Was die Gringos vom Kaiserstuhl aus Agaven zaubern

Hossa! Brenner Florian Faude aus dem Kaiserstuhl hat Bock auf Schnaps und Neues. Reden wir von Agavenwein…

Text: Pascal Cames · Fotos: Jigal Fichtner

Sonderfall Kaiserstuhl. Zwar liegt der erloschene Vulkan mitten in der Rheinebene, aber gehört er wirklich zum Schwarzwald? Findige Kaiserstühler haben Olivenbäume angepflanzt und Winzer beginnen mit Tempranillo. Jetzt hört man von einer Agavenspirituose. Das würde wie die Faust aufs Auge passen. Passend dazu der Kaiserstühler Hausberg Totenkopf. So ein Name gehört eigentlich dorthin, wo Skelette zur Folklore gehören. Wo wachsen die Kakteen?

Ein Herz für harte Sachen

Der Mann, der die Agavenspirituose macht, ist ein echter Schwarzwälder, sofort erkennbar am Dialekt. „Oh leck, isch des long här“, sagt der drahtige Typ, der sich wie ein Rockstar backstage im Sperrmüllsessel fläzt und sich dabei an seine Winzerlehre erinnert. Florian „Flo“ Faude lernte die Winzerei im Kaiserstuhl. Er war gerne in Keller und Weinberg, aber die Liebe zum Wein ging nicht so weit, dass er einen Buckel pachten wollte. Nein, sein Herz schlägt für die harten Sachen. Dabei ist er ein Neuling. Ein Reingeschmeckter. Ein Anfänger. Ein Könner. Große Häuser wie Traube Tonbach, Öschberghof und Dollenberg haben Faude auf der Karte. Blutjung mit 22 Jahren startete er 2006 mit seinen eigenen Destillaten. Jetzt ging es Schlag auf Schlag und er kam kaum nach mit der Brennerei, so groß war die Nachfrage. So gibt es bei ihm Quittenbrand und andere Klassiker, aber auch Rote Beete oder Gurke als Destillat. Wichtig ist die Regionalität. Die Aprikose kommt nicht aus der Wachau, sondern aus dem Markgräflerland, die Birnen sind badisch und nicht aus Südtirol.

„Jeder, der eine Flasche Kirschwasser trinkt, lässt hier die Landschaft blühen.“ Natürlich hat er auch eigene Streuobstwiesen. Sogar hochstämmige Obstbäume! Vor sieben Jahren bezog er in Bötzingen eine neue Halle, die schon wieder zu klein ist.  Wie ein antiker König sitzt er zwischen Glasballons, Fässern und Edelstahlfässern, die mit Ziebärtle, Mirabelle oder Zwetschge beschriftet sind. Die nächste Halle ist so gut wie bezugsfertig.

Das nächste große Ding?

Wie kommt einer wie er auf die Agave, die immer noch nicht am Kaiserstuhl wächst? Er wurde angesprochen. Es waren Laurin Lehmann und Sebastian Dresel, die schon eine Weile im Getränkebusiness sind und einen Brenner suchten, der es draufhat, ein Premiumprodukt zu machen. Lange Rede, kurzer Sinn: Am 24. September 2020 schrieben sie Flo an. Die Chemie stimmte sofort, dann ging es in die Experimentierphase. Die drei wollten keine Kopie im Glas haben. Sie wollten etwas, das die Agave feiert, aber trotzdem etwas Eigenes ist. Fast ein Jahr probierten sie, bis sie endlich zufrieden war. Eine Rakete! Dann begannen sie mit dem Klinkenputzen, auf Messen zu gehen und Netzwerke zu nutzen. „Am Anfang gab es Gegenwind“, berichtet Laurin. Die Killerfrage: „Braucht’s des?“ Die Macher sind überzeugt, dass Agavenschnaps das nächste große Ding sein wird, denn „Gin ist tot“. Die Wacholder-Spirituose habe die beste Zeit hinter sich, glaubt Florian.