Wirtschaft mit Herz

Der Wirt meint, dass man sich in einem Geheimtipp befinden würde. Wohl wahr, denn wer will schon nach Niederrotweil, wenn es auch Endingen oder Burkheim gibt? Dann meint er etwas schlitzohrig, dass das Restaurant Zum Kaiserstuhl heißt, weil es im Kaiserstuhl liege und er heiße Koch. Warum? „Ich bin der Koch.“ 

Erstklassige Weinkarten

Wie viele Restaurants, die etwas auf sich halten, geht es auch hier nicht streng nach Plan. Meine Begleitung fragt, ob es auch Schnitzel gibt. Es steht nicht auf der Karte, dafür aber Steak und Wild und … „Wenn man fragt“, sagt Lothar Koch, „dann gibt's auch was.“ Leutselig verspricht er, ein Schnitzel zu machen. Dann gibt er noch eine Empfehlung zum Besten, die es nicht alle Tage gibt. Ein Verwandter habe gerade ein Kalb geschlachtet … Kalbsherz! Ja, das wird ausprobiert.    Die Weinkarte wird bis auf ein Achtele Spätburgunder nur bestaunt und sonst in Ruhe gelassen. 130 Posten sind gelistet. Natürlich hat die Kaiserstühler Prominenz ihren Auftritt. Da der Chef einen guten Draht zu den Winzern hat (er ist ja selber einer), hat er auch Flaschen für seine weinseligen Menüs, die zu den Topraritäten zählen.   

Blumen und Kräuter

Die Wirtschaft Zum Kaiserstuhl ist für ihre Kräuterküche und Blümle auf dem Teller bekannt, die auch dem Auge Freude machen. Der Chef hat dafür drei Gärten in Reichweite. Irgendwas wächst und blüht also immer. Außerdem hat er eine große Verwandtschaft mit Landwirtschaft. Von dort kommt immer etwas Leckeres. Eingekauft wird zudem in Freiburg und in Colmar beim besten Käsehändler weit und breit: der Fromagerie Saint Nicolas. 

Als Gruß aus der Küche wird eine Gemüsetarte aufgetischt, mit Karotten und  Mangold. Die leichte Schärfe ist gewollt. Metzgerpfeffer, erklärt der Koch. Die „richtige“ Vorspeise ist dann die Winzerpastete mit drei Fleischsorten (Kalb, Rebhuhn und Reh), die ein bisschen trocken ist und außerdem etwas zu zurückhaltend gewürzt. Um das auszugleichen, liegt ein Häufchen Feigensenf auf dem Teller, der dann für ä bissel Theater auf Zunge und Gaumen sorgt. Wäre hier nicht ein Glas Gewürztraminer angesagt gewesen? Wahrscheinlich ja.

Himmlische Brägele 

Wie kann man sich ein Kalbsherz vorstellen? So groß wie eine Faust in einem Boxhandschuh? Ruhig Blut, es sind Stücke in der Größe von Nierle. Die Herzstückchen haben noch einen Rest von Elastizität (aber kein Gummi!), sind aber ansonsten butterweich. Sie schmecken leicht nach gerösteten Leberle. Auch hier kommt Farbe ins Spiel, denn die Brägele sind gelb bis goldbraun knusprig angebraten, aber innen sind sie weich. Sie sind so stark im Geschmack, wie man es nur von Trüffeln kennt. Der Koch meint, dass er seine Kartoffeln aus Breisach bezieht. Was unbedingt erwähnt werden muss, ist, dass die Brägele überhaupt nicht fettig sind. Die dunkle Soße dazu überrascht mit angenehmer Frische dank etwas Zitronenabrieb.  

Der Salat ist ein bunter, frischer, knackiger Hügel, der mit Himbeeressig abgerundet wurde. Das Dessert ist eine große Scheibe Eisparfait, das von drei Sorbets fruchtig Kontra bekommt. (Im Gewölbekeller lagern dafür die eingemachten Früchte.)  

Und das Schnitzel? Es wurde natürlich in einer Pfanne gebacken. Mein Kollege hat dazu Pommes frites bestellt, klassisch, aber ein Fehler. Das nächste Mal will er auch etwas mit Brägele essen. Vielleicht gib’s sogar eine Extraportion Brägele? Wenn man höflich fragt …