Edle Pilze aus dem Schwarzwald

Tuber aus der Ortenau? Oda und Hans-Georg Pfüller aus Kappel-Grafenhausen haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Und auch ihre Hunde sind wild auf die edlen Pilze…

Text: Jana Zahner · Fotos: Pascal Oertel

Emma erinnert an einen Kommissar aus einem Film Noir, der im Nieselregen einen Tatort begeht. Hochkonzentriert schnüffelt die Hündin sich ihren Weg über die Plantage. Wobei das Wort Plantage falsche Vorstellungen weckt: Wenn man nicht weiß, was sich unter Haselsträuchern, Gräsern und Moos verbirgt, kann man die 1,3 Hektar bei Kappel-Grafenhausen leicht für eine brachliegende Wiese halten. Mittendrin fängt Emma an zu graben. „Warte!“, kommandiert Frauchen Oda Pfüller. Mit der Hand löst die 58-Jährige vorsichtig einen Klumpen aus dem Matsch und freut sich mit Ehemann Hans-Georg über den Fund: Ein Burgundertrüffel, so groß wie eine Walnuss. Emma hatte mal wieder den richtigen Riecher. Tochter Alva sitzt derweil bellend im Landrover und kann es kaum erwarten, ebenfalls an die Arbeit zu gehen.

Die beiden Spürnasen sind die Gralshüter von Odas Passion Trüffel, einem Projekt ihrer Feinkostmanufaktur Gourmandiserie, denn ohne perfekt ausgebildete Hunde der italienischen Rasse Lagotto Romagnolo wäre die Suche nach den unterirdisch wachsenden Pilzen unmöglich. Die Trüffeljagd – eine Beschäftigung, die Natur, Hundesport und feines Essen besser in sich vereint, muss wohl erst noch erfunden werden. „Das Thema hat uns einfach nicht mehr losgelassen“, erinnert sich Oda an die Anfänge von Passion Trüffel. Seit einigen Jahren ernten die Chemie-Ingenieurin und ihr Ehemann, ein Förster, von April bis Februar Sommer- und Wintertrüffel von der eigenen Kultur.

Trüffel aus der Ortenau? Der Schwarzwald ist nicht gerade als Hotspot für Vertreter der Gattung Tuber bekannt. Sowieso ist Deutschland gewissermaßen Trüffel-Entwicklungsland. Vor hundert Jahren stand der heimische Pilz noch selbstverständlich auf dem Speiseplan, dann geriet er hierzulande in Vergessenheit. Heute ist die Bundesrepublik das einzige Land in Europa, in dem das Sammeln von wild wachsenden Trüffeln verboten ist. Wer Trüffel aus Deutschland essen will, muss sie beim Feinkosthändler kaufen – oder wie die Pfüllers selber anbauen.

„Auf dem eigenen Balkon klappt das aber nicht“, sagt Hans-Georg. Denn Trüffel sind anspruchsvoll. Für eine erfolgreiche Kultur braucht es einen lockeren, kalkhaltigen Boden, wie er in der Region etwa in der Vorgebirgszone entlang des Rheintals zu finden ist. Vor zehn Jahren kaufte das Paar nach langer Suche und intensiver Bodenanalyse ein Grundstück und pflanzte die ersten Haselnuss-, Hainbuchen- und Stieleichensetzlinge, von einer Baumschule mit Trüffelsporen geimpft. Und dann hieß es warten und hoffen. Trüffelkulturen wachsen in Symbiose mit ihren Bäumen und brauchen sechs bis acht Jahre zum ersten Ertrag. Mit leuchtenden Augen erinnern sich die Pfüllers an ihren ersten Fund: „Den Jauchzer hat man wahrscheinlich bis nach Basel gehört!“

Ein Feuerwerk der Aromen

Und diese Begeisterung packt einen selbst, wenn man Emma und Alva beim Herumstöbern auf der Plantage zusieht. Jeder Fund ist eine Überraschung – je nachdem, wie gut das Mikroklima das Wachstum der Trüffel begünstigt hat, fällt die Größe der reifen Knollen aus. Manchmal sind die Trüffel so klein, dass die Hunde ihren Fund beim Graben ungesehen ins Laub katapultieren. Dann treibt Oda die Hunde zur Weitersuche an. Denn auch die kleinen Exemplare sind begehrt: In der Sterneküche kombinieren Köche gerne die Aromen vieler kleiner Trüffel miteinander. „Jeder Trüffel hat sein eigenes Bouquet“, sagt Hans-Georg.

