Schneeschuhwandern: Schritt für Schritt

Wie lernen Kinder gehen? Indem sie gehen. So ähnlich ist es auch mit Schneeschuhen. Mit Unterstützung der Schneeschuh Akademie geht das kinderleicht

Text: Pascal Cames · Fotos: Jigal Fichtner

Seine Gesichtsfarbe verrät ihn. Thomas Hilpert aus Hinterzarten ist viel draußen. Vor 20 Jahren hat es ihn in den Hochschwarzwald verschlagen. Als Hamburger Nordlicht mit einschlägiger Bergerfahrung (Alpenverein) kennt er sich hier aus wie in seiner Westentasche. Er liebt die Gegend und meint, dass man hier leben muss, wenn man die Natur genießen will. Natürlich trägt er Funktionskleidung und eine lustige Wollmütze. Wandern, Radfahren, Ski und auf Schneeschuhenlaufen – das macht er alles gerne. Warum Schneeschuhe? Weil’s Spaß macht! Vor über 20 Jahren hat er klein angefangen. Heute beschäftigt er circa 20 Leute, die geführte Schneeschuhwanderungen unternehmen. Wir sind gleich per du, so wie sich das gehört, wenn man auf über 1000 Metern ist. Wohin geht’s, Thomas? Auf den Feldberg?

Wenn's geht, geht's

Der Feldberg ist im Schwarzwald der Berg der Berge. 1493 Meter hoch, ein Wintersportparadies, ein Ort mit sensationeller Aussicht, einPlatz, an dem man dem Himmel ein bisschen näher ist. Leider weht heute ein kalter Ostwind. „Da oben wird’s bitterkalt“, weiß Thomas. Die Alternative liegt ein paar Höhenmeter darunter. „Dann sehen wir auch den Feldberg!“ Wir starten unterhalb vom Rinken nahe Alpersbach. Wie geht Schneeschuh laufen? „Ganz einfach, selbsterklärend“, sagt er und wir stellen uns mit unseren Wanderstiefeln auf die Schneeschuhe, schlupfen in die Schlaufe bis zum Anschlag und zurren vorne und hinten die Gurte zu. Sitzt? Sitzt super! Bekanntlich beginnt auch der längste Weg mit dem ersten Schritt und so ist es auch mit den Schneeschuhen. Einfach gehen und die Stöcke wie beim Nordic Walking benutzen. Der Rest kommt schon. „Da gibt’s kein Hokuspokus“, lacht Thomas, während wir den Schnee aufwirbeln.

Die Leichtigkeit des Gehens

Wie wir an den Spuren im Schnee sehen können, waren schon Wanderer vor uns auf dem Dr.-Ganter-Weg. Ein Schritt und noch ein Schritt und schon haben wir vergessen, dass wir ein bisschen anders unterwegs sind als sonst.Würden wir jetzt aber nur unsere Bergstiefel tragen, wäre es nicht ganz so smart. Wir würden immer tief einsinken, hätten bald Schnee im Stiefel und würden rutschen. Jeder Schritt würde uns Kraft kosten. Wir aber wandern und haben Zeit in den Wald zu lugen: Der Schnee fällt von den Zweigen, Eiskristalle wirbeln durch die Luft und glitzern in der Sonne.

