Die besten Tipps für ein Wochenende in Straßburg

Münster, Choucroute und den Blick aufs Parlament kennt man als Badener ja. Aber Straßburg versteckt noch so viel mehr in seinen kleinen Gassen! 

Text: Katerina Ankerhold · Fotos: Dimitri Dell

Straßburg ist aus deutscher Sicht gar nicht so im Blickfeld. Der Rhein, die Grenze, die Sprache – alles keine Gründe, nicht öfter hinzufahren. Und auch wenn die Mehrheit der Franzosen Strasbourg als wenig französisch empfindet: Es ist schön hier! Straßburg pflegt mit 280 000 Einwohnern den Flair einer Großstadt und zeigt sich doch irgendwie gemütlich. Um herauszufinden, was diese Stadt hinter ihren jahrhundertealten Fassaden noch verbirgt, haben wir uns auf den Weg gemacht – ob ein Wochenende reichen wird?

Freitag, 16.30 Uhr

Schon am Bahnhof erzählt Straßburg seine turbulente Geschichte. Das im 19. Jahrhundert von Deutschen erbaute Bahnhofsgebäude steht unter Denkmalschutz, geschützt von einer imposanten Glaskuppel. Mit dem Bus fahren wir zum Hotel Lutetia. Fernab vom Trubel des Stadtkerns, aber fußläufig dorthin liegt es im Wohnviertel Contades, das Frankreichs drittgrößte jüdische Gemeinde prägt. In den Straßen dominieren wie nebenan in der Neustadt die um 1900 errichteten Altbauten, deren reich verzierte Steinfassaden die Stadt regelmäßig einer sorgfältigen Pflege unterzieht. Nachdem wir unser Zimmer mit Blick über die Dächer bezogen haben, treibt uns der Hunger direkt wieder raus. Im Foyer steigt uns ein würziger Käsegeruch aus der Hotelküche in die Nase – willkommen im Elsass! Wir überqueren den Place de la République, umrundet von Prachtbauten der Gründerzeit, die heute Präfektur, Bibliothek und Theater beherbergen. Es ist diese Mischung aus pompösem Bau und filigran verzierten Brückchen und Gässchen ringsum, die zeigt: Es ist eben doch französisch hier …

18.15 Uhr

Mit unserem Hunger sind wir natürlich viel zu früh – die Franzosen kehren schließlich allerfrühestens um 20 Uhr ein. In der Binchstub dampft dennoch der Ofen. Zum Glück, denn hier gibt’s mit die besten Flammkuchen der Stadt, unbemerkt vom Touristenstrom, da in der unscheinbaren Impasse de l’Écrevisse am Place Broglie gelegen (da das auch die Straßburger wissen, empfiehlt sich für Samstagabende trotzdem eine Reservierung). Mit Variationen wie „Comté und Walnüsse“ oder „Saint Marcellin, Schinken und Rucola“ wird hier das Elsässer Traditionsgericht modern interpretiert – und das gelingt. Die perfekte Grundlage für unser Abendprogramm: ein Besuch im Théâtre national de Strasbourg. Das wollen wir nicht missen, sind wir doch in der einzigen Stadt Frankreichs, die neben Paris ein Nationaltheater hat. Regelmäßig gibt es hier auch deutschsprachige oder -übertitelte Produktionen. Wer es kleiner mag, der findet auch in den städtischen Theatern ein großes Angebot an Theater und Tanz.

22.00 Uhr

Um danach – eingelullt von der Kunst – den Abend bei einem Gläschen Wein unter Kulturliebenden abzurunden, eignet sich bestens das Café Atlantico auf einem von mehreren Holzschiffen am Quai des Pêcheurs. Die péniches liegen in der Ill, dem von Straßburgern sommers wie winters geliebten Flüsschen, das den Stadtkern umrundet. Den Blick über die nachtglitzernde Stadt genießt man am besten von der Backbordseite. Mit etwas Glück findet auch zufällig gerade ein Live-Konzert an Bord statt.