260 Gramm wog der bisher größte Trüffel, den Oda geerntet hat: „Der war so von Wurzeln umschlossen, dass ich ihn eine halbe Stunde lang ausgraben musste.“ In Italien, so schildert es die Expertin, schickt man die Hunde allein in den Wald und wartet dann ganz entspannt darauf, dass die Lagotto Romagnolos den Fund abliefern. Dann aber bleiben Löcher und beschädigte Wurzeln zurück. Bei den Pfüllers ist die Trüffelernte achtsame Teamarbeit. „Ich sehe Emma an, ob sie einen Trüffel wittert oder nur hinter einer Maus her ist“, sagt Oda.

Das Ehepaar gibt sein Wissen über Trüffelanbau und  -suche in Kursen weiter. Der Laie lässt sich in Sachen Tuber schnell übers Ohr hauen. Die Trüffelöle und Trüffelchips aus dem Supermarkt sind meistens nur mit künstlichen Aromen oder den minderwertigen asiatischen Trüffelarten Tuber indicum oder Tuber himalayense versetzt. Der Verband für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland hat sich dafür eingesetzt, dass Ware eindeutig gekennzeichnet in den Handel kommt: Asiatische Trüffel dürfen nicht mehr als Schwarze Trüffel bezeichnet werden, der Name ist dem Perigord-Trüffel vorbehalten. Wer Burgundertrüffel haben möchte, muss auf die Kennzeichnung Tuber aestivum achten.

Einfach roh verschlungen

Aber auch beim Stand der Pfüllers auf dem Freiburger Wochenmarkt tut manchmal Aufklärung not. „Einmal hat ein australischer Tourist seine gerade gekauften Trüffel vor meinen Augen roh aufgegessen“, erinnert sich Oda und lacht. „Und dann sagte er mir, er hätte sich den Geschmack aromatischer vorgestellt.“ Der Burgundertrüffel schmeckt am besten geraspelt oder gehobelt und braucht fetthaltige Begleiter wie Butter, Sahne oder einen feinen Weichkäse sowie Salz, um richtig am Gaumen zu wirken. Auch wichtig: Der Burgundertrüffel wird nicht gekocht, sondern in das warme Gericht untergehoben. Und wenn Oda frisch gehobelten Trüffel auf warmem Buttertoast reicht, dann ist ziemlich schnell klar, dass echter Tuber aestivum mit seinem nussigen Aroma so gar nichts mit dem ranzig riechenden Imitat aus dem Discounter zu tun hat...

Quo vadis, deutscher Trüffel? Die Pfüllers werben für eine Verbreitung der Pilzkulturen. Nicht nur im Sinne der Feinschmecker, sondern auch der Natur. Gerade für Landwirte könnte der Anbau ein Anreiz sein, zum Schutz der Artenvielfalt landwirtschaftliche Flächen mit Hecken und Baumreihen zu versehen. Hunde, die geistige und körperliche Auslastung gebrauchen könnten, hätte die Bundes-
republik ebenfalls zu bieten …

Emma und Alva wirken jedenfalls nach je einer halben Stunde rennen, schnuffeln und scharren sehr mit sich zufrieden. Eine gute Handvoll Trüffel ist die Ausbeute der Suche im Matsch. „Nach der Trüffelsuche ist man dreckig, aber glücklich“, sagt Hans-Georg. Und um ein paar Schätze reicher …

Hunger?

Unter: passion-trueffel.de geht es zur Webseite von Oda Pfüllers Trüffelladen in Kappel-Grafenhausen. Geöffnet nach Vereinbarung. Telefon: 0 7822/ 440 18 08

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