Ehren-Kuckuck für Hotelier Hermann Bareiss

Der Ehrenpreis geht dieses Jahr an einen Hotelier, der den Schwarzwald auf seine ganz eigene Weise geprägt hat

Text: Stephan Fuhrer · Fotos: Pascal Oertel

Hotelier des Jahres, Bundesverdienstkreuz, Lifetime Award der deutschen Gastronomie, Gastronom des Jahres: Die Liste der Auszeichnungen, die Hermann Bareiss in seinem Leben bisher erhalten hat, ist lang – und ließe sich fortführen. Ob er sich denn dann trotzdem noch über einen vergleichsweise regionalen Preis wie den Ehrenpreis der kuckuck Awards 2023 freue? „Und wie!“, versichert der Hotelier und strahlt übers ganze Gesicht. Gerade weil die Auszeichnung aus dem Schwarzwald kommt. „Und weil ich – wenn Sie mich nach meiner Identität fragen – vor allem anderen Schwarzwälder bin.“

Überall Schwarzwald

Zum Baiersbronner Hotel Bareiss, einer der besten Adressen Europas, gehört der Schwarzwald ohnehin dazu. Und das nicht nur, weil bereits direkt hinter dem am Hang gelegenen Hotel-Komplex in Mitteltal der dunkelgrüne Tann in die Höhe steigt. Auch im Haus spielt der Schwarzwald eine gewichtige Rolle – vor allem beim Essen. In den Dorfstuben etwa, einem der drei Restaurants im Hotel, geht es in Förster-, Jakob- und Uhrenstube nicht nur in Sachen Einrichtung heimatlich zu, sondern auch in der Kulinarik. Hier können sich die Gäste, während nebenan im Bareiss bei Drei-Sterne-Koch Claus-Peter Lumpp die hohe Kunst der internationalen Spitzenküche gefeiert wird, die Gefüllte Kalbsbrust schmecken lassen, die Kutteln mit Bratkartoffeln oder den Murgtäler Zwiebelrostbraten … „Das alles lieben unsere Gäste gleichermaßen, egal, ob sie aus dem Ort kommen oder von weit her – weil unsere Schwarzwälder Küche einfach gut ist“, weiß Hermann Bareiss aus langjähriger Erfahrung. 

Und selbst der ein oder andere Vereinsstammtisch kommt hierhin „ins Kurhotel“, wie die Älteren im Ort das Bareiss noch bis heute liebevoll nennen – in Anlehnung an den alten Namen aus den Zeiten, als Hermanns Mutter Hermine das Haus mit zunächst 18 Betten hatte bauen lassen (1992 bekam es den Familiennamen). Das dürfte sich wohl gleichfalls wie eine Art Auszeichnung anfühlen, wenn die Verbindung zu den Menschen drumherum trotz allem Luxus und Ruhm einfach immer geblieben ist …

Prioritäten setzen

„Von einem klaren Bekenntnis zum Schwarzwald auf vielen Ebenen“ sprach denn auch die kuckuck-Jury bei ihrer Begründung. Und hob in besonderer Weise die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter hervor, die im Bareiss seit Jahrzehnten gelebt wird. Für den Patron nicht nur selbstverständlich, sondern sogar Grundpfeiler des Erfolgs: „Unsere Gäste fühlen sich wohl bei uns. Auch unsere Mitarbeiter fühlen sich wohl und sind glücklich – und nur glückliche Mitarbeiter können Gäste glücklich machen“, findet er. So einfach kann es manchmal sein … 

Tatsächlich steckt dahinter aber auch ganz viel persönlicher Einsatz. Schließlich ist es bei mehr als 350 Mitarbeitern sicherlich nicht selbstverständlich, dass der Chef alle mit Namen begrüßt. Tut er aber. Und so wird Hermann Ba-reiss vom ein oder anderen Hotelangestellten auch immer wieder studierend an einer Wand im Haus gesehen, an der alle Mitarbeiter mit Bild und Namen stehen. Von nichts kommt schließlich nichts. Und Prioritäten muss man setzen. Das erzählt uns Hermann Bareiss im persönlichen Gespräch zwar in einem anderen Zusammenhang, aber er lebt diese Prinzipien offensichtlich mit seinen Mitarbeitern in ganz besonderer Weise …

 

