Mountainbiken im Schwarzwald

Der Schwarzwald ist längst zum Mountainbike-Mekka geworden. Hier gibt es Touren in allen Schwierigkeitsgraden – kombiniert mit tollen Aussichtspunkten

Text: Ulrich Kammerer

Christian Zapf und Alex Rauer waren erst kürzlich am Lothardenkmal oberhalb von Gengenbach – und haben runtergeguckt. Zwanzigmal, um genau zu sein. An einem einzigen Tag! Die beiden Kumpels sind wieder und wieder mit ihren Mountainbikes hoch- und runtergedüst. In 19 Stunden und 17 Minuten haben die beiden Outdoor-Freaks dabei fast 9000 Höhenmeter am Stück überwunden – auf 230 Kilometern mit einer durchschnittlichen Steigung von zehn Prozent. Bleibt die Frage: Warum nur macht man so was? Am Lothardenkmal – einem Ort, an dem an den gleichnamigen Sturm und seine Schäden erinnert wird – ist die Aussicht zwar fantastisch. Aber man könnte ja auch einfach einmal hochfahren und dann oben bleiben …

Wie einmal auf den Everest …

„9000 Meter – das ist höher als der Mount Everest, mit 8848 Meter der höchste Berg der Erde“, startet Christian seinen Erklärungsversuch. „Und weil wir das gepackt haben, sind wir jetzt in der Everesting Hall of Fame“, ergänzt Alex und grinst. Diese Challenge haben sich ein paar Australier ausgedacht. Jeder, der möchte, kann mitmachen. Christian und Alex haben es getan und mit der irren Aktion an die 5000 Euro an Spenden eingesammelt. Das Geld kommt nun dem Förderverein für krebskranke Kinder in Freiburg zugute. 

„Ich habe schon viele Wettkämpfe gehabt, aber das war mit Abstand das beste Erlebnis “, sagt Christian, als wir ein paar Tage später zu dritt auf der Gengenbacher Rathaustreppe sitzen. Shorts, sommerliche Abendtemperaturen, mediterranes Flair – und von oben grüßt ’s Bergle. Am liebsten würde ich mir jetzt auch mein Bike schnappen und mit den Jungs zum Lothardenkmal fahren. In gut einer Dreiviertelstunde wären wir dann auf der Moos, dem Gengenbacher Hausberg, „einem Berg mit Charakter“, wie Christian betont. Der Blick ins Kinzigtal, auf Rhein, Brandenkopf und Kandel ist der Hammer! Aber bitte nur einmal die zwölf Kilometer hoch. Das würde mir als Tagwerk schon reichen …

Zwischen Alpe d’Huez und Jägerpfad

Doch wir sind gerade nicht hier, um selbst draufloszuradeln (das macht dann der Kollege Glanzmann in der Geschichte im Anschluss). Vielmehr wollen wir mit Alex und Christian darüber sprechen, was eigentlich das Besondere am Schwarzwald in Sachen Mountainbiking ist und ob sie als Profis ein paar gute Tipps für uns haben. Der Freizeitsport wird schließlich beliebter. Immer häufiger begegnet man im Wald den radelnden Kletterern und Abfahrern und immer mehr neue Strecken werden ausgeschildert und präpariert. Und dadurch, dass sich mehr und mehr auch das E-Mountainbike langsam durchsetzt, können auch immer mehr Freizeitsportler das ansonsten doch recht anstrengende Hobby ausüben. 

Für Alex wäre die elektrische Hilfe schon mal nichts. „Ich mache Sport, weil ich die Anstrengung liebe“, sagt er. Ob laufen, Rennrad oder Mountainbike fahren, klettern, Triathlon oder surfen: Alex sucht die sportliche Herausforderung, wann immer es geht. Sein Trainings-, Wettkampf-Partner und Buddy Christian ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Um von seinem ungesunden Lebensstil wegzukommen, begann er eines Tages zu laufen. Seitdem sucht er das sportliche Extrem. Sein nächstes Ziel: Alpe d’Huez – sicherlich einer der berühmtesten Anstiege der Tour de France. Die meiste Zeit sind sie aber natürlich zu Hause unterwegs.

„Der Schwarzwald ist ganz allgemein einfach eine tolle Fahrradregion“, sagt Alex, der die Wälder rund um Gengenbach schon als Kind auf eigene Faust mit dem Mountainbike erkundete. Die Gegend kennt er wie seine Westentasche. „Du hast einfach eine wahnsinnige Vielfalt an Strecken hier.“ Auf der Türme-Tour warten etwa fantastische Aussichten, auf dem Jägerpfad in Berghaupten kann man eine herrliche Abendrunde drehen, auf dem Westweg abwechslungsreiche Tagestouren machen und dabei sogar übernachten. Alles ist top beschildert und picobello in Schuss. „Wenn ich mal abschalten oder was Neues entdecken will, schnappe ich mir deshalb meist mein Bike“, meint Alex. 

