Don't call us Badenser

Unser Schwarzwald hat das Potenzial, zur Heimat vieler zu werden, erfährt unsere Kolumnistin in einem Gespräch mit einem Tourismusexperten. Dabei kommt ihr der denkwürdige Bäckereibesuch eines zugezogenen Bekannten in den Sinn. Grund genug für einen kleinen Crashkurs für alle Möchtegern-Badner!

Es ist schon ein Weilchen her, da kam ich auf den – wie ich fand – fantastischen Einfall, in der Nacht auf den Dreikönigstag eine Liste mit Vorsätzen und Ideen für das neue Jahr in ein Buch zu schreiben. Dazu legte ich Zeitungsschnipsel mit den für mein Sternzeichen passenden Horoskopen und sah mich gerüstet für die nächsten 359 Tage. Ich zündete eine Kerze am Fenster an, blickte auf den Schwarzwald und überlegte, was er für mich bereithalten würde. Beziehungsweise ich für ihn.

Apropos: Ginge es nach den Sternen der vergangenen Jahre, wäre ich heute a) steinreich, weil ich b) mit einer Mega-Hammer-Idee, die noch nie ein Mensch vor mir hatte, zu eben jenem Schotter gekommen wäre und wüsste mich c) vor Männern, die mich umschwirren, nicht mehr zu retten. Ach so: Berühmt und bezaubernd wäre ich natürlich auch noch. Hat super geklappt. Vermögen: etwas über null, Tendenz fallend. Ideen: keine. Rumschwirrende Männer: Lassen wir das lieber …

Seither kommt jedenfalls nur noch Inspirierendes in mein „Buch der Jahre“. Dinge, die mich durchs Leben tragen. Dazu gehört der Inhalt eines Interviews, das ich Ende vergangenen Jahres für ein neues Touristikmagazin führen durfte. Für alle Neugierigen: für ein Magazin, das wir bei uns in der Redaktion zusammen mit der Nationalparkregion realisieren. Es war eines dieser Gespräche, das einen lebensklüger und beseelt zurücklässt. Mein Gesprächspartner – ein Tourismusexperte und glühender Schwarzwaldfan – hat mich da wirklich kalt erwischt: Dieses Magazin sei nicht nur für Touristen (wie ich glaubte), sondern für alle, die den Schwarzwald so einzigartig und liebenswert machen. Mehr noch: Unser Schwarzwald habe das Potenzial zur Heimat vieler zu werden! So wie bei einem Bekannten, der sich vor zwei Jahren entschloss, die rheinische Tiefebene zu verlassen … 

Sein erster Culture-Clash fand an einem Montagmorgen in der örtlichen Bäckerei statt: „Morgen! Ich hätte gerne drei Brötchen oder wie das hier heißt.“ „Milchweck, Spitzweck, Wasserweck oder Laugeweck?“, tönte es ihm stakkatogleich entgegen. „Echt jetzt – schon alles weg?“ Und so erhielt er morgens um halb acht eine kurze Einführung in das badische Bäcker-ABC. Für alle, die sich – neues Jahr, neue Ziele – auch mit dem Gedanken tragen, hierhin zu ziehen, 1.) Glückwunsch!, 2.) ein klitzekleiner Crashkurs:

Wir rennen nicht dauernd mit dem Bollenhut durch die Gegend. Das Ding ist zwar wunderschön, aber höllenschwer und alles andere als alltagstauglich. Die meisten von uns sprechen einen eher gemäßigten Dialekt. Einschränkung: Je tiefer es in den Schwarzwald hineingeht, desto schwieriger wird die Verständigung. Es ist auch eine Mär, dass der Schwarzwald von Badenern bevölkert ist. Wir haben hier auch Schwaben. Aber nur ein paar. Beiden ist zu eigen, dass sie gut feiern können. Die Schwaben aus Sparsamkeitsgründen aber nicht so üppig.  Und – das Wichtigste: Nennt uns nicht Badenser! Nie! Es gibt ja schließlich auch keine Frankfurtser.

#heimat Schwarzwald Ausgabe 30 (1/2022)

In unseren neuen Ausgabe #heimat springen wir für Euch als Eis-Badener ins eiskalte Wasser, stapfen langsam auf Schneeschuhen durch die Natur und starten mit Rüben statt Rindern vegetarisch ins Jahr. Dazu lernt Ihr unseren Masked Schnitzer Simon Stiegeler und Freiburgs Breakdance-Queen Naomi Karfich kennen. #heimat-Herz, was willst Du mehr?

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