Immerhin Warmwasser

Von nichts kommt nichts – das dürfte sich auch Hermine Bareiss seinerzeit gedacht haben, als sie in Mitteltal kurz nach dem Krieg, verwitwet mit zwei kleinen Kindern, zunächst das Gasthaus Kranz übernahm und schließlich 1950 einen Bauplatz auf dem Gartenbühl erwarb, wo sie ein Jahr später schließlich ihr Kurhotel Mitteltal eröffnete. Harte Zeiten seien das gewesen, aber auch interessante: „Auf den Zimmern gab’s damals schon heißes und kaltes Wasser, das war das Highlight“, erinnert sich Hermann Bareiss, der später eine Kochlehre machte, dann durch Europa tingelte und schließlich als 22-Jähriger von seiner Mutter zurückbeordert wurde. „Entweder du kommst, oder ich verkaufe das Hotel“, habe sie ihm klargemacht. Natürlich kam er …

„Es war für mich tatsächlich nie die Frage, ob ich das machen möchte oder nicht. Der Wille, unser Haus in Mitteltal einmal groß zu machen, war schon immer in mir“, sagt Hermann Bareiss, der auch nie etwas anderes werden wollte als Gastgeber. Warum auch? „Es gibt ja keinen vielseitigeren und schöneren Beruf“, findet der Hotelier und lächelt sein charmantes Hoteldirektoren-Lächeln. 

Im Jahr 1966 war das. 1973 übernahm der junge Hermann schließlich das Hotel, zahlte seine Schwester aus und begann schon ein Jahr später mit dem größten Ausbau in der Geschichte des Hauses. „Das wäre heute undenkbar, aber wir haben damals drei Jahre lang am Stück gebaut, der Anbau wurde um drei Etagen aufgestockt, dazu die Außenterrasse, zwei Kegelbahnen und vieles mehr“, erinnert sich der Hotelier, der innerorts längst im Wettbewerb mit einer weiteren Hotelfamilie stand – den Finkbeiners mit ihrer Traube in Tonbach … 

Krieg der Sterne

Das Kräftemessen der beiden Häuser – die Familien sind längst eng miteinander befreundet, gerade auch die Söhne – fand dann schon bald auch noch auf kulinarischer Ebene statt. Die Michelin-Sterne fielen dabei nur so vom Baiersbronner Himmel. Drei waren es seit 1992 bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube, zwei für Claus-Peter Lumpp und sein Bareiss. 2008 kam dann auch in Mitteltal der dritte dazu. Insgesamt sind es in dem kleinen Schwarzwald-Örtchen mittlerweile acht – und der Ruf des Gourmet-Dorfs hallt durch die ganze kulinarische Welt. Baiersbronn? Ein Mekka für Genießer! Ein Must-go für Sterne-Jäger. „Das war im Nachhinein betrachtet natürlich ein enormer Glücksfall, dass sich das alles so positiv entwickelt hat“, sagt Hermann Bareiss heute dazu und überlegt: „Wahrscheinlich liegt meine persönliche Nähe zur Kulinarik darin begründet, dass ich als junger Mann eine Kochlehre absolviert habe.“

Ob ihn das besonders stolz mache, dass er einen gewichtigen Teil dazu beigetragen hat, dass sogar die „New York Times“ dem Sterne-Dorf schon eine ganze Seite gewidmet hat, wollen wir zum Schluss noch von ihm wissen. „Ist doch klar!“, sagt der 79-Jährige. Noch stolzer mache ihn allerdings, dass sie es in der Familie geschafft hätten, einen wunderbaren Übergang hinzubekommen. In der Branche sei das schließlich nicht immer einfach. 

„Ich bin zwar noch Geschäftsführer, aber mein Sohn Hannes kam 2009 bereits in dieser Position ins Unternehmen, zusammen mit seiner Frau Britta hat er mir immer mehr abgenommen. Die beiden machen das wunderbar!“, sagt der Hotelier. Und auch beim Blick in die Glaskugel sieht es jetzt schon ganz gut aus, schließlich toben da bereits drei Enkelkinder durch Opas Garten. „Und deshalb kann ich mit Ihnen jetzt auch noch ganz entspannt ein Stück Zwetschgenkuchen genießen. Wollen Sie?“, fragt der Patron. Was für eine Frage … 

Das Bareiss in Baiersbronn

Fünf Sterne Superior, mehr als 200 Betten in über 100 Zimmern, drei A-la-Carte-Restaurants, eines mit drei Michelin-Sternen, dazu ein weiteres im Forellenhof im nahen Buhlbachtal, die Wanderhütte Sattelei mit Schwarzwälder Vespergelegenheit und ein wunderschöner und denkmalgerecht restaurierter Hof als Veranstaltungsmöglichkeit, der Morlokhof – so geht das Hotel Bareiss in aller Kürze. Dass es in dem Ferienhotel in Mitteltal auch noch ein großes Angebot samt Reiterhöfle und Streichelzoo für Familien gibt, verschiedene Wellnessangebote für Erwachsene und auch sonst diverse Arrangements, sei hier mal nur ganz kurz angerissen. Wer’s noch viel genauer wissen möchte: www.bareiss.com

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