Das Erlebnis Natur

Dann biegen wir links ab und müssen bergauf. Auch das geht prima. Aber dann werden die Fü.e kalt. „Es ist Winter hoch drei“, sagt Thomas. Er meint den Schnee und die Kälte. Aber wir laufen tapfer weiter und kommen an eine Lichtung. Könnten wir hier nicht links in den Wald? Auch wenn wir nicht im Naturschutzgebiet sind, Thomas schüttelt den Kopf. „Um das Erlebnis Natur und Schneeschuhwanderung zu vermitteln, müssen wir nicht in den Wald gehen. Das geht auch so.“ Dann erklärt er uns, wie wichtig es ist, dass Tiere im Winter ihre Ruhe haben. Würden wir jetzt einfach ins Dickicht stapfen, dann würden wir vielleicht Rehe aufschrecken. Das wäre ganz schlecht, denn die finden eh wenig Futter und würden nur unnötig ihre Lebensenergie verbrauchen. So bleiben wir auf dem Weg und entdecken winzige Tierspuren. Ein Hase? Jetzt sind wir auf dem Bankgalli-Weg und erleben gleich einen dunklen Tannenwald, wie man ihn von Grimms Märchen kennt. Wir hören nichts außer dem Knirschen unter den Sohlen, wenn die Schuhe ein bisschen einsinken und die angefrorene Schneeschicht knackt und bricht.Am Hinterwaldkopfsattel stehen wir in den Sonne und genießen die Aussicht. Linker Hand liegt der Feldberg wie ein gigantischer Bär im Winterschlaf mit Schnee auf dem Fell. Rechts geht der Blick ins Höllental runter und zum Hirschsprung. Der Kandel ist nicht zu übersehen, aber das Glottertal liegt versteckt.

Ab in die Windstille

Wollen wir auf den Hinterwaldkopf? Natürlich, und so stapfen wir mit Rückenwind den Buckel. Zum Glück hält der Rucksack die Kälte ab. Der Boden wird härter, wir stellen fest, dass der Schnee weniger wird. Der Wind hat alles weggeblasen. Unser Ziel ist das Turner-Denkmal im Steinkreis. Von dort können wir auf Freiburg sehen. Es ist alles so wunderbar schön hier, aber der Wind bläst so hart und ohne Pause, dass es kaum zum Aushalten ist. Zwei, drei Fotos später kämpfen wir uns gegen den Wind zurück. Die Kälte kriecht unter die Stirn, aber jeder Schritt abwärts bringt uns ein bisschen mehr ins Warme. Dann sind wir an einer sonnigen Stelle mit absoluter Windstille. Dass es so etwas gibt! Bei einer Tasse Tee tauen wir auf. „Die Kälte saugt dich aus“, sagt Thomas. „Wenn du so unterwegs bist, dann brauchst du Strategie und Taktik. Du musst wissen, wo es windstill  ist.“ Ich habe keine Ahnung, aber er weiß es. Der dampfende Tee schmeckt köstlich und Landjäger und Nussecken werden zu Delikatessen. Der Schluck Wasser gegen den Durst lässt erahnen, wie sehr Thomas recht hat. Es ist schon angefroren. Thomas hat Lust am Erzählen. „Die Leute denken immer, dass es im Hochschwarzwald nicht immer Schnee hat“, sagt er. „ Das stimmt nicht, hier hat es jeden Winter Schnee.“ Für eine Schneeschuhwanderung braucht man  keinen Meter Schnee auf dem Waldweg, ein paar Zentimeter würden reichen. Mit diesen Worten im Ohr laufen wir zur Hinterwaldkopfhütte hinunter. Die warme Stube mit Kaffee und Kuchen ruft! Und nicht der Feldberg.

Auch mal mit Schneeschuhen wandern?

Schneeschuh Akademie Hinterzarten, Freiburger Str. 31, 79856 Hinterzarten, Tel. 0 76 52 / 54 77, www.schneeschuhakademie.de

Infos zu geführten Touren: Zwar lassen sich im Prinzip alle Wanderwege auch mit Schneeschuhen wandern, aber die für Schneeschuhe besonders interessanten Trails wurden als solche beschildert. Diese gehen beispielsweise auf das Todtnauberger Horn oder durch das Schlüchttal.

www.hochschwarzwald.de/Schneeschuhwandern/Schneeschuhtrails

#heimat Schwarzwald Ausgabe 30 (1/2022)

In unseren neuen Ausgabe #heimat springen wir für Euch als Eis-Badener ins eiskalte Wasser, stapfen langsam auf Schneeschuhen durch die Natur und starten mit Rüben statt Rindern vegetarisch ins Jahr. Dazu lernt Ihr unseren Masked Schnitzer Simon Stiegeler und Freiburgs Breakdance-Queen Naomi Karfich kennen. #heimat-Herz, was willst Du mehr?

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