt und 1998 schließlich den Verein Wälderdackel e. V. Schwarzwälder Bracke gründet. Seither werden die Vierbeiner nicht mehr auf den sogenannten Taubenmärkten – den bäuerlichen Kleintiermärkten – getauscht, sondern gezielt für die Jagd gezüchtet. Rists Credo: „Diese Hunderasse taugt nicht zum Kuscheln.“ Die Praktiker des Vereins Schwarzwälder Bracke, allesamt Landwirte, Förster und Jäger, wollen den Hund ausschließlich im Jagdbereich eingesetzt sehen. Michael ist Mitglied des Vereins und bestätigt: „Der Wälderdackel wird blöd, wenn er keine Aufgabe hat.“ In seinem Revier bei Hofstetten geht er auf die Pirsch. „Karina“, sagt er, „erfüllt alle jagdlichen Aufgaben mit Bravour.“
Es gibt echte Fans …
Alfred Schmieder aus Oberharmersbach geht noch einen Schritt weiter: „Für mich gibt es bei der Jagd keine Alternative zum Wälderdackel.“ Der 60jährige Nebenerwerbslandwirt kennt die Energiebündel: „Mein Großvater hatte einen und ich selbst bin seit 35 Jahren ein Fan.“ Während er von seinen Erfahrungen mit den Wäldern – wie sie auch genannt werden – erzählt, dreht seine vierjährige Biene ihre Runden am den Hertig-Hof auf dem Billersberg. „Sie ist extrem temperamentvoll.“ Lachend greift er nach einem abgenutzten Tennisball und wirft ihn in den nahen Löschteich. Sekunden später steht Biene triefend nass neben ihm, den Ball in der Schnauze.
Michael hingegen kam eher zufällig auf den Hund: Er las in einer Jagdzeitschrift einen Bericht über die selten gewordene Gattung, die zwar Rasse genannt wird, aber offiziell keine ist. Denn von der Fédération Cynologique Internationale, dem internationalen Hundeverband, ist der Wälderdackel nicht als Rasse anerkannt. „Ich kannte den Wälderdackel nicht, aber er entsprach genau meinen Vorstellungen von einem Jagdhund“, sagt Michael. Thomas Rist beschreibt in seinem Buch „Auf den Spuren des Wälderdackels“, wie er vor rund 40 Jahren auf den lokalen Hundeschlag stieß, der perfekt an die Bedingungen der Jagd im Mittelgebirge angepasst ist. Mühsam suchte er den Schwarzwald ab und fand vereinzelt noch Züchter im Elz- und Kinzigtal, im Schutter und Glottertal, in Oberharmersbach, St. Peter, St. Märgen, Gutach- und Wolftal. Diese regionalen Linien, die durchaus ihre Unterschiede haben, führte der Kenzinger zusammen.