Immerhin Warmwasser
Von nichts kommt nichts – das dürfte sich auch Hermine Bareiss seinerzeit gedacht haben, als sie in Mitteltal kurz nach dem Krieg, verwitwet mit zwei kleinen Kindern, zunächst das Gasthaus Kranz übernahm und schließlich 1950 einen Bauplatz auf dem Gartenbühl erwarb, wo sie ein Jahr später schließlich ihr Kurhotel Mitteltal eröffnete. Harte Zeiten seien das gewesen, aber auch interessante: „Auf den Zimmern gab’s damals schon heißes und kaltes Wasser, das war das Highlight“, erinnert sich Hermann Bareiss, der später eine Kochlehre machte, dann durch Europa tingelte und schließlich als 22-Jähriger von seiner Mutter zurückbeordert wurde. „Entweder du kommst, oder ich verkaufe das Hotel“, habe sie ihm klargemacht. Natürlich kam er …
„Es war für mich tatsächlich nie die Frage, ob ich das machen möchte oder nicht. Der Wille, unser Haus in Mitteltal einmal groß zu machen, war schon immer in mir“, sagt Hermann Bareiss, der auch nie etwas anderes werden wollte als Gastgeber. Warum auch? „Es gibt ja keinen vielseitigeren und schöneren Beruf“, findet der Hotelier und lächelt sein charmantes Hoteldirektoren-Lächeln.
Im Jahr 1966 war das. 1973 übernahm der junge Hermann schließlich das Hotel, zahlte seine Schwester aus und begann schon ein Jahr später mit dem größten Ausbau in der Geschichte des Hauses. „Das wäre heute undenkbar, aber wir haben damals drei Jahre lang am Stück gebaut, der Anbau wurde um drei Etagen aufgestockt, dazu die Außenterrasse, zwei Kegelbahnen und vieles mehr“, erinnert sich der Hotelier, der innerorts längst im Wettbewerb mit einer weiteren Hotelfamilie stand – den Finkbeiners mit ihrer Traube in Tonbach …
Krieg der Sterne
Das Kräftemessen der beiden Häuser – die Familien sind längst eng miteinander befreundet, gerade auch die Söhne – fand dann schon bald auch noch auf kulinarischer Ebene statt. Die Michelin-Sterne fielen dabei nur so vom Baiersbronner Himmel. Drei waren es seit 1992 bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube, zwei für Claus-Peter Lumpp und sein Bareiss. 2008 kam dann auch in Mitteltal der dritte dazu. Insgesamt sind es in dem kleinen Schwarzwald-Örtchen mittlerweile acht – und der Ruf des Gourmet-Dorfs hallt durch die ganze kulinarische Welt. Baiersbronn? Ein Mekka für Genießer! Ein Must-go für Sterne-Jäger. „Das war im Nachhinein betrachtet natürlich ein enormer Glücksfall, dass sich das alles so positiv entwickelt hat“, sagt Hermann Bareiss heute dazu und überlegt: „Wahrscheinlich liegt meine persönliche Nähe zur Kulinarik darin begründet, dass ich als junger Mann eine Kochlehre absolviert habe.“
Ob ihn das besonders stolz mache, dass er einen gewichtigen Teil dazu beigetragen hat, dass sogar die „New York Times“ dem Sterne-Dorf schon eine ganze Seite gewidmet hat, wollen wir zum Schluss noch von ihm wissen. „Ist doch klar!“, sagt der 79-Jährige. Noch stolzer mache ihn allerdings, dass sie es in der Familie geschafft hätten, einen wunderbaren Übergang hinzubekommen. In der Branche sei das schließlich nicht immer einfach.
„Ich bin zwar noch Geschäftsführer, aber mein Sohn Hannes kam 2009 bereits in dieser Position ins Unternehmen, zusammen mit seiner Frau Britta hat er mir immer mehr abgenommen. Die beiden machen das wunderbar!“, sagt der Hotelier. Und auch beim Blick in die Glaskugel sieht es jetzt schon ganz gut aus, schließlich toben da bereits drei Enkelkinder durch Opas Garten. „Und deshalb kann ich mit Ihnen jetzt auch noch ganz entspannt ein Stück Zwetschgenkuchen genießen. Wollen Sie?“, fragt der Patron. Was für eine Frage …