Die volle (Akku-)Ladung Schwarzwald

Eine tolle Mountainbike-Tour, viel Berg, aber kaum Schenkelgas? Das geht – mit E-Bikes! Wir haben die Motoren mal auf einer neuen Runde angeschmissen

Fotos: Dimitri Dell

Diesen Satz werden wir nicht so schnell vergessen: „Jetzt machen wir noch einen kleinen Abstecher.“ Unser Tourguide Meinrad Weber sagt ihn gleich mehrmals auf unserer Fahrt auf der neuen Achertäler Runde. Und zwar immer an bestimmten Stellen. Mein Kollege Simon, der uns fürs #heimat-Social-Media-Team begleitet, stellt schnell fest: „Danach wird’s immer steil …“

Aber zurück auf Los. Wir wollten eine Mountainbiketour machen und dabei möglichst viel vom Schwarzwald sehen und festhalten. Das Problem: So was setzt eine gewisse Tourlänge und die entsprechenden Höhenmeter voraus. Die Gleichung ist einfach. Höhe gleich Aussicht. Nur: Unser Schenkelgas allein reicht dafür nicht. Gut also, dass uns Sascha Hotz, Radtouren-Spezialist bei der Schwarzwald Tourismus GmbH, einen Tipp hat: „Bei Kappelrodeck haben wir eine neue Tour ausgeschildert: die Achertäler Bike- und Tal-Panorama-Runde. Die ist mit dem E-Bike gut zu schaffen und hat schöne Single Trails.“ Und wenn die Hornisgrinde Streckenpunkt ist, ist die gute Aussicht garantiert. Also gut: Wir machen die 52 Kilometer. Ein paar Einkehrmöglichkeiten soll es ja auch noch geben. In der Ortenau soll kein Tourist beim Strampeln verhungern müssen. Das Landratsamt Ortenaukreis und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord haben mit dem Ausbau der Strecke bewusst einen Höhepunkt für Biker geschaffen, der Genuss, Panorama und – für den, der will – eine actionreiche Abfahrt verbindet.

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Höhe statt Weite

Unseren Tourguide Meinrad Weber treffen wir am Bikeshop Tillit in Sasbach. Während uns Verleiher Urs die Fahrräder passgenau einstellt, erklärt uns Meinrad schon mal, dass es auf die Länge der Strecke gar nicht so ankommt, sondern vielmehr auf die Höhenmeter. Knapp 1500 davon wollen wir schaffen. Zu viel für einen Akku – ein Glück gibt es auf der Strecke entsprechende Lademöglichkeiten. „Damit kommen wir dann gut hin“, sagt Meinrad. 

Mit seinem Unternehmen Erlebnisbiken in Kappelrodeck bietet der Guide geführte Erlebnis- und Genusstouren sowie Techniktrainings an. Seine große Stärke: Seit fast zehn Jahren sitzt er fast nur auf dem Rad und kennt die Gegend deshalb wie nur ganz wenige. Bevor er aufs Mountainbike umstieg, lief er die Gegend als Ultraläufer ab, machte das Doppelte und Dreifache unserer heutigen Tour zu Fuß. Extremer Kerl! Aber zum Glück haben wir dieses Mal Akkus. 

Wir starten also von Obersasbach aus und fahren über erste Hügel nach Sasbachwalden, wo wir auf die eigentliche Route kommen. Über den Blosenkopf mit Kapelle und bunt bemalter Himmelsliege kommen wir nach Kappelrodeck, durchqueren den Ort bis zum Zuckerbergschloss und teilen uns ab da einen Weg mit dem Kappelrodecker Hexensteig. 

Oben in den Weinbergen knallt uns die Sonne auf den Kopf und die erste Erfrischung kommt gerade noch recht: keine Fata Morgana, ein echter Schnapsbrunnen! Simon probiert den Johannisbeerlikör, Fotograf Dimitri und ich greifen zur alkoholfreien Variante: Johannisbeerschorle frisch aus dem Kühlschrank. Und Meinrad? Der braucht noch nichts … Der Schnapsbrunnen gehört zum Ganzeckerhof. Einen Steinwurf weiter kommen wir an den Baßler Hof beziehungsweise zur Heidenhofbrennerei. Unser Durst ist nach dem ersten kleinen Abstecher von der Route schon gestillt – schade eigentlich, gibt es hier doch sogar original Schwarzwälder Brandy. 

Möglich-Macher E-MTB

Wir düsen am Simmersbacher Kreuz mit der Grindeblickhütte vorbei, machen die Berge entlang einen Bogen. Hier haben wir einen tollen Ausblick und im Tour-Modus läuft das Rad gut. Das Bergauffahren ist ein Spaziergang. Klar sind wir für einen weiteren kleinen Umweg bereit. Meinrad zeigt uns ein Hexenhäuschen, das Höhepunkt des Lautenbacher Hexensteigs ist.  

