Das Powerfood aus dem Elsass

Berawecka geben Kraft und machen dem Gaumen Spaß. Wir waren in Colmar bei Monsieur Schmitt, einem Meister seines Fachs.

Text: Pascal Cames · Fotos: Jigal Fichtner

Vor langer Zeit war das Elsass für seine Generäle berühmt, heute hat es einen nationalen Ruf für seine Konditoren. Aber es sind nicht nur die großen Namen wie Gilg oder Bockel, die wie Weihnachtssterne leuchten, es gibt auch die kleinen Stars in den Städten und Dörfern, die mit ihrer Kunst die gute alte Tradition feiern. Reden wir also beispielsweise mal von Charles Schmitt, einem Mann, dem man seine 69 Jahre nicht ansieht …

Woran liegt's? „Ich bin gerne in meiner Backstub, ich habe junge Leute um mich herum, da kann man nicht alt werden“, sagt er. Arbeit und Kollegen als Anti-Aging-Mittel klingen nicht schlecht. Aber da gibt es noch etwas anderes, was den Schaffer in der Backstub fit hält. Eine Art Zaubertrank. Der aber in diesem Fall nicht flüssig ist, sondern sehr handfest: Berawecka. Die elsässische Version von Früchtebrot ist geradezu sein Faible, dafür steht die Pâtisserie Schmitt in und um Colmar.

Die Liebe zur Tradition

Berawecka alias Berewecke sind im Elsass noch eine größere Nummer als dort, wo es Hutzelbrot oder auf Hochdeutsch Früchtebrot heißt. Woran das liegt? Vielleicht an der Liebe zur Tradition, die im alemannischen Teil Frankreichs noch tiefere Wurzeln geschlagen hat als sonstwo auf der Welt. Charles Schmitt weiß auch, dass sich die Zeiten geändert haben. Die meisten Leute gehen wohl auch im Elsass ihre Brioche und Apfelkuchen im Supermarkt einkaufen. Der Mann mit dem Lachen eines Honigkuchenpferds sagt nur: „Ich der kleine Konditor, gegen die Maschinen, die alle das gleiche Rezept machen.“ Natürlich hält er seine Ware für besser. Diese Ansage muss aber hart erarbeitet werden.

Charles Schmitt wusste schon früh, was er will. „Mit acht Jahren wollte ich Konditor werden.“ Die Eltern: „Bub, geh studieren!“ Aber nix da, der junge Charles lernte in Deutschland und der Schweiz Konditor, ging zurück und veränderte die Grundrezepte („die sind überall gleich“) nach seiner Fasson. Ach ja, die ersten sechs Jahren nahm er sich null Tage Urlaub. Nach und nach wurde aus der kleinen Bäckerei ein großer Backbetrieb. Aber auch mit 45 Mitarbeitern kann man noch lange nicht von einer Kette sprechen.

Mit den Berawecka hat es seine besondere Bewandtnis, erzählt er in der Backstube, wo die Teigrührmaschine gerade 90 Kilo Teig knetet. Von Hand könnte das keiner stemmen, sagt er, denn ein paar Hundert Kilo Früchtebrot (vielleicht auch mehr …) werden in der Weihnachtssaison verkauft. Und dafür braucht es alle 14 Tage eine Tonne Butter!

Altes Hausrezept mit Brioche verfeinert

Die Geschichte vom Berawecka geht so, dass früher jede Hausfrau ihr Rezept dafür hatte, denn man nahm, was im Garten zu finden war. Birnen, Nüsse, Äpfel... Die einen hatten Zwetschgen oder Birnen, die anderen nicht. Charles Schmitt nimmt auch getrocknete Bananen. Warum nicht? „Hätte man früher Bananen im Garten gehabt, dann halt auch Bananen.“ Auch Kirschwasser braucht's – und das hatte doch früher auch jeder zweite Haushalt im Schrank. Typisch für einen Konditor, wählt er die Verfeinerung. Statt Brotteig als Bindemittel für die Früchte nimmt er Brioche. Aber sonst läuft alles nach Muttis altem Rezept, dazu die obligatorischen Verfeinerungen, die halt für einen Konditor Ehrensache sind.