Samstag, 9.30 Uhr

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne. Nach dem Frühstück (Baguette und Viennoiseries, wie es sich gehört) statten wir als Erstes dem Wochenmarkt einen Besuch ab. Der liegt etwa 20 Minuten zu Fuß entfernt im Viertel Orangerie und zieht sich über den Mittelstreifen des Boulevard de la Marne. Dienstags und samstags gibt es hier von Obst über Käse bis zu hausgemachten Säften so ziemlich alles, was Herz und Augen begehren. Allerdings hilft beim Einkauf etwas Durchsetzungsvermögen – sonst wird es schwierig, gegen das Gewimmel der anderen Marktbesucher anzukommen. Wir schaffen es erfolgreich – und eh wir uns versehen, sind die Taschen schwerer als gedacht …

11.10 Uhr 

Vom Markt aus führt der schönste Weg Richtung Innenstadt durch den südlichen Teil des Viertels, wo sich der Botanische Garten der Straßburger Uni zwischen zwei Straßenblocks verbirgt. Dahinter geht es durch ein Netz an Gassen in den Stadtteil Krutenau. Einen Katzensprung von der Innenstadt entfernt, aber etwas versteckt, wenn man den Weg nicht kennt, findet in teils alternativ angehauchten Bars und Kneipen das Straßburger Nachtleben statt. Tagsüber laden dagegen Boutiquen zum Bummeln ein.

In einem der hier das Straßenbild prägenden Fachwerkhäuser an der Rue de Zurich befindet sich die Lieblingsbäckerei der Straßburger: Bei Au Pain de mon grand-père gibt es erstklassige Backwaren, für die sich auch Anwohner getrost in die Schlange stellen, die nach Feierabend gern bis auf die Straße reicht. Für uns heißt das: Zeit für einen Imbiss! Aber wie bitte soll man sich zwischen all den Köstlichkeiten, die sich hinter der Theke stapeln, entscheiden!? Die Wahl fällt auf Quiche. Und ja: Um zwei Eclairs ärmer ist die Auslage nach unserem Besuch auch …

Nach dem Imbiss auf die Hand entscheiden wir uns für einen kleinen Umweg durch die Gassen (an den Schaufenstern einfach vorbeizulaufen, wäre schließlich schade!), die von Norden her zum Place d’Austerlitz führen. Ringsum reihen sich Cafés, Irish Pubs, Gin-Bars und Restaurants aneinander. In der Mitte des Platzes lohnt sich ein Halt am 3D-Stadtmodell: Das in Blindenschrift beschriftete Bronzemodell zeigt Straßburg im Miniaturformat. Uns dient es als kleine Orientierungshilfe, denn das mit den Richtungen ist doch nicht immer so ganz einfach …

13.40 Uhr

Natürlich darf bei einem Besuch in Straßburg die Kathedrale nicht fehlen. Vom Place d’Austerlitz aus führt der Weg über den Pont du Corbeau in den inneren Stadtkern. Wer noch Platz in den Taschen hat, sollte direkt an der Brücke in die Nouvelle Douane abstechen, einen Bauern- und Weinmarkt unter dem Dach des alten Zollhauses. Durch die Rue des Serruriers – hier gibt’s Früchtebrot und Käse zu probieren! – geht es zur Grand Rue, die von Cafés und kleinen Geschäften wimmelt. Ein Abstecher führt uns ins Café Les Savons d’Hélène in der Rue du Savon. Auf der Karte stehen Kuchen und kleine Gerichte. Wir lassen uns einen Kaffee im bollig warmen Wintergarten schmecken. Im Sommer wird der zur Terrasse und jeden Dienstagabend steht hier Musikern die Bühne offen.

