Zum Schmuggeln nach Paris
In den 1970ern geht es schon steil bergauf. Denn der Dollenberg hat Besonderes zu bieten – auch, weil der Chef schmuggelt. „Naja, wir sind halt nach Paris“, erzählt Schmiederer. „Nach Rungis, zum Großmarkt. Foie gras, frische Hummer, Geflügel. Sachen, die man halt bei uns nicht bekam.“
Im VW Variant 1600 – dem Vorgänger vom Passat – kutschierte der Hotelier seine heiße Ware in den Schwarzwald. „Heute ist ja alles jederzeit verfügbar und nichts mehr etwas wirklich Besonderes. Damals aber musste man sich schon selbst auf den Weg machen, wenn man so etwas auf der Karte haben wollte.“ Immerhin war Schmiederer als Rungis-Fahrer in guter Gesellschaft. Um „bedingungslose Qualität und Frische“ bildete sich in München die Interessengemeinschaft Neue Köche, deren Gründungsmitglieder Eckart Witzigmann, Otto Koch und Hans-Peter Wodarz Fahrgemeinschaften zu den Markthallen von Rungis organisierten.
In all den Jahren wird auf dem Dollenberg immer wieder gebaut und erweitert. Mehr Zimmer, mehr Komfort, mehr Gäste. Meinrad Schmiederer ist oft bis zwei Uhr nachts im Hotel, steht um sechs wieder auf, um mit der Familie zu frühstücken. Ein brutales Pensum. Meist an sieben Tagen in der Woche, ohne Urlaub. Erst jetzt, mit 70, denkt der Patron darüber nach, auch mal selbst zu verreisen. Jedes Jahr für zwei Wochen. Was sehen von der Welt …
Nach fast 50 Jahren Aufbauarbeit misst der Hotelpark sieben Hektar, es gibt einen eigenen Weinberg (auf Anraten von Winfried Köninger 250 Stöcke Grauburgunder auf gut 660 Meter über dem Meer, auch so ein Rekord), einen eigenen Hubschrauberlandeplatz, die eigene Brennerei, eine Hütte für urigere Erlebnisse und mit St. Anna eine eigene Kapelle, in der Menschen jeglicher Konfession heiraten können. Sehr instagrammable und mit toller Geschichte. Denn zur Vita von Meinrad und Birgit Schmiederer gehört eben auch, dass sie lange kinderlos blieben. Als dann 2006 die Kapelle stand und die beiden (mit Trauzeuge Günther Oettinger) hier vor den Altar traten, kündigte sich Isabelle an. Zufall? Vielleicht. Auf jeden Fall gibt es seither eine Nachfolge-Option.
Vor den Kulissen erfreuen sich Gäste derweil an den vielen kleinen Details. Herrlich, wie Sommelier Christophe Meyer im Fünf-Gang-Menü von Martin Herrmann erst einen Wein aus Papua-Neuguinea einstreut und dann auch noch mit einer Rhabarber-Spätlese aus dem Elsass überrascht. Dass es dann auch noch mit Sabine Ritter eine eigene Käse-Sommelière gibt, die eine formidable Weltauswahl an den Tisch bringt: Man kriegt den Mund kaum zu, so selig umfängt einen die hier gelebte Gastfreundschaft.
Große Pläne – aber noch geheim!
Die Bühlerhöhe ist längst geschlossen, der Dollenberg dagegen zur ersten Adresse im weiten Umkreis geworden. Schmiederer hat den König von Thailand bewirtet, Barack Obama während des Nato-Gipfels, deutsche Politiker wie Gerhard Schröder. Das alles aber ist kein Grund, sich Geld zählend ins Büro zurückzuziehen. Es gibt Tage, da hilft Meinrad Schmiederer in der Küche der Renchtalhütte aus.
Der Perfektionist und Antreiber Meinrad Schmiederer gehört als Macher in eine Riege mit Roland und Jürgen Mack oder Roland Burtsche. Alles große Gastgeber. Selfmade-Menschen, die dafür brennen, anderen Freude zu bereiten. Die ganze Familie hilft dabei mit. Meinrad und seine Frau Birgit, Schwester Ulrike und ihr Mann, der Zwei-Sterne-Koch Martin Herrmann, den Meinrad Schmiederer einst selbst ausbildete. Das allein wäre eine Geschichte für sich. Genauso wie die Story von den gastro-interessierten indischen Quereinsteigern, die über ein Austauschprogramm in den Schwarzwald kamen und am Ende fast alle im Dollenberg landeten.
Aber was kommt als Nächstes? „Etwas Großes“, sagt Meinrad Schmiederer mit blitzenden Augen. „Aber mehr kann ich noch nicht verraten … Kommst halt noch mal wieder!“