Menschenfresser und Kalorienzähler

Abnehmen wie die Skandinavier? Klingt doch super, findet unsere Kolumnistin, als ihr ein nordischer Diät-Ratgeber in die Hände fällt. Der entpuppt sich bei genauem Hinsehen aber leider als so gar nicht hyggelig. Nur gut, dass wir Schwarzwälder niemals auf so eine Idee kommen würden – oder vielleicht doch?

Es gibt Dinge, die unnütz sind wie ein Furunkel und trotzdem mit schöner Regelmäßigkeit auftauchen. So liegen pünktlich zum 1. September die ersten Dominosteine in den Regalen und unmittelbar nach der ganzen Jahresend-Völlerei folgt der lustvoll inszenierte Kalorien-Lockdown in der Zeitschriften-Abteilung. Wohin man auch blickt: „Waschbrett statt Waschbär“, „die ultimative 30-Tage-Traumkörper-Challenge“ oder „fünf Kilo in zehn Tagen: die Paleo-Performance“. Der Vollständigkeit halber sei Anhängern dieser Ernährungsform mitgeteilt, dass die netten Steinzeitmenschen nicht nur Tiere aßen, wenn sie welche erlegten. Vielmehr wollen Ernährungshistoriker herausgefunden haben, dass auch schon mal das Mitglied eines feindlichen Stammes auf der Feuerstelle landete …

Auch der Büchermarkt quillt über von Ratgebern. Einige taugen was, viele sind allenfalls nett gemeint. Einer der neuesten Coups fiel mir kürzlich in die Hände: Abnehmen wie die Skandinavier. Auf dem Klappentext stand irgendwas mit hygge und nordic. Klang erst mal super: Abspecken ist lästig, aber dann doch gleich wieder gemütlich. Ich freute mich schon auf spannende Gerichte wie Flammlachs auf dem Birkenbrett mit Kronsbeeren, Elchsteaks und Pilzcarpaccio. Zehn Minuten später die Ernüchterung: Getreidebrei und Smoothie zum Frühstück, ein bisschen Low-Fat hier, ein bisschen Low-Carb da, Superfoods und Supergreens – Diät-Ödnis pur. Es gibt so sensationelle Gerichte wie Hirsebowl mit Kiwi, Schwarzbrot mit Tomaten oder Avocado mit Garnelen. Das Ding ist so nordisch und hygge wie ich: null.

Auf so eine Idee würden wir hier nie kommen. Abnehmen wie die Schwarzwälder?! Obwohl … das funktioniert. Und zwar nicht bloß als Marketinggag, sondern zu 100 Prozent authentisch: Die passenden Rezepte gibt’s in Schwarzwald Reloaded 1 und 2 – einfach essen, worauf man Lust hat, und dann geht’s raus vor die Tür. Schon mal zehn Ster Holz gemacht oder 2000 Quadratmeter Wiese in Hanglage gesenst? Rinder und Schafe umgetrieben? Einen alten Holzofen angeheizt und 150 Brote gebacken? An einem Tag wohlgemerkt.

Da könnt Ihr Euch locker zwei Pfund Zwiebelrostbraten mit reichlich Brägele plus drei Stück Linzer reinpfeifen und der Kittel sitzt immer noch tipptopp. Ganz ohne lästiges Kalorienzählen. Und es wird garantiert herrlich hygge – ’tschuldigung: heimelig –, wenn am warmen Kachelofen dann endlich der Muskelkater nachlässt.

#heimat Schwarzwald Ausgabe 24 (1/2021)

Bambi und der Schwarzwald, Viki und der Spielweg, die Burgen auf den Bergen: Wir beginnen das Jahr voller Vorfreude auf neue Abenteuer in unserer herrlichen Heimat.

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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