Onkel Stephans Hütte

Wo sind sie denn bloß, die von Kinderhänden gezimmerten Holzhütten im Wald? Früher gab es die doch überall, meint unser Kolumnist, heute aber findet er beim Wandern kaum noch welche. Dabei lernt man beim Hüttenbau – trotz vieler Schmerzen und Qualen – doch so manche wichtige Lektion fürs Leben…

Text: Stephan Fuhrer

Ich bin auf der Suche. Nach Hütten im Wald. Nein, nicht nach diesen stylischen Blockdingern von Profis, die fünf Jahre lang in Kanada Praxis gesammelt und ihr Wissen dann nach Hause in den Schwarzwald getragen haben. Es geht um – architektonisch betrachtet – eher grenzwertig gelungene, nicht selten krumme und schiefe Gebilde, die aber liebevoll von Kinderhänden zusammengenagelt wurden. Oder mit Wolle und Tesafilm, wie es meine Cousine mal versucht hatte. Aber das ist eine andere Geschichte …

Was mich traurig macht? Früher waren sie überall. Nur heute finde ich kaum noch welche in unseren Wäldern. Dabei lauf’ ich ja schon immer wieder querfeldein, um sie zu suchen, diese kindlichen Meisterwerke, die zu meiner Zeit Förster und Waldbesitzer regelmäßig zur Weißglut getrieben haben. Denn: Hatten sie eine gerade aufwendig entfernt – die Hütte durfte ja nicht da sein –, war die nächste schon wieder da. Ein Katz- und Mausspiel war das, gelebter Widerstand. Wie heißt es so schön? Revolution ist keine hölzerne Barrikade, Revolution ist ein Geisteszustand. Für uns Kinder war das eine Schule fürs Leben. 

Und das in vielerlei Hinsicht. Schließlich lernte man beim Bau so wichtige Dinge wie, dass man eben besser nicht derjenige ist, der den Nagel hält, sondern der mit dem Hammer. Oder dass man beim gemeinsamen Sägen nicht einfach loslässt, wenn der andere noch zieht. Könnte weh tun. Wenn ich mir meine Narbe an der Hand so ansehe, kann ich mich auch noch ziemlich genau erinnern, wie sehr. Schmerzhaft waren auch diese Fußmärsche, wenn man oftmals völlig sinnlose, irgendwo gefundene Materialien den steilen Hang hinaufschleppte. Metallstangen, Tomatengitter, sowas. Alles, was dann irgendwie rumlag und vor sich hin rostete. Genau wie Papas Hammer, den er wohl heute noch sucht. Sorry, Paps …

Trotz aller Schmerzen und Qualen: Unsere Hütten haben den Lauf der Zeit in den allermeisten Fällen nicht überlebt. Aber dafür die Freundschaften, die beim Bauen entstanden sind. Wenn man einem Kumpel aus Versehen mal den halben Finger abgesäbelt hat, steht man halt auch irgendwie in dessen Schuld … 

Insofern, traut euch doch wieder, ihr lieben Kinderlein! Legt den Dual-Sense-Controller und das Handy zur Seite, schnappt euch Papas Hammer, die Säge ohne Kabel, ein paar Nägel und dann ab in den Wald! Spätestens in 30 Jahren werdet ihr darüber genau so glücklich sein, wie ich es jetzt bin nach so viel wohliger Nostalgie …

#heimat Schwarzwald Ausgabe 36 (1/2023)

Seid ihr auch schon im Fasnachtsfieber? Wir freuen uns wie Bolle, dass dieses Jahr endlich wieder richtig gefeiert werden kann – und haben uns deshalb für die neue Ausgabe der #heimat schon mal in Schale geworfen. Wie es dabei zuging, seht ihr hier! Und wie ihr bei unserer großen Fasnachtsaktion „Narr der Woche“ mitmachen könnt, erfahrt ihr ab Donnerstag – dann gibt’s die neue #heimat überall am Kiosk. Narri narro!

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