Von hier aus erreicht man schließlich mit wenigen Schritten den bei Touristen beliebtesten Stadtteil, die Petite France. Von der Barrage Vauban aus, einem Teil der alten Stadtmauer, haben wir den besten Blick über das ehemalige Gerber- und Fischerviertel und den Fluss. Herrlich!

17.50 Uhr

Langsam lockt uns das Hotel – alles wunderschön hier, aber uns tun die Füße weh! (Allen, die lieber Rad fahren, sei an dieser Stelle das Leihradsystem Vélhop empfohlen.) Wir laufen am äußeren Flussufer entlang, bis zum frisch gestalteten Quai des Bateliers. Für ihre Geduld mit monatelanger Baustelle wurden die Straßburger hier mit einer wunderschönen Flaniermeile belohnt, rechts mittelalterliche Fachwerkhäuser, links Prachtbauten der Jahrhundertwende. Hinter dem Palais Rohan geht es über das Fußgängerbrückchen Passerelle de l’Abreuvoir Richtung Rue des Frères und Rue des Juifs – zwei parallellaufende Gassen, die seit Kurzem Fußgängerzone sind und durch die es sich prächtig bummeln lässt. Hinter den Häusern tut sich hier einer der schönsten Plätze Straßburgs auf: der Place du Marché Gayot.

20.15 Uhr

Zum Essen ist es heute nicht weit: Um die Ecke des Hotels, am Boulevard Clemenceau, liegt das von Straßburgern hochgelobte, von Touristen wenig beachtete Restaurant Les Sales Gosses. „Die schmutzigen Kinder“ wechseln alle sechs Wochen Karte und Motto. Heute: La Réunion. Thunfisch-Tatar. Kabeljaurücken mit Kokos und Kürbisbällchen. Mango-Yuzu-Kreation mit weißer Schokolade. Einfach: lecker!

Wirklich genug haben wir noch nicht und machen uns nach dem Schlemmen noch mal auf den Weg in die Stadt. Im Restaurant Aedean Place soll eine Bar versteckt sein (wirklich zufällig ausgerechnet in der Rue des aveugles, der Straße der Blinden?). Sagen will uns niemand, wo im Innern der Bareingang ist. Also suchen wir. Und finden ihn. Es sei nur so viel gesagt: Habt keine Scheu, bis in die hinterste Ecke des Restaurants zu suchen. Der peinliche Moment wird belohnt mit rotem Teppich und ausgefeilten Cocktails in edlem 20er-Jahre-Ambiente!

Sonntag, 9.40 Uhr

Unseren letzten Tag nutzen wir für Natur, Politik und Kultur, was sich in dieser Stadt leicht vereinen lässt. Wir starten ins Europaviertel. Durch den Parc du Contades führt der Weg am Fluss entlang, am Fernsehsender Arte vorbei zum Europaparlament und dem gegenüberliegenden Europarat (Achtung, hierbei handelt es sich nicht um den Rat der EU!). Wie viele Stunden wohl die Fensterputzer brauchen, um die enorme Glasfassade des Parlaments zu reinigen …? Spätestens in der vor den Institutions européennes liegenden Orangerie wird ersichtlich, welchen Wert die Stadt darauf legt, ihr Image als Europastadt zu pflegen. Im Viertel verteilt sind zahlreiche Villen der Ländervertretungen, die Straßen von Platanen gesäumt.

Südöstlich des Europarats tut sich der Parc de l’Orangerie auf – die von den Straßburgern meistgeliebten 26 Hektar Grün mit Wiesen, Spielplatz, See (mit Bootsverleih) und Wald. Im Sommer gibt’s italienisches Eis bei Chez Franchi, im Herbst heiße Maronen an mobilen Buden. Wer hätte gedacht, dass sich inmitten des Großstadttrubels eine solche Oase auftut!

