Badens Brenner Teil 2: Beseelt und besessen

Sie bewahren alte Obstsorten, brennen mit Rebholz und denken groß. Badens Brenner sind in der Tradition daheim und offen für Neues

Text: Pascal Cames · Fotos: Baschi Bender Fotos: Dimitri Dell

Marder Edelbrände

Fast jeder Schwarzwaldhof hat seinen Namen. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie das Beispiel Marder Edelbrände zeigt. Die Brennerei hieß ursprünglich Fichtenhofbrennerei, aber irgendwann sagten die Leute nur „ah, ein Marderschnaps!“ Als erster in der Familie brennt Stefan Marder (44, Bild oben) im Hauptberuf, das Unternehmen ist „langsam, ohne Sprünge, aber stetig gewachsen.“ Da rund ums Haus das Klima viel zu rau ist, beziehen sie Obst und Früchte aus dem Markgräflerland. „Nur Topqualität!“

Genauso ambitioniert ist er beim Brennvorgang. „Ich werde nicht automatisieren“, sagt er. „Wenn ich am Brennen bin, dann bin ich am Brennen, dann bin ich dabei.“ Fast wäre diese Leidenschaft in ein anderes Metier geflossen. Denn Stefan Marder lernte Zimmermann, setzte aber doch die Familientradition fort und gewann mit seinen ersten Bränden gleich Medaillen. „Erfolg macht Spaß!“ Dahinter stecken Akribie und Mut. Beispiel Himbeere: Für einen Liter Himbeer-Brand braucht es 25 Kilo! Neben den Klassikern wie Kirsche, Williams, Zwetschge und Novitäten wie Steinpilz, Mandarine und Blutorange hat Gin seinen Platz im Sortiment gefunden. Die Kräuter kommen erst in der Destillation zum Einsatz, um die Bitterstoffe nicht heraus zu lösen. „Einfach machen geht nicht“, sagt er, „es gehört immer eine Philosophie dazu“ – aber auch sehr viel Sorgfalt und Freude an der Arbeit.

www.marder-edelbraende.de

Brennerei Michael Boos

Wir sind etwas beschäftigt“, sagt Michael Boos und wir ahnen: Winzer untertreiben gern, Brenner auch. Michael Boos aus Steinbach im Baden-Badener Rebland hat mit acht Hektar Reben alle Hände voll zu tun. Im Winter, wenn der Weinbau ruht, brennt er mit eigenem Obst die Klassiker Kirschwasser, Mirabellen, Williams dazu seine Geheimtipps Löhrpflaume und feines Quittenwasser. Wie seine Frau hat der gelernte Weinbautechniker ein Faible für Gin und so kam er vor fünf Jahren auf die Idee, es auch mal zu versuchen. Wichtig ist ihm eine Ausgewogenheit der Aromen.

Der Name Delta-Gin spielt darauf an. Delta ist der vierte Buchstabe im griechischen Alphabet, der Wert Vier steht für Wacholder, erdig, würzig und fruchtig. Sein Ziel ist es, dass seine Gins keine Jahrgangsunterschiede haben. Eine Challenge liegt in der Befeuerung. Für Gin nimmt er bevorzugt altes Rebholz, das brennt langsamer und gleichmäßiger. Da ihm der Erfolg recht gibt, hat er schon zwei weitere Gins am Start. Sein Navy Strength zählt mit 57% Volumen zu den muskulösen Gins, sein Dry Gin hat dank einem Auszug aus Apfelbrand der Sorte Topaz noch ein paar Aromen mehr. Mit weiteren Überraschungen in Sachen Brennen und Destillate ist also zu rechnen.

delta-gin.de

Armbrusters Hoflädele

Wenn auf einem Hof seit fast 120 Jahren das Brennrecht ist, könnte man glauben, dass Tradition alles ist. Bei Wolfgang Armbruster (66) aus Gengenbach lodert die Flamme der Tradition, aber er ist offen für Neues. Traditionell brennt er sein eigenes Obst. 95 Prozent sind Eigengewächse, Tendenz steigend. Was Wolfgang Armbruster destilliert, wird regelmäßig auf Wettbewerben wie Baden Best Spirits ausgezeichnet. Rechnet man alle Medaillen zusammen, gehört er zu Badens Top Five.

Wolfgang Armbruster folgt mit seinen Bränden dem Zeitgeist: Hochprozentiges soll nicht stark, sondern fruchtig schmecken und eine schöne Farbe haben. So reichert er sein Kirschwasser mit einem Fruchtauszug an. Aber natürlich gibt es das Kirschwasser auch glasklar. Stolz ist er auf seine Gold Edition, hochwertige Brände, die angesetzt wurden, damit sie intensiver schmecken, wie zum Beispiel Gengenbacher Williams.

Seine Eierliköre (18 Sorten!) sind im Hofladen ebenfalls ein Hit. Zu seinen besonderen Empfehlungen zählen Haselnuss und Williams. Als Mann mit Geschmack möchte Wolfgang Armbruster, dass beim Genießer ein „Traum im Kopf abläuft“. Mit aktuell 90 Produkten von A wie Avena Haferbrand bis Z wie Zibärtle kann sich jeder seinen ganz persönlichen Traum erfüllen.

hoflaedele.de

Edelobstbrennerei Kesselkunst

er weiß, was eine Gute Graue ist? Wer kennt die Zillbier aus dem Hanauerland? Namen wie diese gehören uralten Birnensorten, die schon längst vergessen sind. Daniel Kehret (24) aus Eckartsweier (Willstätt) hält die hochstämmigen Raritäten in Ehren und veredelt sie sogar.

Daniel ist die fünfte Generation Brenner und studiert in Esslingen Fahrzeugtechnik, gebrannt wird mit dem Vater am Wochenende. Mit „Qualität rausholen, was rauszuholen ist“, beschreibt er seine Philosophie in der rudimentären Brennküche. Dass er ziemlich viel an Aromen herausholt, hat sich vor zwei Jahren und 2020 erneut bei der Prämierung Baden Best Spirits bewiesen. Fünf Brände hat er angestellt, alle fünf wurden von Bronze bis Gold prämiert. Sein Gin bekam sogar einen Ehrenpreis, quasi die Goldmedaille der Goldmedaillen.

Zum Brennen kam Daniel übrigens über ein Praktikum in einer Destillerie in Namibia. Die verschnapsten sogar Datteln, Kaktusfeigen und Granatäpfel. Der Gin dort hat ihm so gut geschmeckt, dass er sich Gin als Projekt vorgenommen hat. Und dieser Plan ging auf, sein Südwest Gin ist auch längst ausgezeichnet.

Auch Daniels Steinobst- und Wildobst-Brände können sich sehen lassen. Zum Erfolg trägt bei, dass er seine Brände im Steingut nachreifen lässt. „Das ist leider vergessen worden“, sagt er. Aber zum Glück halt nicht von allen!

www.brennerei-kesselkunst.com

#heimat Schwarzwald Ausgabe 24 (1/2021)

Bambi und der Schwarzwald, Viki und der Spielweg, die Burgen auf den Bergen: Wir beginnen das Jahr voller Vorfreude auf neue Abenteuer in unserer herrlichen Heimat.

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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