Die schönsten Burgen in der Ortenau und im Elsass

Statt 1000 km in den Urlaub zu fahren, reisen wir 1000 Jahre in die Vergangenheit. Schließlich haben unsere Burgen und Schlösser viel zu erzählen

Text: Pascal Cames

Felsen, unter denen Schätze vergraben sind, Mondlicht, das Tote zum Tanzen bringt, Gesänge, die im Wahnsinn enden und unterirdische Gänge, die wer weiß wohin führen. Willkommen in der magischen Welt der Burgen! Ob die Geschichte von der „Laufer Geisterhochzeit“ stimmt? Oder die wilde Story von den Schatzgräbern und dem Teufel auf der Hohkönigsburg? Das weiß niemand. Aber dass es mal Ritter und Burgfräulein gab, wissen wir. Überall am Oberrhein stehen die Reste jener goldenen Epoche des Rittertums, die vom 11. bis Mitte des 13. Jahrhunderts dauerte. 

Klangvolle Namen

Die Burgen und Schlösser des Hochmittelalters haben so klangvolle Namen wie Fleckenstein und Lichtenberg oder Hohgeroldseck und Schauenburg. Aber welche Geschichte steckt in den alten Mauern? Im Elsass, bekanntlich ein Burgenland, wurde die Idee geboren, an Burgen einen QR-Code zu installieren, um so Geschichte und Hintergründe zu vermitteln. Eine der treibenden Kräfte dahinter ist Departement-präsident Frédéric Bierry, der ein großer Burgenfan ist. Die Idee fand auch im Ortenaukreis bei Landrat Frank Scherer seinen Anklang. Das passte in den Plan eines grenzüberschreitenden Projekts. „Wir wollen dieses Kulturerbe wieder ins Bewusstsein bringen“, sagt die Tourismusbeauftragte des Ortenaukreises, Sandra Bequier. Interessanterweise gibt es viele historische Verbindungen über den Rhein. So hatte das Bistum Straßburg hüben wie drüben Gebiete und auch der Bischof von Straßburg baute – und zerstörte – Burgen.   

Für das gemeinsame Projekt wurde der kanadische Zeichner John Howe gewonnen. Eine Koryphäe. Bekannt wurde dieser durch seine Illustrationen für „Der Herr der Ringe“ und als Ideengeber für die Verfilmung. So wurde die Hohkönigsburg zur Vorlage für die düsteren Festungen des Blockbusters. John Howe bringt sich in das Projekt mit der Story eines geheimnisvollen Alchimisten ein, der auf der Suche nach einem verschollenen Quarz ist. Dieser wurde von einem uralten Geist versteckt. Der Alchimist findet die Steine an den Burgen. Erraten: Die Kristalle sind die QR-Codes oder „die Tore in die Zeit“, durch die Wanderer, Neugierige und Burgenfans die Schätze der Vergangenheit heben können. Dann werden die magischen Quarze aktiviert und das Abenteuer beginnt. Im Elsass gehören bislang acht Burgen zu Les Portes du Temps, in Baden sind es drei – das Laufer Schloss, die Oberkircher Schauenburg und das Schloss Staufenberg in Durbach. „Weitere Schlösser werden folgen“, sagt Sandra Bequier. 

Obwohl sich die Burgen gleichen, hatten sie ganz verschiedene Aufgaben.  Sie sollten Gebiete sichern, waren aber auch Herrschaftssitz, steingewordene Angeberei, Wohnung, Zuflucht. In den nördlichen Vogesen sind sie aus dem roten Sandstein gehauen. Weiter südlich und im Schwarzwald lässt sich der Fels, Granit, nicht behauen. Zwischen Vogesen und Schwarzwald gibt es wohl ein paar Hundert, ja vielleicht sogar Tausend Burgen. Bei dieser Unmenge könnte man meinen, jeder durfte mal sein Schloss bauen. So war es aber nicht. 

Wenn jeder bauen darf

Zunächst hatten Hochadel und Kirchenfürsten das Recht, eine Burg zu bauen oder es ihren Untertanen zu erlauben. Das war zu Zeiten, als es noch ein Herzogtum Schwaben gab (911–1313). Als deren Macht wie eine Sandburg zerbröselte und spätere Herrscher wie die Habsburger, Staufer, Zähringer, Fleckensteiner und andere ebenfalls zu schwach oder pleite waren, wurde der Burgenbau von anderen Leuten intensiviert. Das waren die sogenannten Dienstmänner, die späteren Ritter. So aufgewertet, bauten sie ihre Macht und Festungen aus. Als dann noch eine „kaiserlose Zeit“ kam (1245–1273), machte jeder, was er wollte. Erst recht die Raubritter. Logisch, auch die brauchten ein Felsennest. 

Bauplätze waren nicht so rar, wie man denkt. „Theoretisch konnte auf jedem Hügel etwas hingeklotzt werden“, sagt der Freiburger Historiker Andre Gutmann. Trotzdem muss man nicht unbedingt das Land besitzen. Landraub kam vor. In Kaysersberg besetzten die Staufer einen Hügel, der ihnen nicht gehörte. Bei der 1147 von den Staufern gebaute Hohkönigsburg lag die Sache anders. Sie liegt an der Grenze zwischen Nord- und Südelsass, eine propere Stadt (Séléstat/Schlettstadt) ist in der Nähe sowie zwei Handelstraßen. Diese Burg brachte Sicherheit und Kontrolle. „Bis heute sind keine Architekten bekannt und auch keine Baupläne“, sagt Gutmann. Gesichert ist: Burgen haben Mauern mit Schießscharten, ein Tor, oft einen Wassergraben mit Zugbrücke, verschiedene Türme zum Wohnen oder als Rückzugsort wie den Bergfried. 

