Badischer Cider vom Herrn der Äpfel

Der Durbacher Matthias Wörner geht neue Wege, um als Landwirt und Winzer zu leben. Äpfel spielen dabei eine besondere Rolle 

Text: Ulf Tietge Fotos: Jan Reiff

Bis vor ein paar Jahren waren die Wörners noch eine ganz normale Durbacher Familie. Sieben Hektar Wald, fünf Hektar Reben, ein paar Kirschbäume und ein ordentliches Auskommen. Die Trauben hat man im Herbst bei der WG abgeliefert und wenn es Matthias nicht gäbe, würde der Hof eines Tages vielleicht nur noch eine Nebenrolle im Leben der Wörners spielen. Man könnte Ferienwohnungen anbieten oder auch gucken, ob man aus der Obstwiese Bauland macht. Kann man alles machen, tut nicht weh – aber dann wären wir natürlich heute auch nicht hier. Wir sind hier, weil uns da was über einen badischen Cider zu Ohren gekommen ist. Aber fangen wir vorne an …

Denn tatsächlich ist Matthias nach seiner Winzerausbildung zurück auf den elterlichen Hof gezogen – und hat einmal alles umgekrempelt. 26 war er damals, drei Jahre ist das jetzt her. Die Presse ist inzwischen restauriert, neue Fässer und Schläuche wurden angeschafft und auf einmal sind die Wörners ein richtiges Weingut. Vom Riesling schwärmen sie in Durbach, der trockene Stil kommt auch in der gehobenen Gastronomie super an und für Matthias führt nun der Weg in die Zukunft geradewegs in den Wald hinterm Haus. Denn der Weinkeller braucht ein neues Dach und was liegt da näher, als mit der Säge unterm Arm in den familieneigenen Wald zu stiefeln und 30 Stämme zu holen? „Mir macht sowas wahnsinnig Spaß“, sagt Matthias und grinst übers ganze Gesicht. 

Artenschutz mit Apfelwein

Weniger Freude machen ihm dagegen die Kirschen. Denen darf er auch noch mit der Säge zu Leibe rücken, denn bis auf eine müssen alle raus. „Ohne Pflanzenschutzmittel kann man Kirschen nicht produzieren“, erklärt uns Matthias. „Daher kommen die alle weg und machen Platz für widerstandsfähige, alte Obstsorten.“

Matthias würde auch gern zwei, drei Galloways oder Vorderwälder auf seinen Wiesen halten, um in extensiver Weidehaltung Fleisch im Durbachtal zu erzeugen. Und im Heidenknie gehört der Familie noch ein kleiner alter Steinbruch, den könnte man doch auch wieder in Betrieb nehmen! Den Weinkeller mit Natursteinen auskleiden, das hätte was. Und gibt es im Wald nicht auch noch eigene Quellen, die man fassen könnte? 

„Ich fänd’ es schön, wenn der Hof wieder autark wäre“, sagt Matthias und öffnet uns die Türen zu seinem kleinen Labor. Wobei: Schuppen trifft es vielleicht eher. Ein Keller ist es auf jeden Fall nicht, der gehört unter die Erde, aber ganz egal wie das Häuschen jetzt heißt: Hier also entsteht er, der badische Cider, den uns Matthias heute vorstellen will. 

2017 hat er den ersten Apfelschaumwein gemacht. Spontan vergoren und mit eigenem Mostobst. Alte Apfelsorten, Birnen – insgesamt wohl an die 20 Sorten. 2000 Liter waren es am Ende, genug für 6000 kleine Flaschen. Immer dabei: Matthias’ Papa Heinrich Felix Wörner, der genauso heimatverbunden ist wie sein Sohn. Warum dann nicht nach alter Tradition Apfelmost machen? 

„Ich mag die Kohlensäure im Cider und ich weiß, wie viel schlechten Most die Menschen früher trinken mussten. Das kriegst du aus den Köpfen nicht raus“, sagt Matthias, der den Apfelsekt erst in Südafrika kennen- und als Cidre in der Normandie dann lieben gelernt hat. „Cider ist eine tolle Bieralternative, schmeckt fast jedem und lässt sich easy aus der Flasche trinken.“

Ein halbes Jahr auf der Vollhefe

Matthias behandelt sein Mostobst im Grunde genau wie seine Reben. Ein halbes Jahr bleibt der Most auf der Vollhefe. Alkoholische Gärung, biologischer Säureabbau: alles wie beim Wein. „Es ist ganz wichtig, dass man reduktiv bleibt“, sagt Matthias. „Oxidation ist genau das, was Most früher so räudig schmecken ließ. Daher: Bloß keinen Sauerstoff drankommen lassen!“ 

Seinen Cider für jeden Tag füllt Matthias in einfache Bierflaschen – und es ist dennoch großes Kino! Der Durbacher Cider ist durchgegoren, hat eine schöne Tannin-Struktur mit herben Noten und schmeckt eben nicht pappsüß. 

Matthias Wörners Badischer Cider ist gefällig, zugänglich, aber auch so komplex, dass man gern noch einen zweiten, dritten oder vierten Schluck nimmt – und auch dann verrät der Apfelwein nicht einfach alles. Klasse! Wir finden: ein tolles Getränk für einen Abend mit Freunden und ein absoluter Geheimtipp, wenn man neue Geschmackswelten erkunden will. Denn neben dem Cider für jeden Tag hat Matthias für den Privatgebrauch auch noch ein paar Spezial-Abfüllungen auf der Flasche. Fragt bei der nächsten Wein- oder Ciderprobe einfach mal nach …

Cider aus Baden

Matthias Wörner füllt seinen Cider aus alten Apfel- und Birnensorten ganz unprätentiös in 0,33er Bierflaschen mit Kronkorken. So lässt sich die Schwarzwälder Version des Lieblingsgetränks der Normannen und Bretonen auch unterwegs einfach genießen – denn man braucht nicht einmal ein Glas. Mehr Infos zu Matthias und seinem Cider: www.hofgut-woerner.de 

#heimat Schwarzwald Ausgabe 21 (4/2020)

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In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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