Auf dem Weg zum Sohlberg und zum Knappen­eck ganz im Süden der Achertäler Tour nimmt die Akkuanzeige unserer Fahrräder ab. Wir hören auf Meinrad und schalten vom Tour- in den Eco-Modus und plötzlich fühlt es sich doch an wie das gute alte Fahrradfahren – und zwar die Variante bergauf und mit Rucksack. Oben angekommen merken wir den Unterschied vom E- zum Bio-Bike dann doch. Und schon wieder sind wir einen Hügel weiter. Meinrad zeigt uns mit dem Finger, wo wir eben vor 10, vor 20, vor 30 Minuten noch waren. Dass man so über die Hügel hopst, erstaunt uns. Das hätten wir nicht für möglich gehalten. Meinrad sagt: „Das ist das Tolle. Das E-Mountainbike ermöglicht es auch untrainierten Fahrern, Strecken zurückzulegen, die bis vor Kurzem den trainierten Mountainbikern vorbehalten waren.“ Und selbst die würden immer mehr aufs E-Bike umsteigen, erzählt er. Das merke man schon daran, dass die Routen ohne Motor in den vergangenen Jahren kürzer geworden seien.

Reintreten kommt vor Einkehren

Oberhalb des Klosters Allerheiligen fahren wir jetzt ein Stück auf der geteerten Straße, bis wir einen Schotterweg links hoch nehmen. Wir sind jetzt auf dem Gebiet des Nationalparks Schwarzwald. Und hier steigen wir ganz schön hoch und bleiben dabei möglichst lang im Eco-Modus. „Mindestens bis zum Ruhestein muss der Akku halten“, mahnt Meinrad. Nahe dem Gebirgskamm oben haben wir eine tolle Aussicht. Meinrad zeigt uns, wo bei weniger Grün der Karlsruher Grat in Ottenhöfen gut erkennbar ist. Schon wieder bin ich erstaunt, wie viel Weg wir in den letzten Minuten gemacht haben. Wir müssen allerdings auch reintreten. Vier Stunden sind für die gesamte Tour angegeben. Dass wir die reißen werden, ist schon sicher. „Wir sind ja auch wegen der Aussicht hier“, sagt Dimitri, stoppt und schießt ein paar großartige Fotos.

Vollmachen, bitte!

Nach einer kleinen Abfahrt kommen wir am Nationalparkzentrum am Ruhestein an. Unsere Akkus brauchen den Strom und auch uns zuliebe ringen wir Meinrad eine Rast ab. Kalte Getränke und Flammkuchen – hier lässt’s sich aushalten! 

Mit den aufgeladenen Bikes fahren wir weiter entlang der Schwarzwaldhochstraße und parallel zum Westweg. Wir kommen vorbei am Skilift Seibelseckle und schließlich an den Mummelsee. Wie lang brauchen wir wohl hoch zur Hornisgrinde? „Zehn Minuten“, sagt Meinrad und schwingt sich auf den Sattel. Wir strampeln hinterher und trauen unseren Akkus wieder mehr Tour- statt Eco-Modus zu. Oben bekommen wir eine grandiose und schon abendliche Aussicht geboten. Da machen wir gern noch einen ganz kleinen Abstecher durchs Hochmoor. 

Jetzt aber nichts wie runter! Wir fahren gegen die aufkommende Dunkelheit. Den kleinen Abstecher zum Gleitschirmfliegerplatz Sasbachwalden machen wir aber noch. Die Abendsonne ist hier einfach einzigartig. Kurz holpern wir dann noch ein Stück des gebauten Trails runter, aber ganz harmlos, und umfahren die größeren Hindernisse. Nur Meinrad springt voll drüber. Die Abfahrt im Gelände, dann nach Sasbach und schließlich ab von der Tour zurück zum Bike­shop genießen wir im Fahrtwind. Die letzten paar Meter hoch noch mal mit voller Motorunterstützung. Puh, das hat grade noch gereicht … 

Achertäler Bike-und-Tal-Panoramarunde

Wie schon beim Felsentrail Hornberg (#heimat Ausgabe 9) hat das Landratsamt Ortenaukreis mit der Achertäler Bike- und Tal-Panorama-Runde (4 Stunden, 1492 Höhenmeter Aufstieg) den Ausbau einer Moutainbikestrecke gefördert, die Panorama, Genuss und Single-Trail-Passagen verbindet und Touristen und Einheimische für den Schwarzwald und die Ortenau begeistern soll. „Unser Ziel ist es, nach und nach weitere solcher großartigen Strecken auszubauen“, sagt Sandra Bequier, Tourismusbeauftragte des Landratsamts Ortenaukreis. Da freuen wir uns schon drauf und satteln die Räder! Weitere Tipps für Radfahrer gibt es unter www.ortenau-tourismus.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 27 (4/2021)

#heimat, Ausgabe 27 (4/2021)

Mit der neuen Ausgabe #heimat geht es hoch hinaus: Wir waren für Euch tatsächlich segelfliegen! Autorin Karen erzählt Euch, wie unglaublich es war und ob es so war, wie sie es sich immer erträumt hatte.

Außerdem gibt es Action mit Deutschlands Parkour-Pionier Andy Haug in seinem Geburtsort Freudenstadt. Der Mann pfeift sowas von auf Schwerkraft!

Und es wird wie immer lecker: Focaccia, Pfifferlinge, ein ganz besonderer Eisdealer und dann wär da noch der Ausblick auf eine neues Kochbuch … na, wie klingt das?

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