12.20 Uhr

Am liebsten würden wir sitzen bleiben und uns die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Aber wir haben noch was vor. Zuallererst: den Hunger stillen. Also wieder ins Zentrum. Im Bistro L’Épicerie in der Rue du Vieux Seigle gibt es Tartines für jeden Geschmack: Brotscheiben, üppig belegt mit Warmem oder Kaltem. Auch der hausgemachte Kuchen schmeckt hervorragend! Und am urigen Ambiente des mit 50er-Jahre-Utensilien dekorierten Innenraums kann man sich kaum sattsehen.

Kulturluft atmen wir schließlich im Musée d’art moderne et contemporain, dem größten der zehn städtischen Museen. Für seine zeitgenössischen Kunstausstellungen ist es über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Der Besuch macht doppelt Spaß, hat doch der Architekt eine lichtdurchflutete, in ihren Dimensionen kathedralenartige Wandelhalle konzipiert.

 

16.15 Uhr

Zeit, nach Hause zu gehen. Von der Dachterrasse des Museums aus blicken wir noch einmal über diese detailreiche, l(i)ebenswerte Stadt. Hat nun ein Wochenende gereicht? Zumindest, um sicher zu sein: Wir kommen wieder. Salut, Strasbourg, et à bientôt!

Restaurants

La Hache (Rue de la Douane), französische Küche in modernem Ambiente

La Fignette (Rue de la Vignette), elsässische Küche, Flammkuchen, sympathischer Mix aus traditionell und modern

L’Hédoniste (Rue Schimper), französische Küche in familiärer Atmosphäre

Küche aus aller Welt gibt es in der Krutenau.

Bars

Supertonic (Place d’Austerlitz), Riesenauswahl an Gin und Tonic aus aller Welt in etwas schriller Atmosphäre

La Kulture (Rue des Bateliers), hippe Elektro-Bar mit Tanzfläche

Code Bar (Rue du Vieil-Hôpital), stylische Cocktailbar hinterm Münster

Vor allem an warmen Abenden schön: der Place Saint-Nicolas aux Ondes mit Bars, Kneipen und Pétanque-Platz

Cafés

What the Cake? (Rue du Fossés-des-Tanneurs), süßes Café mit Wohnzimmeratmosphäre und superleckerer Kuchenauswahl

Les Bretelles (Rue du Bain-aux-Plantes), total verstecktes Bistro mitten in der Petite France mit Kuchen und kleinen Gerichten

Café Bâle (Place d’Austerlitz), großer, gemütlicher Raum mit großer Karte, auch Restaurant und Bar

 

#heimat Schwarzwald Ausgabe 14 (1/2019)

Wir stellen fest: Es gibt tatsächlich Schamanen im Schwarzwald. Außerdem sind wir auf Trüffeljagd und ein Wochenende in Straßburg. Natürlich wird auch wieder geschlemmt: Wir präsentieren Euch Badens beste Knödel und leckere Ideen für die Mittagspause. 

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

Versandfertig in 1 - 3 Werktagen.  

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

Menschen

Brauer von Welt

Waldhaus oder Rothaus? Im Schwarzwald eine Grundsatzfrage. Dem Waldhaus-Chef aber ist nur wichtig, dass sein Bier schmeckt. Der Erfolg gibt ihm recht
Menschen

Der Schwarzwald-Schamane

Man muss nicht gleich nach Peru, um sich dem Schamanismus hinzugeben. Auch auf dem Löcherberg geht das: wenn man Konrad Stiefvater an seiner Seite hat
Reportagen

Unter der Erde: Der Schatz im Schwarzwald

Im Rankachtal in Oberwolfach ist der Schwarzwald auch unterirdisch schön: In der Tiefe liegen Erze, die weltweit wichtig sind. Wir sind mal runter
Schwarzwald

Auf Zieselsafari im Schwarzwald

Mit einem raupenangetriebenen E-Fahrzeug offroad durch den Wald düsen? Für uns genau das Richtige...
... Schwarzwald Die besten Tipps für ein Wochenende in Straßburg