Weniger Hitze heißt mehr Kraft
An beiden Enden habe ich das Eisen umgeschlagen und die Kanten platt gehämmert. Ich habe das heiße Eisen auf den Amboss gelegt und wieder gerade gehauen. Das noch unfertige Hufeisen glimmt orange, wird dann blutrot. Wenn ich schlage, fallen grau-schwarze Placken ab und so langsam wird es kalt.
Um sich ordentlich zu verbrennen reicht es immer noch, aber das Schmieden wird zäh. „Jetzt bist du ein Kaltschmitt“, lacht Sepp. Ans „kalte“ Schmieden kann ich mich noch gut erinnern. Wenn mein Vater in Fahrt war, dann glich er die nachlassende Hitze des Eisens mit der eigenen Kraft aus und schlug das Eisen auch so in die gewünschte Form. Übrigens haben mein Vater und der Sepp eine Gemeinsamkeit: sehr dünne Oberarme. Aber ich bin mir sicher, dass sie in ihren Glanzzeiten jeden Muskelprotz platt gemacht hätten, ohne Hammer.
Schon das kleine Hufeisen zeigt mir, dass Kraft nicht alles im Leben ist! Was macht man zuerst? Die Enden umschlagen oder das gerade Teil rundformen? „Im Kopf entsteht die ganze Geschichte“, erklärt Sepp zwischen zwei Schlägen. „Man muss es sich vorstellen können.“ Andere Werkstücke, wie die Stierköpfe, sind noch komplizierter. Natürlich werden sie aus einem Stück Eisen gemacht, die Hörner werden abgespalten, Augen und Mund werden eingeschlagen, es wird gebogen, gehämmert, aufgespalten. „Was will ich machen? Wie will ich es machen?“ Sepp spricht von „sich vorstellen“ und „ausführen“. Aber geht das so schnell?
Erst nachdenken, dann schlagen
Wir nehmen ein Probestück, das ich spitz ausschmieden soll. Wie gelernt fixiere ich das Eisen mit der Zange und setze den ersten Schlag. Während der Hammer oben ist, drehe ich das Eisen mit der Zange, schlage zu, hebe wieder den Hammer, drehe das Eisen, schlage zu, drehe, schlage und so weiter und so fort. Es klappt, nein, es klappt nicht. Ich komme aus dem Rhythmus. Wieder erhitze ich das Eisen und siehe da: Die zweite Runde läuft besser. Jetzt ist Zeit für die letzten Arbeiten am Hufeisen. Wir schlagen mit einer Art Meißel eine Verzierung ein. Spätestens jetzt sieht man dem guten Stück an, dass es ein Anfänger war. Fehlt nur noch der Prägestempel, der auch zackig eingehämmert wird. Meine Schlagkraft vergrößert sich, aber ich spüre immer noch Hemmungen, „fest druff“ zu schlagen. Fliegt mir dann der Hammer aus der Hand? Sollte ich nicht lieber einen Helm tragen? Oder noch besser die anderen? Komprimierte Schläge müsse man setzen, sagt Sepp. Mit der Messingbürste schrubbe ich das gute Stück sauber, dabei geht etwas vom Messing auf das Eisen über. Dank dieser chemischen Reaktion bekommt das Hufeisen einen schönen Glanz.
Schmieden, bis die Funken fliegen
Dann erlauben wir uns noch einen Spaß und lassen ein Flacheisen verbrennen. Wir bringen das Eisen zur Weißglut und warten auf die Funken. Ich nehme es heraus und versuche es mit komprimierten Schlägen à la Sepp. Eins, zwei, drei. (Der erste Schlag geht daneben, aber ein Amboss
ist bekanntlich stabil.) Doch es geht noch besser. Sepp zeigt mir, wo der Hammer hängt. Seine Schläge sind schneller, stärker, kompakter. Die Funken fliegen, der Funke fliegt über und das nächste Hufeisen wird besser. Danke, Sepp!