Badens Brenner Teil 4: Das Geheimnis

Sauber Arbeiten, Zeit, Sorgfalt, bestes Obst – das sind die Basics für einen edlen Brand. Reicht das? Nein! Denn immer bleibt auch ein Rest Geheimnis

Text: Stephan Fuhrer & Pascal Cames Fotos: Dimitri Dell & Baschi Bender

Dass Winzer auch Obst haben, ist in der sonnigen Ortenau mehr Regel als Ausnahme. Warum also nicht eine Genossenschaft für Brenner? Die Alde Gott Edelbrände Schwarzwald eG in Sasbachwalden (badisch: Saschwalle) ist wohl eine der wenigen Genossenschaften mit einem Edelbrand-Sortiment. Diese werden regelmäßig prämiert, die WG zählt zu den Top-Five-Betrieben.

Uwe Lehmann, 43, ist der dafür zuständige Brenner. Bei ihm laufen die Fäden zusammen. Anders als beim Wein kommen die Rohbrandlieferanten nicht nur aus Saschwalle, sondern „vom Gebirg oder vom Land“, also aus Oppenau, Lauf oder Durbach. Dementsprechend vielfältig ist das Angebot an Kirschen (Renchwegler, Dolleseppler, Schwarzer Schüttler und andere), die häufig auf Steillagen wachsen. Dazu Zibärtle, Williams und diverse Zwetschgen. Hier werden badische Klassiker gebrannt!

Auch der Eierkirschlikör ist zu einem sehr gefragten Produkt geworden. Und das in ganz Deutschland! Pro Woche werden im Schnitt 20 000 frische Eier dafür verarbeitet, dazu das beste Kirschwasser. Noch unter Geheimtipp läuft dagegen der Whisky. Zwei Freunde aus Ulm (bei Renchen) brachten Uwe Lehmann vor zehn Jahren auf die Idee. Die Basis ist ein Biersud (reine Würze, ohne Hopfen) von der Ulmer Familienbrauerei Bauhöfer. Für sein Steckenpferd lässt sich Uwe Lehmann viel Zeit. Zuerst wird der Whisky vier Jahre in ausrangierten Weinfässern eingelagert (das freut den Kellermeister) und dann noch mal vier Monate in alte Bourbonfässer gelagert. Das freut den Whisky-Fan.

www.aldegott.de

Leidenschaft, Neugierde, Sorgfalt: Hausbrennerei Baumgartner

Die meisten Brennereien können ihre Spur bis ins 19. oder gar 18. Jahrhundert verfolgen. Bei der Hausbrennerei Baumgartner aus Oberbergen ist es anders. Als Anfang der 1970er-Jahre Fridolin Baumgartners Eltern verstarben, musste er sich etwas einfallen lassen, um Haus und Hof zu halten. Er wurde Brenner und begann naheliegend mit Tresterbränden. Die seit 46 Jahren verheirateten Fridolin und Anneliese Baumgartner bauten das Geschäft auf und der Erfolg kam. Zwölfmal in Folge wurden sie auf die ProWein eingeladen – und 2020 kürte der Gault & Millau ihren Waldhimbeerbrand zum Schnaps des Jahres. Auch ihr exzellenter Bärlauch-Geist ist eine Geschichte für sich. 

Aber was machen die Baumgartners anders? Wie alle arbeiten sie sauber und schonend. Sie haben eigenes Obst, aber nicht nur. Im Sortiment sind 30 Produkte, darunter Zibärtle. Der Kenner weiß, die wachsen nicht im Kaiserstuhl, die bezieht er aus der Orte­nau. Und seine Orangen (ein echter Geheimtipp!) stammen auch nicht vom Kaiserstuhl, denn so warm ist es dort auch noch nicht. Wo liegt also das Geheimnis? Vielleicht liegt es an der Sorgfalt. Als Baumgartners mit Mirabellen anfingen, sortierten sie tagelang die schlechten aus. Das machte damals keiner. Der Erfolg gibt ihnen recht – und doch: Am Ende bleibt nur die Gewissheit, dass maximale Leidenschaft, Neugier und Sorgfalt im Spiel sind sowie ein großes Geheimnis. Brennkunst eben.

