Suchen und sichern
Wir finden noch weitere Spuren und folgen diesen. Ralf hat eine schöne Überraschung für uns. Ein Dachsbau, der sich über 20 Meter ausbreitet und zig Löcher hat. Manche sind „tote Eingänge“ mit einem Fuchs als Untermieter, andere werden seit Generationen von einem Dachs bewohnt. Wir schauen genauer auf den Boden und entdecken auch hier die passenden Spuren.
Ralf meint, dass ich mit Ring- und Mittelfinger hineingreifen soll. Was spüre ich? Kalte, feuchte Erde und eine Vertiefung. Hier lege ich die Finger hinein. Zudem nehmen meine Fingerkuppen wahr, dass die Vertiefung nicht rund ist, sondern spitz zuläuft. Typisch für eine Dachskralle. Nicht jedes „Trittsiegel“ ist so eindeutig wie dieses. Ralf sagt, dass nur fünf Prozent aller Spuren auch als solche bezeichnet werden können. Sobald der Regen fällt, Blätter sich darüberlegen, Menschen drüberstiefeln oder der Untergrund schwierig wäre, kann er nur noch von Zeichen sprechen. Allerdings kann er auch diese Zeichen lesen.
Wie’s geht, zeigt er gerne. Wie einer von der Spusi (der Spurensicherung) zieht er ein paar Holzstäbe aus der Jackentasche und markiert damit ein paar Abdrücke. Eins, zwei, drei. Die ersten drei Schritte eines Tieres werden so abgesteckt. Ein paar Schritte weiter entdeckt er neue Spuren. Auch hier steckt er einen Stab in den Waldboden. Jetzt kommt die Feinarbeit. Zwischen den Stäben sucht und entdeckt er weitere Zeichen. So kann er sich den Weg des Tieres nachvollziehen. Das ist alles sehr mühsam. Um es richtig zu können, also ein Gehirnmuster zu entwickeln, braucht es Jahre. Jeder Boden ist anders, also ist auch jeder Abdruck anders. In den Abdrücken liest er die Muskelanspannung des Tieres und ob seine Laufrichtung oder sein Tempo sich verändert hat.
Sobald Ralf etwas entdeckt hat, wirkt er wie ein anderer. Er verändert seinen Gang und geht nicht vorwärts, sondern seitlich, kreuzt dabei ein Bein übers andere, während er mit gebeugter Haltung den Boden scannt. Schritt für Schritt schreitet er vorwärts, sehr vorsichtig, um bloß keine Spur zu zerstören.
Finden durch Zufall
Ralf verlässt nicht das Haus mit der Absicht, heute eine Spur oder den Abdruck einer Wolfspranke zu entdecken. Vieles ist zufällig. Ralf hat schon einiges gesehen, so zum Beispiel Spuren von Marder, Reh, Hirsch, Ziege und sogar Lama. Ein Bauer hat welche, ab und zu haut ein Tier ab und verirrt sich in der Wildnis. Auf dem Weg zurück entdeckt er die klare Spur eines Fuchses. Er schaut sich den einen Abdruck an, dann die nächsten. Wie ein Luchs oder eine Katze auch, setzt ein Fuchs seine Hinterpfoten in den Abdruck der Vorderpfoten. Ralf meint, dass der Fuchs in mittlerem Tempo unterwegs war, das heißt, das Tier war nicht auf der Jagd, war nicht bedroht und hatte auch keinen Antrieb, schneller zu gehen als notwendig.
Manchmal geht es im Wald schön entspannt zu, manchmal auch nicht. „Draußen ist einfach eine andere Reality“, sagt Ralf und geht wieder heim. Bis zum nächsten Mal …