Die Bar der Überflieger

Schöner Trinken in der flying bar Eschbach. Mit Blick aufs Rollfeld und einem gepflegten Cocktail gelingt der Abflug ins Wochenende  

Text: Ulf Tietge

Gut gelandet? Oh ja! Das kann man nach der ersten Stunde und dem zweiten Drink im Fliegerhorst von Eschbach wirklich sagen. Hinter uns stehen von Hand polierte, jederzeit flugtaugliche Kostbarkeiten. Eine amerikanische P-51 Mustang, britische Spitfire und der weltweit einzige Bomber, der je zu einer fliegenden Bar umgebaut wurde. Die Alu-Haut glänzt wie Silber, den Porsche unter der Tragfläche sieht man erst auf den zweiten Blick und ein bisschen ist es, als säße man am Set von Top Gun. Wenn gleich noch Tom Cruise hier reinmarschiert – wundern würde es wohl kaum einen.

Breisgauer kennen den Fliegerhorst noch als großartiges Gourmet-Restaurant, Veteranen als Offizierskasino der Immelmann-Kaserne. Beides ist Geschichte. Seit April 2022 empfängt Gastronom Patrick Zipfel hier all jene, die in gepflegter Atmosphäre mit einem Cocktail oder einer guten Flasche Wein ins Wochenende starten wollen. Dafür hat’s gemütliche Ledersessel, eine schöne Theke, eine Terrasse mit Blick aufs Rollfeld und eine Rooftop-Bar mit wundervollem Schwarzwaldpanorama. 

Tea-time mit cocktails 

Die flying bar nimmt einen mit in die Zeit vom großen Gatsby: die Goldenen Zwanziger, die frühen 1930er-Jahre. Gediegen, aber nicht konservativ. Patrick und sein Team servieren klassische Drinks mit frischen Zutaten und neuen Ideen. Den Tequila Sunrise macht er so, wie er auch vor 100 Jahren schon bestellt wurde. Daneben aber steht eine seiner Eigenkreationen: ein Havanna Grey, mit kalt angesetztem Earl-Grey-Tee, Limettensaft, Soda, etwas Zuckersirup und natürlich karibischem Rum. Großartig! Denn Barkeeper Adrian, Patricks Cousin, hat genau den Punkt getroffen, an dem sich Süße und Säure die Waage halten.

Glasklare Visionen und Eiswürfel

Patrick ist gelernter Banker oder besser: Finanzassistent. So richtig mit Schlips und Kragen. Nebenbei aber hat er immer in der Gastro an der Bar gejobbt. Im Shooters zum Beispiel und im Heuboden. 2016 hat er seine Krawatten an den Nagel gehängt und sich mit seiner flying bar selbstständig gemacht. Mobiles Bar-Catering für Veranstaltungen. Alles super, wenn nur Corona nicht gewesen wäre, aber auch das hat Patrick ganz gut überstanden. 

Seine flying bar ist inzwischen eine kleine Unternehmensgruppe mit 60 Mitarbeitern, die gemeinsam den Fliegerhorst, viele hundert Veranstaltungen im Jahr und die Freiburger Eiswürfelmanufaktur wuppen. Und selbst das macht Patrick mit Liebe zum Detail: Damit die Eiswürfel auch wirklich glasklar sind, stehen kleine Vibratoren unter den Formen. Was an Gas oder Trübstoffen im Wasser ist, wird hochgeschwemmt. Zurück bleibt Eis der Extraklasse, das mit einer umfunktionierten, übermannshohen Bandsäge zu Blöcken geschnitten wird. „Wichtig ist, dass der Drink nicht verwässert“, erklärt Patrick. „Der erste Schluck soll schmecken wie der letzte – und dafür braucht’s gutes Eis.“

Zutaten mit Herkunft

Für eine gute Barkarte aber braucht’s noch mehr. Frische und natürliche Zutaten zum Beispiel. Darauf legt Patrick Wert. Säfte macht das Team auch selbst. Seine Limonaden setzt er mit frischen Beeren vom Hollihof Dietsche in Hartheim an und selbst der grüne Werwolf ist ein ziemlicher einheimischer Zeitgenosse: Basilikum vom Gärtner, Läuterzucker, Limettensaft und weißer Wermut von der WG Wolfenweiler. „Bei Essen fragen viele Leute nach Herkunft und Haltung. Ich würde mich freuen, wenn uns das bei Getränken auch gelingt“, sagt Patrick. Denn im Glas sei das genauso wichtig wie auf dem Teller.

Apropos Teller: Gibt’s noch ’ne Kleinigkeit? Oh ja! Meistens kleine Vesperplatten von Sternekoch Oliver Rausch. Käse und Salami, Baguette oder vegane Aufstriche. Heute aber hat’s neapolitanische Pizza, für die ein Kumpel von Patrick seine Profi-Öfen auf die Terrasse geschleppt hat und seinen vor zwei Tagen angesetzten Teig geschickt in Form zupfelt und ratzfatz frisch belegt. Vier Minuten im Ofen und fertig. Dass sich von dieser Pizza so manche Pizzeria ein Stück abschneiden könnte, rundet unseren Besuch im Fliegerhorst perfekt ab. 

Fazit: Ein gutes Konzept, eine motivierte Mannschaft und eine tolle Location, die viel mehr zu bieten hat als nur gute Drinks. Ob nun mit dem Flieger oder dem Auto: Der Anflug lohnt sich!

4,3 von 5 Zapfen für die flying bar

So hat Autor und Testtrinker Ulf Tietge die flying bar in den einzelnen Kategorien bewertet:

Geschmack

Wie hat das Essen geschmeckt?

Preiswürdigkeit

Wie ist das Preis-Leistungs-Verhältnis?

Speisekarte

Wie ist die Auswahl der Speisen?

Getränkekarte

Wie ist die Auswahl der Getränke?

Innovationsgrad

Gab es Neues oder Überraschendes?

Ökologie

Wie viel Wert wird auf Nachhaltigkeit gelegt?

Besonderheit

Wie einzigartig ist das Essen und/oder die Location?

Ambiente & Aufenthaltsqualität

Sitzkomfort, Stimmung, Licht, Dekoration, Sauberkeit, Toiletten?

Service

Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Gastfreundschaft?

Die flying bar

www.flyingbar.de

Telefon: 01 72 / 8 35 74 95

Anfahrt: Freiburger Straße 19, Eschbach 

Geöffnet: Mi–Fr ab 18, Sa/So ab 14 Uhr  

#heimat Schwarzwald Ausgabe 38 (3/2023)

Freut Euch in dieser #heimat auf Erdbeer-Rezepte, Schwarzwälder Van-Life, eine Boots-Tour im Elsass, ein spannendes Interview mit Frank Elstner und unser Heimatwald-Projekt – zusammen mit weiteren spannenden Menschen und ihren Geschichten. Was hat es zum Beispiel mit dem Schneekönig auf sich – im Mai? Und wer steckt hinter dem Titel Badens Winzer des Jahres? Lest selbst!

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