www.hausbrennerei-baumgartner.de

Einmalige Aromen: Obsthof-Brennerei Bruder

Ein Hoch auf die Familie! Die Brennerei Bruder in Berghaupten im Kinzigtal ist ein echtes Familienunternehmen. Vater Franz brennt die Klaren und Sohn Daniel, ein ausgebildeter Edelbrenner, hat sich auf Gin und Liköre spezialisiert. Im Hofladen und in der Brennstub-Strauße packt die ganze Familie mit an. Außergewöhnlich: In der Strauße gibt es leckere Edelbrandcocktails mit eigenen Destillaten und Likören. Auf der Baden Best Spirits bekamen sie etliche Goldmedaillen und vier Ehrenpreise; unter anderem für ihren Schwarzen Johannisbeerlikör. Sie gehören zu den Top-Ten-Bren-nereien und den Top Five bei den Likören. Besonders stolz ist Franz Bruder auf seinen preisgekrönten Zibärtle. Er schwärmt vom geradezu einmaligen Bittermandelaroma. Als Gipfel der Genüsse läuft bei der Familie der Williams Gold, der noch mal auf die Frucht gelegt wird. So golden wie die Farbe ist, so kräftig ist auch das Aroma. Eine richtige Bombe! Als Spezialität das Hauses gilt aber der Single Malt Whisky. Mittlerweile hat sich das Thema aufgrund der großen Nachfrage verselbständigt.  Auch im Programm sind ein fruchtbetonter Gin (ideal für einen Gin Tonic), die sehr beliebten Eierliköre sowie sortenreine Weintresterbrände, die sogar mit denen aus Südtirol mithalten können. Die Brennerei Bruder ist für so einige Überraschungen gut!

www.brennerei-bruder.de

Der Idealist: Brennerei Südstraße

Die klassische Brenner-Vita kann Lutz Weide nicht bieten. In seine Familie gab es weder Brennrecht noch Streuobst, dies alles kam durch den Kauf eines alten Hauses samt dazugehöriger Obstwiese. Ist aber auch egal, denn längst zählt der Ottenheimer auch so zu den Aushängeschildern seiner Zunft am Oberrhein. Inzwischen pflegt der Autodidakt – mittlerweile auch geprüfter Brennmeister und ausgebildeter Baumwart – nicht nur 19 Streuobstwiesen und brennt aus deren Früchten seltene Kernobstbrände – er setzt sich auch politisch für den Erhalt und die Pflege ein. „Die Wiesen geben uns so viel, das dürfen wir nicht einfach herschenken“, sagt Lutz. Und damit meint er sowohl die alten Mostbirnen- und Apfelsorten, die neben vielen Klassikern sortenrein in seinem Brennkessel landen, als auch das dazugehörige Ökoystem. 

Doch auch wenn Lutz’ Herz vor allem für seine Obstwiesen rund um Odne (so nennt sich Ottenheim auf Badisch) schlägt – mit seiner Neugier und seinem gewachsenen Wissen wagt er sich schon länger auch an Klassiker von anderswo. In seiner siebdestillierten Southstreet-Serie gibt es etwa nicht nur Gin, sondern auch Pflaumen-Gin (auch da eben wieder mit kleiner Reminiszenz an die heimische Obstbautradition), sowie einen eichenfassgelagerten Kümmelgeist oder einen erfrischenden Anis. Zurzeit tüftelt Lutz an einem Genever, dem Ur-Gin aus den Niederlanden. „Der wird lecker“, verspricht der Brenner.

www.brennerei-suedstrasse.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 26 (3/2021)

Nackte Mofarocker und lauter süße Früchtchen: In der neuen Ausgabe von #heimat Schwarzwald gibt es wieder einiges zu gucken. Der Schwarzwald hat eben mehr zu bieten als Bollenhut und Bibeleskäs… aber das wisst ihr ja! Dennoch: die neue Ausgabe ist wirklich ’was Besonderes!

 

Mehr über die Mofarocker und ihr Männer-Yoga in der neuen Ausgabe von #heimat Schwarzwald. Ab dem 6. Mai wieder überall am Kiosk – oder als Abo bei uns im Shop.

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