Stolze Burgen werden ruiniert

Gebaut wurde manchmal da, wo schon etwas stand, wie eine keltische Fluchtburg oder ein römisches Kastell. Von Burgen aus Holz weiß man, aber von denen hat keine die Zeit überdauert. Steinburgen gab es haufenweise, aber letztendlich sind nur die Höhenburgen übriggeblieben und so gut wie keine in der Ebene. Was dort stand, verrottete, wurde abgefackelt oder bis auf die Grundmauern zerstört. Burgen zum Steinbruch für andere Häuser. Manche dieser Steinhaufen sind in Dokumenten zweimal erwähnt, andere mit keinem Wort.

Der militärische Fortschritt kam mit Geschützen wie Kaiser Maximilians „Schnurrhindurch“. Spätestens jetzt mussten die Mauern zum Bollwerk verstärkt werden. Dafür brauchte man Platz, Steine und Geld. „Die Anpassung an die Artillerie fand hier ziemlich spät und halbherzig statt, weil sie für die Burgherren oft zu teuer war“, sagt der Straßburger Historiker Bernhard Metz. Mit einer Ausnahme: Hohkönigsburg. Gründe für ein Update in Sachen dicke Mauern gab es genug: Armagnaken, Bauern, Schweden, Franzosen ließen es so richtig krachen. Was dann noch irgendwie in Schuss war, wurde von den Truppen des Sonnenkönigs gesprengt. 

Flucht vor Krieg und Kälte  

Warum hatten die Angreifer so oft leichtes Spiel? Meistens waren die Burgbesatzungen schlecht besetzt. Mit zehn Mann lässt sich kein Sonnenkönig stoppen. Dann lieber die weiße Fahne hissen und abhauen. Was machten die neuen Herren? Die überlegten es sich gut. Wenn sie die Burg besetzen, wird sie vielleicht zurückerobert und dann geht das Spiel wieder von vorne los. Dann lieber sprengen, so ist Ruhe im Busch. Als dann die Geschütze noch mehr Feuerkraft hatten, war der Untergang besiegelt. 

Vorwärts in die Vergangenheit

Die Edelleute waren da schon längst ins Warme geflüchtet. Eine Stadtresidenz mit Kachelofen ist allemal besser als ein saukaltes Loch im Wald. Aber man gab die Plätze nicht ganz auf, weil noch Jagd- und Fischereirechte dran geknüpft wurden. Irgendwann wurden viele dieser Steinhaufen vergessen und wie die Bärenburg im Renchtal vom Wald erobert.

Dann erwachte Ende des 19. Jahrhunderts die Burgenromantik. Ab 1870 hatte Deutschland wieder einen Kaiser, also schaute man auch zurück in jene Ära, als es noch Kaiser gab. Im Stil des Historismus wurden Rathäuser, Bahnhöfe und Wassertürme so wehrhaft gebaut, als käme gleich ein Richard Löwenherz mit seinen normannischen Rittern angerückt. In der Ortenau wurde eine der ehemals wichtigsten Burgen, das Schloss Ortenberg, von einem reichen Adligen originell, aber nicht originalgetreu wieder aufgebaut. Heute ist sie eine Jugendherberge.  Eine wundersame Wiederauferstehung feierte die Hohkönigsburg. Kaiser Wilhelm bekam sie 1899 als Ruine zum Geschenk und ließ sie von 1901–1908 von dem damaligen Burgen-Experten schlechthin (Bodo Ebhardt) restaurieren. Auferstanden aus Ruinen, wurde sie zum Symbol für le Kaiser.  Dieser wollte damit aller Welt sagen, aber erst recht den Franzosen, dass die Hohenzollern die Nachfolger der Staufer sind und damit die Chefs. Das war die Stein gewordene Botschaft auf dem 755 Meter hohen Bergkegel. Dass es dann doch etwas anders kam, ist bekannt. 

Heute ist sie französisches Nationaldenkmal und Top-Touristenziel. Andere Burgen wie das Ortenberger Schloss werden gerne als Location für Hochzeiten gewählt oder wie die Staufenburg für ein Glas Wein im Sommer. Die vielen anderen Burgen am Oberrhein, ob gut versteckt in den Wäldern oder sichtbar auf einem Buckel, werden von Wanderern als Ziel auserkoren. Welche Geschichte werden sie finden? 

Burgen entdecken: Die beiden elsässischen Departements und der Ortenaukreis laden zu einer fantastischen Reise in die Vergangenheit ein: www.portes-du-temps.eu

Die Staufer

Die aus dem Württembergischen stammenden Staufer gelten als das wichtigste Herrschergeschlecht im damaligen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Als Fürsten und ab 1138 Könige und Kaiser bauten sie am Oberrhein ihre Burgen (Hagenau, Hohkönigsburg) oder gaben Burgen in Auftrag. Zehn Burgen gehen direkt auf die Staufer zurück. Oft, aber nicht immer sicherten die Burgen das Herrschaftgebiet ab. Viele Burgen stehen ohne einen wirklichen Grund in der Landschaft. Die Burgen wurden von Dienstmännern, den späteren Rittern bewohnt. Beliebt waren die Einfamilienburgen, aber es gab auch Burgen, die sich verschiedene Familien(-zweige) teilten. Im Falle eines Angriffs musste die Burg gemeinschaftlich verteidigt werden. (Nach Biller, Metz: „Der Burgenbau der Staufer“) 

#heimat Schwarzwald Ausgabe 24 (1/2021)

Bambi und der Schwarzwald, Viki und der Spielweg, die Burgen auf den Bergen: Wir beginnen das Jahr voller Vorfreude auf neue Abenteuer in unserer herrlichen Heimat.

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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