Kumpel Christian geht es ähnlich. „Im Schwarzwald kein Mountainbike zu besitzen, ist wie am Bodensee kein Boot zu fahren“, sagt er. „Woanders ist alles viel ruppiger. Bei uns gibt es auch sehr anspruchsvolle Strecken, die meisten sind aber sehr moderat und angenehm zu fahren.“ Das habe den Vorteil, dass man sich nicht allzu viele Gedanken übers passende Equipment machen müsse. „Du brauchst einfach nur ein ordentliches Mountainbike, und schon kannst du ohne großen Aufwand eine richtig geile Zeit haben.“

Früher war’s eine Qual

Das war bei uns allerdings nicht immer so. „Noch vor 20 Jahren warst du von der ganzen Bremserei und den vielen Schlägen selbst als fitter Mensch nach 500 Höhenmetern fix und fertig“, erinnert sich Sascha Hotz, der für die Schwarzwald Tourismus GmbH zusammen mit den Gemeinden der Region daran arbeitet, den Rad-Tourismus im Schwarzwald weiter voranzubringen. „Das war nur für die absoluten Cracks interessant.“ Dann wurde die Federgabel erfunden und die Bremsen verbessert. „Jetzt bremse ich mit einem Finger und bin selbst auf der größten Buckelpiste immer weich gefedert. Viele Strecken, die mir früher alles abverlangten, fahre ich heute mühelos runter“, sagt Sascha Hotz, der sich selbstverständlich auch gerne selbst auf den Sattel setzt.

Seinerzeit war der Schwarzwald trotzdem eine der ersten Regionen mit Ausschilderungen für Mountainbiker überhaupt, mit den Jahren kamen die ersten Trails dazu. Inzwischen stehen mehr als 8500 Kilometer Mountainbike-Wege zur Verfügung. Und das Angebot wird immer breiter, genauso wie die aktive Rennszene: Ob Black Forest Ultra Bike Marathon in Kirchzarten, Schwarzwälder MTB Cup für den Nachwuchs oder E-Mountainbike-Panorama-Tour mit kulinarischem Abschluss – der Schwarzwald biete passende Angebote für jedermann, sagt Sascha. 

„Bei uns startest du in den Weinbergen mit fast mediterraner Anmutung und bist in nur zwei Stunden auf bis zu 1000 Höhenmetern in richtig rauer Natur.“ Von St. Georgen aus brauche man etwa nur eine Stunde auf den Schauinsland, wo die Buchen krumm wachsen, weil der Wind dort oben so stark bläst. Mittlerweile hat die STG sogar eine Tourenplaner-App entwickelt.

Ein bisschen wie Yoga

Vor allem das E-Mountainbike boomt derzeit. Schon 2019 wurden in Deutschland 1,36 Millionen dieser mit Akku unterstützten Räder verkauft, 39 Prozent mehr als im Vorjahr. 2020 läuft es noch besser, berichten Händler aus der Region. Das hat seine guten Gründe. „Wir waren zwei Monate eingesperrt“, sagt Manuel Kaletta. „Danach wollten dann plötzlich alle raus und haben uns die Bude eingerannt“, erzählt der ehemalige Deutsche Meister und Mannschaftsweltmeister im Mountainbike Trial, der mit seinem Fachgeschäft Bike-Sky in Berghaupten auch Alex Rauer und Christian Zapf bei ihrer Challenge tatkräftig unterstützte. Keine Frage: Auch der Enddreißiger ist in Sachen Mountainbiking ein absoluter Schwarzwald-Fan. „Man kann es bei uns richtig krachen lassen“, sagt Manuel. Und das gerade auch, weil es bei uns von einfach bis schwierig alles in nächster Nähe gibt. Den Berg hoch gehe es allerdings ja in den allermeisten Fällen. „Man darf ja nicht vergessen: 90 Prozent der Biker sind keine fahrtechnischen Superheros, sondern normale Hobbyfahrer, die einfach eine gute Zeit haben wollen.“ Mit E-Mountainbikes spare man viel Kraft und könne die Natur noch besser genießen, sagt der Profi und ergänzt: „Wenn man in den richtigen Flow kommt, fühlt es sich fast schon ein bisschen an wie Yoga.“

Wie nach einer Yoga-Stunde haben sich Alex und Christian nach ihrem 9000-Meter-Ritt in jedem Fall nicht gefühlt. „Ob sie’s denn noch mal so machen würden, wollen wir von den beiden Gengenbachern wissen? „Erst mal nicht“, sagen die beiden und grinsen. Man könnte meinen, den beiden kreiselt bereits die nächste verrückte Mountainbike-Idee im Kopf rum …

Hier lang!

Ob Panorama-Touren, Trails oder Touren mit Bademöglichkeit: Auf den Internetseiten der Schwarzwald Tourismus GmbH finden Mountainbiker nicht nur den Schwarzwald-Tourenplaner sowie Infos zur Schwarzwald-App, sondern auch eine Zusammenstellung der schönsten Wege ins Gipfelglück. Die Touren sind perfekt ausgeschildert und führen an den herrlichsten Aussichtspunkten vorbei.
www.rad-schwarzwald.info

#heimat Schwarzwald Ausgabe 22 (5/2020)

Der Schwarzwald ist ein Paradies für Mountainbiker. Für Anfänger und Profis hat es bei uns Strecken, bei denen einem nicht nur vor Anstrengung die Spucke wegbleibt! Und wenn Euch nach einer Tour dann der Hunger plagt: Dann hätten wir leckere Apfelgerichte für Euch. 

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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