Brauer von Welt

Waldhaus oder Rothaus? Im Schwarzwald eine Grundsatzfrage. Dem Waldhaus-Chef aber ist nur wichtig, dass sein Bier schmeckt. Der Erfolg gibt ihm recht

Text: Stephan Fuhrer · Fotos: Jigal Fichtner

Wir könnten jetzt auch in Paris sein, in Manhattan oder sonst wo. Schwarzes Hemd, schwarzer Designer-Anzug, akkurate Frisur – Dieter Schmid, der uns soeben die Hand zur Begrüßung reicht, könnte auch eine große Werbeagentur oder ein Modelabel irgendwo in der großen weiten Welt führen. Wir sind aber in der Waldhaus-Brauerei, in einem kleinen Weilheimer Ortsteil. Hinter uns verdunkeln mächtige Schwarzwaldtannen die Szenerie. Vor uns hätten wir freien Blick auf die Schweizer Alpen, wären sie gerade nicht in dichte Wolkenpampe gehüllt. Der Waldhaus-Chef liebt diesen Ort, auch wenn es ihn oft in die Ferne zieht. New York? Ist nett. Aber noch lieber brettert der Abenteurer offroad durch Russland …

Im Land von David & Goliath

Doch dazu später mehr. Wir müssen uns erstmal genauer verorten. Wir sind im Südschwarzwald, wo nicht selten ein Riss durch die Familien geht: Waldhaus oder Rothaus? Unter Biertrinkern ist das eine Grundsatzfrage. Nur 20 Kilometer trennen die beiden Traditionsbrauereien voneinander. Mehr Derby geht nicht. Lange Jahre sah das aber vielmehr nach Unterhaching gegen Bayern München aus, als nach Schalke gegen Dortmund. Auf der einen Seite der Goliath aus der Staatsbrauerei, auf der anderen der kleine David aus Waldhaus, dessen Bier eigentlich nur in allernächster Nähe verfügbar war … Doch diese Zeiten sind vorbei. Steigende Absatzzahlen, zahlreiche Qualitätspreise: Die Privatbrauerei hat derzeit einen Lauf. Wenn auch noch weit entfernt von den Produktionsmengen des großen Rivalen, strotzen die Waldhäuser deshalb nur so vor Selbstvertrauen. Unlängst wurde eine neue Produktionshalle in Betrieb genommen. Und es ist noch nicht lange her, da reiste die gesamte Belegschaft nach Amsterdam, um ein besonderes Ereignis zu feiern: das Knacken der 100000-Hektoliter-Marke. Konkret: Das sind zehn Millionen Liter Bier im Jahr. „In unserem Business ist das eine magische Zahl“, sagt der Waldhaus-Chef.

Lächeln ist Trumpf

Wir treffen Dieter Schmid im ebenfalls neuen Foyer der Brauerei. Wir wollen einfach mal verstehen, woher es kommt, dass diese kleine Brauerei derzeit Jahr für Jahr im zweistelligen Prozentbereich zulegt und fürs Bier weltweit Preise einheimst. Damit steht Waldhaus im Schwarzwald übrigens nicht allein. Alpirsbacher, Ketterer, Bauhöfer, Kronen, um nur einige zu nennen: Zuletzt hat sich gerade bei unseren mittelständischen Bierbrauern einiges getan, viele neue innovative Ideen sorgen für gute Umsätze. Und das in Zeiten, wo bundesweit zuletzt eher weniger Bier getrunken wurde … Dieters Gesicht ist uns schon mal bestens bekannt. Schließlich lächelte es zuletzt in der Region von zahllosen Plakaten. Inzwischen setzt die Brauerei in Sachen Marketing auf den Schwarzwald. Das Chefbüro ist im alten Trakt, also spazieren wir mit ihm durch die neue Lagerhalle. Wie die Ameisen säuseln die Elektrostapler unter uns zwischen riesigen, aufgestapelten Bierkistentürmen umher. Die Stimmung ist gut. Kommt der Chef um die Ecke, wird freudig gegrüßt. Dieters Lächeln ist ansteckend. „Ich verlange viel von meinen Leuten, aber ich gebe auch viel“, sagt Dieter Schmid. Die gute Laune ist für den Waldhaus-Chef ein Baustein des Erfolgs. „Ich bin ein ewiger Optimist“, erzählt er uns, als wir in seinem Büro angekommen sind. Und selbst wenn er mal mit schlechter Stimmung morgens aufstehe, hinterfrage er solange den Grund, bis er feststelle, dass es ja eigentlich keinen gibt. „Dann kehrt das Lächeln schnell wieder zurück“, sagt Dieter und grinst. Nicht die schlechteste Methode … Der wichtigste Baustein ist aber ein anderer: die Qualität des Biers. Hier machen die Waldhäuser keine Kompromisse. Als eine der wenigen Brauereien im Land braut Waldhaus nicht mit Extrakt, sondern mit Naturhopfen – was im Sudhaus den ein oder anderen zusätzlichen Arbeitsschritt mit sich bringt. Warum man das so handhabt? „Weil es besser schmeckt“, sagt der Chef. „Wir trinken alle selber gern unser Bier. Und wenn wir es noch besser machen können, dann tun wir das natürlich auch.“ Auch in Sachen Vielfalt geht man bei Waldhaus mit der Zeit. Neben Klassikern wie Pils oder Weizen haben die Brauer längst ein vielfältiges Zusatzsortiment entwickelt – vom leichten Sommerbier über das kräftige Doppelbock bis hin zur neusten Schöpfung, einem ungesüßten Naturradler sauer. Bei der Entwicklung ist der Chef immer mittendrin. Schließlich ist Dieter Schmid nicht nur studierter Kaufmann, sondern auch gelernter Bierbrauer und Diplom-Braumeister.

Ab nach Russland

Zur Ruhe kommt der Waldhaus-Chef dann vor allem auf seinen Reisen mit der Familie. Bis zu zehn Wochen Zeit nehme er sich dafür im Jahr, erzählt er uns. Schon nach der Ausbildung ging es mit Frau Katja auf Weltreise. Dabei wurde ihm dann klar, dass er die Familienbrauerei gerne von seinem Vater übernehmen möchte. Unterwegs werde sein Kopf frei, noch heute zieht er deshalb regelmäßig mit dem Rucksack ab und an durch Asien oder donnert mit dem Land Rover über russische Feldwege. Nicht selten bringt er dabei wertvolle Eindrücke mit zurück in den Schwarzwald. Nur zum nahen Rivalen nach Rothaus – dorthin ist Dieter Schmid schon lange nicht mehr gereist. Und das, obwohl man trotz Rivalität eigentlich stets im kollegialen Austausch gewesen war. Doch der aktuelle Rothaus-Chef Christian Rasch kappte den Kontakt – aus Sorge, man könne dem Unternehmen Absprachen vorwerfen. Seither ist das Tuch zerschnitten. Wie er das finde, wollen wir von Dieter Schmid noch wissen. „Ziemlich schade.“

Die Brauerei

Bereits 1833 wurde in Waldhaus Bier gebraut. 1894 erwarb Johann Schmid die Brauerei mit Gastwirtschaft. Im Jahr 1997 übernahm schließlich dessen Urenkel Dieter Schmid, seinerzeit 29 Jahre jung, das Familiengeschäft von Vater Helmar. Seither hat sich der jährliche Bierausstoß mehr als vervierfacht. 2015 wurde eine neue, 4600 Quadratmeter große Logistikhalle gebaut.

Weitere Infos auf www.waldhaus-bier.com

 

 

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